Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

DOI Artikel:
Lange, Konrad von: Die Freiheit der Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0208

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B Kunstbiblli.....ik
Staatliche Muiean
;u Bariln

DIE FREIHEIT DER KUNST
Von Professor Konrad Lange (Tübingen)
(Nachdruck verboten)
Dass der Kaiser in Sachen der bildenden nur den Bemühungen des Historiographen
Kunst einen ausgesprochenen persön- seines Hauses, Prof. Koser, sei es zu ver-
liehen Geschmack hat, war schon früher be- danken, dass er den Künstlern überhaupt
kannt. Dass er ein volles Recht auf Geltend- greifbare Aufgaben habe stellen können,
machung dieses Geschmackes hat — ebenso- Denn schliesslich hat ja auch Michelangelo
gut wie jeder Staatsbürger — ist nicht zu die Grabdenkmäler zweier Mediceer ge-
bestreiten. Dass es ganz von seinem Willen schaffen, von denen die Geschichte ausser
abhängt, welche Kunst er zur Berliner Hof- dieser erfreulichen Thatsache so gut wie nichts
kunst machen, von welchen Bildhauern er zu berichten weiss. Geschichte ist eben Ge-
die Denkmäler seiner Vorfahren ausführen schichte und Kunst ist Kunst. Und ebenso
lassen will, ist vollends ausser Zweifel. wie sich die Dynastie der Hohenzollern durch
Nur das wusste man bisher noch nicht, die Thaten des Grossen Kurfürsten, Friedrichs
dass der Kaiser diesen seinen persönlichen des Grossen und Wilhelms I. in der Geschichte
Geschmack für allgemeingültig hält und dass ein Denkmal gesetzt hat, das dauernder ist
er das, was er für schön hält, der deutschen als Marmor oder Erz, ebenso würde der Ruhm
Kunst auch über die Grenzen von Berlin und dieser Statuen, falls sie wirkliche Kunstwerke
Preussen hinaus als mustergültig vorschreiben wären, auch dann zu Recht bestehen, wenn
will. Erst die Ansprache, die er bei der Voll- keiner der Dargestellten eine Rolle in der
endung der Denkmäler der Siegesallee gehal- Weltgeschichte gespielt hätte. Dazu hätte
ten hat, und die nicht ohne seinen Willen in freilich ein grosser Künstler an diese Auf-
die Presse gekommen sein kann, hat weitere gäbe herantreten und bei ihrer Lösung voll-
Kreise darüber aufgeklärt. Und die Welt kommen freie Hand haben müssen,
steht jetzt vor der unbegreiflichen Thatsache, Leider ist das nicht der Fall gewesen,
dass ein Monarch, der im ganzen ein moderner Der Kaiser freilich versichert, dass er den
Mensch ist, und gerade das antike Ideal in Künstlern volle Freiheit gelassen habe, dass
der Jugendbildung möglichst zurückdrängen der Eindruck, den die Siegesallee auf die
möchte, die Kunst etwa auf dem Standpunkt Fremden mache, ein „ganz überwältigender"
festhalten will, den die Nachzügler des Klassi- sei, und dass sich überall ein „ungeheurer
zismus um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Respekt vor der deutschen Bildhauerei" be-
einnahmen. merkbar mache. Und wir können ihm das
Wir finden es ganz in der Ordnung, dass nach dem Masse seiner persönlichen Beobach-
der Kaiser, nachdem er die Statuen der Sieges- tungen gewiss aufs Wort glauben. Denn die
allee von denjenigen Bildhauern hat ausführen Fremden, mit denen er sich über diese Sta-
lassen, die er und sein Vertrauensmann Begas tuen zu unterhalten Gelegenheit hatte, d. h.
für die besten unter den jetzt lebenden halten, vermutlich seine fürstlichen Gäste und die
diesen Männern bei Gelegenheit eines ihnen ausländischen Gesandten am Berliner Hofe,
zu Ehren gegebenen Essens in liebenswürdiger werden sich sicherlich nicht ungünstig über
Weise dafür dankt, dass sie es fertig gebracht seine Lieblingsschöpfung ausgesprochen haben,
haben, in die gut ausgerichtete Front dieser Aber diese Urteile stellen nicht die Meinung
Kurfürsten und Könige etwas Abwechslung der Gesamtheit und auch nicht die der Sach-
zu bringen. Denn wenn es auch nur ein verständigen dar. Und woher soll der Kaiser
„Körnchen" eigenen Charakters war, das sie die Meinungen der anderen, der auswärtigen
dabei hinzuthun durften, entsprechend etwa Künstler, der Kunstgelehrten, des Volkes
dem „Rührt Euch" bei einer Front ausge- u. s. w. kennen?
richteter Soldaten, so war es doch gewiss Aber vielleicht kannte er sie doch oder
keine leichte Aufgabe, aus dieser modernen wusste wenigstens, dass die Siegesallee in der
Sphinxallee etwas einigermassen Erträgliches unabhängigen Presse ähnlich beurteilt wird,
zu machen. wie das Kaiser Wilhelm- und Bismarck-
Wirwollen auch nicht daran Anstoss nehmen, Denkmal, wie die Krönungsmedaillen und die
dass die meisten dieser Hohenzollern und ihrer Germania-Marken, und wollte durch sein
Räte dem Volke bisher völlig unbekannt waren, kaiserliches Wort die Künstler für die vielen
so dass der Kaiser mit Recht sagen konnte, Kränkungen, die man ihnen bereitet hatte,
Pir K.-n^i nir Alle XVII. 9. t. Fel.niar ivi \ 25

WS
 
Annotationen