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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Hann, Pauline: 77. Jahresausstellung der Academy of Design in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0303

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walter leistikow
(Ausgefährt von der Firma Adolph Burchardt Söhne in Berlin)

TAPETE

77. JAHRESAUSSTELLUNG DER ACADEMY OF DESIGN IN NEW YORK

■pver Plan, in einer gemeinsamen Ausstellung aller
*-r Künstlervereinigungen Rechenschaft darüber zu
geben, was in einem Jahre in Malerei, Skulptur und
Architektur geschaffen wurde, ist auch im abgelau-
fenen Jahr seiner Verwirklichung keinen Schritt näher
gebracht worden. Wir müssen uns deshalb mit
dem überlebten Prinzip, gesondert auszurücken und
gemeinsam — meist von Paris — geschlagen zu
werden, begnügen. Zersplitterung auf allen Ge-
bieten! Mc Neil Whistler sandte zwar sein
geniales Husarenstückchen, die in grauen Tönen
gehaltene >Spanierin<, die in Paris die grosse Gol-
dene gewonnen hatte, herüber, um seinen Lands-
leuten zu beweisen, dass der künstlerisch Totgesagte
noch sehr am Leben und sogar im Vollbesitz seiner
Künstlerkraft ist; aber das Bild hing in einer Kunst-
handlung. Sargent hatte in der >Pan American«
in Buffalo eine ganze Reihe von Porträts und vene-
tianischen Studien, die den Meister der raffinierten
Moderne auf dem Gipfel seines Könnens zeigten,
ausgestellt, doch nicht eines der Bilder fand seinen
Weg in die Ausstellung der Acadamy, deren Mit-
glied er nun doch schon seit Jahren ist. So stört
denn nichts in dieser Ausstellung das behäbige
Mittelmass; man findet kaum ein verfehltes Bild,
aber auch nur sehr wenige, die sich über dasselbe
erheben.
Die Landschaften darf man ausnehmen. Land-
schafts- und Seemalerei steht auf einer hohen Stufe
und Bruce Crane's ^Novembermorgen«, eine feine
Luftstimmung in zartrosa Tönen, Walter Palmer's
-Erster Schnee« und >Herbst«, >Ein trüber Tagt von
Bolton Jones, zwei vielversprechende Bilder eines
jungen Malers Talcott in leuchtender Herbst-
färbung, Perry's = Waldinterieur«, >Abenddämme-
rung« von Dearth, >Loke Champlain« von Parton,
>Nach Sonnenuntergang« von Bogert, >Das Ende
des Tagest vom jungen Inness, >In Neu-England«
von Gifford Swain, die melancholische Wald-
landschaft von Schurtleff, die kühne Delaware-
Brücke von Lathrop, — Bricher's »Ebbe;, die
kraftvollen Brandungsbilder von Nicoll, Homer

Lee, Richards würden jeder Ausstellung zur Zierde
gereichen. Als die bedeutendste Landschaft der
Ausstellung wurde von der Jury Walter Clark's
>Hafen von Gloucester« anerkannt und mit der
goldenen Medaille, die der jüngere Inness zum An-
denken an seinen Vater stiftete, ausgezeichnet. Eine
Entscheidung, der man beipflichten kann, denn diese
von der leuchtenden Sommersonne bestrahlte Wasser-
fläche, die klare Luft, die feine Perspektive der
Stadt jenseits des Hafens geben ein bedeutendes
und stimmungsvolles Bild.
Der Ehrenplatz des grossen Saales wurde einem
grossen Porträt von Irving Wiles, die Schau-
spielerin Marlowe darstellend, eingeräumt. Die
Dame in wallenden zartgrünen Gewändern sitzt
auf einem mit Kissen bedeckten Sofa und blickt
direkt auf den Beschauer. Die Stoffmalerei ist
virtuos, das Gesicht fein charakterisiert und be-
sonders die Hände sind gut behandelt; dennoch
würde ich Chase's Porträt eines jungen Mädchens
in Weiss, das unfern hängt, um seiner Einfachheit.
Solidität und Vornehmheit willen, die Palme zu-
erkennen. Dana Marsh's Dame in Rosa ist die
kecke Studie einer Weltdame, flott gemalt, aber zu
sehr auf den Effekt zugespitzt. Carroll Beckwith
bringt ausser einem ausdrucksvollen Mädchenporträt
ein reizendes Kinderbild, Brewster Sewell zeigt
ein gutes Damenbild mit Pince-nez; eine glänzende
Farbenstudie ist ein Mädchen in Rot von Rice.
Frumkes hat ein scharf charakterisiertes, aber un-
geschickt posiertes Männerbild in graugelben Tönen.
Ein treffliches Knabenbild von Fowler, zwei kon-
ventionelle, altväterlich solid gemalte Porträts eines
Greisenpaares von Branett, Isham's Bild eines
ältlichen mürrischen Herrn für die >Gesellschaft der
Söhne der Revolution« gemalt, ein Mädchenbild nach
Whistlers Vorbild grau in grau von RoCHiMiEL
bilden die hervorragendsten der an Porträts auf-
fallend armen Ausstellung.
Besser war diesmal merkwürdigerweise das
Anekdotenbild vertreten. Der erfolgreiche Pitts-
burger John Alexander ragt ganz besonders

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