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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Ostini, Fritz von: Niclaus Gysis: (geboren 1. März 1842, gestorben 4. Januar 1901)
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NICOLAUS GYSIS
(geboren 1. März 1842, gestorben 4. Januar 1901)
Von Fritz von Ostini

\ ls auf der wenden darf. Nichts von akademischer Kälte,
grossen In- wie sie sonst an jenem Begriff haftet, nichts
ternationalen von steifer Grandezza — in allem Beseelung,
Kunstausstel- Anmut und dichterischer Geist — in allem
lung im Som- Musik und Verklärung! Was die Quellen
mer 1901 pie- seiner künstlerischen Ausdrucksweise angeht,
tätvolle Freun- hat Gysis äusserlich merkwürdig viel mit
deshände den Franz Stuck gemein; aber dieser ist der
künstlerischen kräftige, fest zugreifende Sinnenmensch und
Nachlass von Gysis der weltscheue, feinfühlige Poet; Stucks
NicolausGysis Muse ist die vollsäftige Germanin im klas-
im Lenbach- sischen Gewand — in Gysis' Wesen ist die
saale des Mün- Kette hellenisch und der Einschlag deutsch,
chener Glas- jener ist stärker, Gysis ist reicher, jener ist
palastes aufge- wärmer, dieser ist reiner!
stapelt hatten, Man kann ja wohl sagen, dass jeder echte
nicolaus gysis , r i_i i.~ . ,. ,■ . . . .
v- i, • r >j c n r da waren wohl künstlerische Idealismus in einem innigen
INach einem Gemälde rranz von Defreggers ö
aus dem Jahre 1876 die allermei- Verhältnis des Malers zur Natur begründet
sten Besucher ist — wie Gysis zur Natur stand, das war
erstaunt über den Reichtum und die Viel- schlechthin wundervoll. Der volle Idealismus
seitigkeit dieses künstlerischen Schaffens. Und seines Wesens offenbart sich eigentlich gar
doch gab diese Nachlassausstellung zwar von nicht in seinen Bildern, sondern in seinen
der Vielseitigkeit des griechischen Malers
wohl einen deutlichen Begriff, nicht aber von
dem Umfang seiner Thätigkeit. Er war kein
Maler, von dem man viel redete, er schuf
keine Blender und Schlager und hat immer
weitab gestanden von dem geschäftigen Ge-
triebe unseres Kunstlebens, soweit es nicht
die Kunst allein anging. Als Künstler aber
war er immer zu finden und man fand ihn
auch. Es ist bezeichnend genug, dass von
seiner Hand das Plakat für die Internationalen
Jahres-Ausstellungen Münchens stammt, ob-
wohl er doch ein Einsamer war in seiner vor-
nehmen Art, die nichts Charakteristisches
hatte für Münchener Schule und Münchener
Auffassung allegorischen Wesens. Aber eben
jene Vornehmheit, jener krystallreine Adel
seines Idealismus waren es, um deren willen
man ihn suchte, wenn es galt, ein dekoratives
Kunstwerk von hoher Würde zu schaffen.
Er war ein Grieche — nicht durch den Zu-
fall seiner Geburt nur — er war ein Hellene
in tiefster Seele und er wurde es mehr und
mehr, je reifer er wurde. Von der Schule
weg ging er ja wohl als der typische Mün-
chener Genremaler jener Zeit — als er sein
grossartiges Hauptwerk, den Triumphzug der
Bavaria schuf (1899), hatte er sich zu einem
unbeschreiblich edlen und persönlichen Stil nicolaus gysis
durchgerungen, auf den man die Bezeichnung Nach einer Bildnisherme w. von Riminns
Klassizismus nur mit vielen Vorbehalten an- (Ende der isgoer Jahre»


l>ic Kirnst für Alle XVII. 13. 1. April 1902.

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