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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Ostini, Fritz von: Hans Thoma zum Thema "Kunst und Staat"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0573

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-s-SÖ> HANS THOMA ZUM THEMA „KUNST UND STAAT"

nicht irre machen lassen. Er weiss, dass
auch sie im Grunde nicht viel wert, dass
diese neue Meinung auch nur das Echo der
Stimmen einzelner Verständiger ist. „Ver-
stand ist stets bei wenigen nur gewesen" —
in Kunstdingen gilt dies ganz besonders!
Das drückt auch der folgende Passus unüber-
trefflich gut aus — wie überhaupt Thoma
eine prächtig klare und eindringliche Art
zu schreiben hat:

„Die Erfahrung habe ich gemacht, dass Ver-
einigungen, seien sie staatlicher oder privater
Art, mich nie gefördert oder beachtet haben,
aber es waren von Anfang an Persönlich-
keiten, die mir halfen und mich stützten;
denn das Persönlichste, was es giebt, die
echte Kunst, kann nur von Persönlichkeiten
gestützt und gefördert werden. — Persön-
lichkeit findet Persönlichkeit: dieser Glaube
ist mir geworden und bleibt mir und ich
spreche es aus, dass die Kunst von Ver-
einigungen, von sogenannter öffentlicher Mei-
nung, nie Gutes zu erwarten hat."

Die Kunstgeschichte, auch die unserer Tage,
giebt ihm recht. Die Besten unserer Zeit

sind mehr oder minder einsame künstlerische
Individualitäten gewesen und allen, die allzu
früh und allzu laut umjubelt wurden, ist
irgend eine Plattheit, irgend ein unvornehmer
Trick nachzuweisen, wodurch der süsse Pöbel
für sie gewonnen wurde. Das Urteil, das
Thoma bezüglich der Hilfe und Nützlichkeit
der Menge gewonnen hat, gilt natürlich mehr
oder minder auch für die staatlichen Organi-
sationen, die sich mit Kunst befassen; die
sind eben auch mindestens nichts Besseres
als „Vereinigungen mit edlen Programmen"
und, ihrer Natur nach schon, in allen Wir-
kungen durch den Bureaukratismus gehemmt.
Man weiss, wie wenig Fruchtbares direkt
aus unseren Akademien hervorgeht, wie wenig
ausreichend solche Anstalten auch nur die
handwerksmässige Grundlage für die Kunst
zu geben wissen, wie schliesslich eben nur
solche Schulen Erspriessliches leisten, deren
Programm auch die vollständige Emanzipation
vom herkömmlichen Schulbegriff ist! Alle
jene Erkenntnis über den wahren Wert jener
Elemente, mit denen der Künstler in seinem
Schaffen und materiellen Kampfe in Berüh-

■1

FERDINAND ERÜTT

(Münchener Glaspalast 1901: Künstlergenossenschafl)

IM CASINO
 
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