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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Zuckerkandl, Bertha: Wiener Ausstellungen: Secession und Hagenbund
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0323
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^S©- WIENER AUSSTELLUNGEN <Ö*^

endgültig verschwunden sind, jene oberfläch-
lichen, durch das Eilzugsfenster gesehenen
Resumes aller Weltgegenden, seitdem der
Satz: „Dem Landschafter sein Land" allge-
meine Geltung bekommen hat, ist es meist
die Landschaftsmalerei, welche in allen Aus-
stellungen die besten, intimsten Kunstäusse-
rungen giebt. Oesterreich ist so reich an den
verschiedensten Naturmotiven, es ist gleich
schön in seinen Ebene-Stimmungen, wie in
den Wald- und Höhenzügen, dass eine sehr
wechselnde vielseitige Wiedergabe von Natur-
ausschnitten den verschiedenartigsten Tem-
peramenten sich bietet.
Konopa, Ameseder, Suppantschitsch,
Bamberger sind gute Kenner von Wald und
Feld, sind in die Wiedergabe von Licht und
Luft mit feinen Sinnen eingedrungen. Weit-
aus die breiteste, eigenste Art haben aber die
aus Oesterreich gebürtigen Gäste des „Hagen-
bundes", die zwei Münchener Zügelschüler
Hegenbarth und Hayek, sowie der böhmische
Maler Hudecek. Die ersten zwei sind stark
naturalistische Naturen, welche mit kecken
Strichen, mit kräftigen Schlagern das von
ihnen gesehene Bild in wohlthuender Frische
festhalten. Hudecek hat mehr von dem un-
endlich feinen Differentismus der von Dau-
bigny abstammenden minutiös gewerteten Mal-
weise. Seine von einem leichten Silbergrau
überhauchten Wald- und Wiesenpläne sind
wirklich wertvolle Visionen der modernen
Naturdarstellung.
„Niemand erinnert weniger an Heinrich
Heine als seine Nachahmer", hat einmal irgend-
wer sehr richtig gesagt. Dies kann wohl von
allen Kopisten eines Stiles oder einer Indi-
vidualität gelten. Es ist daher wenig Gutes
von den symbolisch-mystisch angehauchten,
modern thuenden Bildern von Goltz oder
von den in der Anzahl sehr dominierenden
Landschaften von Kasparides zu sagen. Wenn
man, wie letzterer es beabsichtigt, durch
rosarote Wolken blaue Schatten, orange-
gelbe Himmelsstreifen durch eine kirchen-
fensterartige Transparenz der Farben, Ideal-
landschaften durch Naturstilisierungen geben
will, so müssen diese Visionen einem eigenen
poetischen Empfinden entströmen und mit
dem virtuosen Können, mit welchem ein
Menard solche Stilisierungen behandelt, über-
setzt werden. Die Anempfinder, die mit
rascher Anpassung den Pinselstil eines Künst-
lers äusserlich imitieren, ohne in den Geist
des gestellten Problems einzudringen, diese
Geschickten, welche so rasch neue Stimmungs-
werte in gefälliger Modeabschwächung dem
Publikum mundgerecht machen wollen, sind

eine Gefahr für die ehrlich Strebenden.
Nicht zu strenge kann eine Vereinigung solche
Elemente ausmerzen, wenn ihr um eine stetige
Fortentwicklung, um die künstlerische Kräf-
tigung ihrer Mitglieder zu thun ist.


NIC. GYSIS EIN NEAPOLITANER

Diese Gefahr vermeidet die Sccession, indem
sie quantitativ eigentlich auf dem Stand, wel-
chen sie bei ihrer Gründung hatte, stehen
bleibt. Wenig neue Erscheinungen bietet
ihre Ausstellung. Desto intensiver ist das
Interesse, welches die individuelle Ausgestal-
tung der Künstler, ihre immer wachsende
persönliche Ausdrucksfähigkeit erregt. Man
sieht deutlich die ernste Arbeit des Einzelnen
an sich selbst, man sieht die mehr oder minder
erfolgreichen, aber immer ehrlichen und wahren
Anstrengungen, die in der Richtung einer
synthetischen Ich-Auslösung unternommen
werden.
Klimt ist mit seinem Hauptbilde, „Gold-
fische" benannt (ein weiblicher Akt), nicht
rechtzeitig fertig geworden und erst später-
hin noch dürfte dies Gemälde der Ausstel-
lung eingereiht werden. Jetzt bringt er ein
Frauenporträt und eine Reihe Landschaften.
Wenn eine Intelligenz die ihr innewohnende
Welterfassung in Formen zu übersetzen ver-
mag; wenn eine phantasiereiche quellende
Natur ihr Empfinden in Mysterien von Licht,

Die Kirnst für Alle XVII.

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