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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Geßler, Albert: Ferdinand Hodler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0391

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SELBSTBILDNIS DES
KÜNSTLERS (1891) « 9

FERDINAND HODLER

er mit Schweizerkünstlern über die
Malerei in ihrem Lande spricht, wird
von den meisten den Namen Hodler als den
des originellsten und unter den Jüngeren be-
deutendsten Malers nennen hören. Auch
wo im Auslande schweizerische Kollektiv-
Ausstellungen erscheinen, erregt Hodler tief-
stes Interesse. München hat ihn darum 1897,
Paris in der Weltausstellung mit der grossen
goldenen Medaille geehrt.

Zunächst aber sind es nur die Künstler,
welche Hodler so hoch schätzen; das grosse
Publikum steht seinem Schaffen noch fern,
Ausnahmen allerdings abgerechnet. Auch
Museen beginnen sich ihm aufzuthun.

Das genügt ihm wohl: die volle Aufmerk-
samkeit und Anerkennung seitens bester Kunst-
genossen und die Teilnahme einiger fein-
fühligen andern ist mehr als Trost für die
Verständnislosigkeit gewisser Offiziösen und
das Ausbleiben populären Beifalls. Ferdinand
Hodler steht da als ein Eigener und Ganzer,
und er wartet ruhig, bis seine Zeit kommt;
Konzessionen an den Tagesgeschmack des
Haufens macht er nicht.

Hodlers Entwicklungsgang ist ein ebenso
einfacher wie eigenartiger gewesen, sozusagen
rein innerlich; Hodler ist mehr „geworden"
als geschult. Er ist Deutschschweizer, ge-
boren 1853 in Gurzelen im Kanton Bern aus
sehr einfachen Verhältnissen heraus. Er hat
dann in Genf den Unterricht Barthelemy

(Nachdruck verboten)

Menns genossen, eines Mannes, dem mehrere
echte Künstler ihre Erziehung verdanken, weil
er es verstand, in den ihm anvertrauten
Talenten die Individualität zu wecken und
sie unabhängig herauszugestalten. Der gross-
artige Landschafter Baud-Bovy und der ge-
schickte und vielseitige Eugen Burnand sind
von Menn zur Kunst geleitet worden; auch
Hodler hat sich unter ihm zur freien Persön-
lichkeit entwickelt. Er war dabei gleich von
Anfang an ein ganz Einsamer und Unab-
hängiger. Seine ersten Bilder „Der Schüler"
(1874) und das „Turnerbankett" erregten da-
rum sofort Aufsehen und Diskussionen. Auch
„Das Gebet im Kanton Bern" (1881), „Der
Rasende" (Berner Museum) und „Der Krieger"
(1884) wurden noch viel umstritten; erst der
„Schwingerzug" hatte Erfolg (Mention hono-
rable in Paris 1887); 1888 folgte „Ein Lebens-
müder" und 1889 „Der Müller, sein Sohn und
der Esel" (heute im Musee Rath, Genf). Das
Ausland hat ihm nichts gegeben; er war ein-
mal in Spanien, aber das hat ihn nicht be-
einflusst. Er „entdeckte" dort Rubens, mit
dessen Art, die Natur zu sehen, er sich
verwandt fühlte. Seine herbe Natur hielt
nur bei sich selbst Einkehr, rang sich
selbst ihre Stilgesetze ab; an Stoffen fehlte
es nicht; es waren die nächstliegenden:
Natur und Menschenleib. Diese wollte er
bis ins Innerste erforschen; er suchte und
suchte, verwarf und suchte wieder, bis er für

Die Kunst fnr Alle XVI. 16. 15. Mai 1901.

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