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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Schultze-Naumburg, Paul: Über Technik der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0223

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-b-^> ÜBER TECHNIK DER MALEREI -C^fc^

da Vinci, einen knienden hl. Hieronymus, wesen wäre. Auch von Rubens und van Dyck
welche den zeichnerischen Teil des Bildes besitzen wir (nicht zu verwechseln mit ihren
in so vollkommener Weise löst, dass man Grisaillen, die als Vorlagen für Kupferstich
fast vor der einfarbigen Reproduktion eines gedient haben) Untermalungen, von denen
herrlichen Bildes zu stehen glaubt. Ein eine in der Berliner Galerie (eine Reiter-
anderes, sehr grosses, aber stückweise schon schlacht in kleinem Format) eben im Stadium
genau so in der Untermalung durchgebildetes des Tönens liegen geblieben ist. Es ist nicht
Bild, eine Anbetung, findet man in den Uffi- anzunehmen, dass so bedeutende Maler wie
zien. Auch die Weisen aus dem Morgenlande die angeführten (denen sich, wenn es hier
von Botticelli in den Uffizien scheinen stück- aufs Aufzählen ankäme, ohne Mühe noch
weise noch eine formal durchgebildete Unter- viele hinzufügen Hessen) sich dauernd all
malung zu sein, auf die zum Teil schon die dieser Mühen umsonst unterzogen haben
Farben aufgetragen worden sind. In der werden. Gar ein so eminenter Kopf, wie
Galerie Doria in Rom hängt ein angefangener Lionardo, dessen Studien über das rationellste
Correggio, auf dem offenbar auf einer sorg- Malverfahren überall von dem streng logischen
fältigen braunen Untertuschung eine genau so Kopfe zeugen, wird genau die Gründe gekannt
sorgfältigegraue Untermalung liegt, die anschei- haben, die ihn gerade zu dem Verfahren ver-
nend an einigen Stellen hat gefärbt werden anlasst haben, und er war nicht der Mann
sollen. Im Holbein-Kabinett der Dresdener dazu, der gedankenlos einer unsinnigen Tra-
Galerie ist ein Dürer, der ganz ersichtlich dition gefolgt wäre. So falsch es nun auch
auch erst eine farblose Untermalung mit wäre, ein sklavisches Festhalten an einer
matten Temperafarben ist. Hände, Falten dieser als erprobt bewährten Malweisen für
u. s. w. sind mit solch entzückender zeichne- uns alle zu verlangen, wie es leider der in
rischer Delikatesse durchgeführt, dass diese vielem so verdienstvolle Farbenrationalist, der
Seite der Arbeit gethan zu sein scheint und Maler Heinrich Ludwig thut, und so ganz die
nur das Umwandeln in Farben notwendig ge- Vorteile eines Ausbauens, Erweiterns, ja eines

direkten Abweichens zu verkennen,
so falsch ist es, all den Schatz von
Kenntnissen, Erfahrungen und Re-
zepten, den die Kunst der Alten
für uns in sich birgt, einfach über
Bord zu werfen und, wie es viel-
fach geschieht, mit der Vorurteils-
losigkeit, aber auch derVerstand-
losigkeit-eines Kindes einfach drauf
los zu malen, um sich dann erst
im besten Falle in langer Praxis
das abzuleiten, was man leicht vor-
her hätte lernen können.

Die Technik der Modernen ist
sehr mannigfaltig, und ich sprach
schon im Anfang davon, wie un-
möglich es ist, eine Norm aufzu-
stellen. Doch lassen sich gewisse
technische Erfahrungen mitteilen,
die das Gebiet zwar gewiss nicht
erschöpfen, aber doch das wich-
tigste behandeln.

Seit den sechziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts hat man
angefangen, sich intensiv mit
einem rationellen Malverfahren
abzugeben und die wissenschaft-
liche Basis eines solchen ist dank
diesen Bestrebungen nun auch
so weit festgelegt, dass derjenige,
der sich darum bemüht, wenig-
der Beniner Ruhmeshaiie stens vor den ärgsten Missgriffen

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