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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Rosenhagen, Hans: Eugène Burnand
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0266

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-a-Ss£> EUGENE BURNAND <^s-^

sich die Vorstellung von einer Persönlichkeit
ohne weiteres; schwieriger ist es schon, eine
solche in Schöpfungen zu finden, deren Ur-
heber sein höchstes Ziel darin erblickt, die Natur
möglichst wahr zu sehen und darzustellen,
weil gar viele Künstler dieselbe Absicht haben.
Wer aber aus der grossen Masse der Wahr-
heitssucher die Aufmerksamkeit der Beschauer
in der Weise auf sich zu ziehen weiss, wie
es Burnand gethan — den wird man selbst
dann als Persönlichkeit ansprechen müssen,
wenn man nicht in der Lage ist, sich aus der
Kenntnis seines Lebenswerkes eine zureichende
Vorstellung von seiner Besonderheit zu ver-
schaffen. Je mehr Einblick man jedoch in
die künstlerische Thätigkeit des Schweizer
Malers erlangt, je besser man den Umkreis
seiner Bestrebungen kennen lernt, um so
leichter wird sich nachweisen lassen, warum
man Burnand auch in einzelnen Werken als
Persönlichkeit von seinem ersten Auftreten
an empfunden hat.
Den ersten starken Eindruck von der Künst-
lerschaft Burnands hatte man in Deutschland
Mitte der neunziger Jahre von seinem „Bauer",
einem vorzüglichen Pleinairbilde, das erst in
Schuhes Salon in Berlin, darauf im Münchener
Glaspalast ausgestellt war. Dann erregte im
Januar 1898 die „Flucht Karls des Kühnen"
in demselben Berliner Salon eine durch Her-


EUGENE BURNAND DIE MUTTER DES
KÜNSTLERS «««

man Grimms kurz vorher in der „Deutschen
Rundschau" veröffentlichten Aufsatz über den
Künstler noch gesteigerte Aufmerksamkeit.
Und endlich bot eine im Winter 1899 eben-
falls in Schultes Salon veranstaltete Kollektiv-
Ausstellung von Burnands Werken Gelegen-
heit, ein Urteil über die verschiedenen Phasen
der Entwicklung des Schweizer Meisters zu
gewinnen. Ausser jenem feinsinnigen Auf-
satze Herman Grimms liegt eine im Oktober-
heft 1899 der Schweizer Zeitschrift „Le foyer
domestique" erschienene Studie von Joseph
Autier, die in sachverständiger und ausführ-
licher Weise, ebenso anschaulich wie sym-
pathisch, das Leben und Wirken des Künst-
lers darstellt, als Litteratur über ihn vor.
Eugene Burnand befindet sich ungefähr in
demselben Alter wie Liebermann, Uhde und
Trübner, die für Deutschland das bedeuten,
was er für die Schweizer Kunst bedeutet.
Er ist 1850 in Moudon im Kanton Waadt ge-
boren, genoss aber in Schaffhausen, wo er das
Gymnasium besuchte, eine durchaus deutsche
Erziehung. Und als er von 1868 bis 1871 das
Züricher Polytechnikum absolvierte, um sich
zum Architekten auszubilden, waren zwei be-
rühmte Deutsche seine Lehrer: der unver-
gessliche Gottfried Semper und der hochge-
mute Gottfried Kinkel, bei dem er Kunst-
geschichte hörte, und die beide als Lehrer
und Menschen den tiefsten Eindruck auf den
jungen Mann machten. Allein die eigentliche
Neigung Burnands gehörte der Malerei, und
so sattelte er eines schönen Tages um und
trat als Schüler in das Atelier von Barthelemy
Menn in Genf ein. Dieser Künstler, der ein
ausserordentlich gebildeter, in seinen An-
schauungen höchst origineller Mann und ein
Schüler des neuerdings wieder so sehr ge-
schätzten Ingres war, dessen strenge Prin-
zipien er nicht nur hoch hielt, sondern auch
weiter zu verbreiten suchte, wies ihn mit
Beharrlichkeit auf die Wichtigkeit des Zeich-
nens für die Malerei hin und legte so den
Grund für das tüchtige Können Burnands.
Das Jahr 1872 findet den jungen Schweizer
bereits in Paris, wo er in das Atelier Gerömes
in der Ecole des Beaux-Arts eintritt und Ver-
kehr mit seinem berühmten Landsmann Gleyre
unterhält. Seine Schwärmereien im Louvre
sind Rembrandts „Jünger von Emmaus", Raf-
faels „Castiglione" und die Primitiven. Er
macht häufig Studienreisen nach Südfrank-
reich, verbringt aber den Sommer ziemlich
regelmässig auf der Besitzung seiner Eltern
in Sepey bei Moudon. Dieses friedliche und
ländliche Stückchen Erde mit seinen Wiesen
und Wäldern, mit den Dörfchen, die zwischen

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