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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Zuckerkandl, B.: Die moderne Galerie in Wien: (zur Eröffnung des Provisoriums im Belvedere)
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Rosenhagen, Hans: Aus den Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0379

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-3-Sg5> MODERNE GALERIE IN WIEN — BERLINER KUNSTSALONS

zimmerartiger Einbau birgt die köstlichsten Schätze
Rudolf Alt's. Außerdem sehen wir Werke
Andri's, Jettmar's u. a. m. Auch die große
Plastik des Münchners Hahn (»Judith«) ist daselbst
aufgestellt.

Raum IV. Hier beginnt die frühere Periode,
welche wir die Zeit der achtziger Jahre nennen
möchten, und der als Mittelpunkt Andreas Achen-
bach dient.

Raum V. Schöne österreichische Kunstblüte
vereint hier Pettenkofen, Müller, Schindler.
Jettel, Ribarz.

Raum VI. Die Alt-Wiener Meister Amerling,
Schwind, Dannhauser.

Raum VIII. Ein WALDMüLLER-Zimmer, welches
einige der schönsten Werke dieses ersten öster-
reichischen Freilichtmeisters birgt.

Raum VII ist dazwischengeschoben und enthält,
unabhängig von der retrospektiven Entwicklung, aus
technischen Aufstellungsgründen eine makart-Serie
(»Fünf Sinne« etc. etc.).

Rechts vom Eingang betritt der Beschauer die
Sammlung ausländischer Meister. Raum I. Hier
beherrscht die Mittelwand Segantini's 'Böse Müt-
ter«, weiter schmücken die Wände Werke von Axel
Gallen und des Oesterreichers Kli.mt.

Raum II. Die wunderbare Erwerbung des Unter-
richts-Ministeriums, der herrliche Böcklin (>Spiel
der Wellen«) prangt hier. Sehr interessant wirkt ein
Dichterbildnis von Zuloaga, und ein besonders
feiner Uhde.

Raum III. Die bedeutende Schenkung des Kunst-
förderers Hummel aus Triest: Klinger's »Urteil
des Paris«, wirkt als einziges Werk in seinen kolos-
salen Dimensionen, gleichwie in

Raum IV: Klinger's >Christus im Olymp« mit
seiner architektonisch-plastischen Umrahmung eine
Wand des großen Marmorsaales selbst bildet. Die
Werke Klingers vertrugen absolut keine Nachbar-
schaft und mußten als organisch in die Archi-
tektur eingefügt behandelt werden.

Wien ist um einen bedeutsamen Kunstschatz
reicher geworden. Möge an der ferneren Ausge-
staltung der modernen Galerie mit demselben
künstlerischen Feinsinn gearbeitet werden, als dies
bisher der Fall ist. B- Z-

AUS DEN BERLINER

KUNSTSALONS

lMoch niemals hat man in Berlin einen so groß-
^ artigen Eindruck von der Kunst Claude Mo-
net's erhalten, wie in der Ausstellung, die der
Salon Paul Cassirer mit dessen Werken veran-
staltet hatte. Man sollte wirklich endlich aufhören,
von dieser Art des Impressionismus als von einer
Richtung zu sprechen. Das ist einfach die gute
Malerei unserer Zeit, die bald allgemein als solche
anerkannt werden wird. Man kann auch nicht gut
behaupten, daß eine Kunst, der eben jetzt erst das
Verständnis nachgereift ist, überwunden und tot sei.
Besonders auch deshalb nicht, weil ein so eminen-
ter Künstler wie Monet gerade mit seinen neuesten
Werken beweist, daß er, und mit ihm diese Kunst,
der Weiterentwicklung noch fähig ist. Monet war
nie stärker als in diesen neuen Bildern und nie
feiner. Er hat, wie die in der Zeit von 1866 bis
1901 entstandenen Bilder in dieser Ausstellung be-
zeugen, eine Entwicklung durchgemacht, von der
man nicht weiß, ob mehr ihr Umfang oder ihre inner-
liche Logik Bewunderung verdient, die aber sicher

der Malerei neue Ziele gesetzt hat. Man ist immer
geneigt, Monet hinter Manet zu stellen. Manets Kunst
hat gewiß den größeren Zug. Sie entzückt durch
die Bravour des Vortrags. Wer weiß aber, ob Mo-
net, wenn er sich nicht so ausschließlich der Land-
schaft zugewendet hätte, nicht ähnlich auf uns wir-
ken würde. Das Bildnis seiner Gattin von 1866,
die man in einem schleppenden schwarz und grün-
gestreiften Seidenkleide, im pelzbesetzten Sammet-
jackett, am Bindeband ihres Capothuts nestelnd, mit
einer Wendung des schönen Profils zum Beschauer
auf einen dunklen Vorhang zu fortgehen sieht, ist
eine so großartige Leistung, daß es von keinem
klassischen Werk der Porträtkunst verdunkelt wer-
den kann. Was hätte Monet zu schaffen vermocht,
wenn er auf diesem Wege weitergegangen wäre!
Aber er wurde ein großer Landschafter. Man
meint vor jeder seiner Schilderungen in dieser Aus-
stellung: so sei die Natur. Dabei sind sie in der
Art der künstlerischen Anschauung äußerst ver-
schieden. Die ersten Landschaften haben einen sehr
ruhigen Ton und sind ganz breit gemalt. Bei der
!Dorfstraße« von 1867 bemerkt man, wie Monet die
Illusion des Sonnenlichtes noch durch einen schwärz-
lichen Schattenton zu erreichen sucht. Anfang der
siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat
er bereits eingesehen, wieviel heller die Farben in
der Natur sind, als auf allen Bildern. Er lichtet
seine Palette auf. Die Bäume in dem >Parc Monceau
von 1^70 zeigen bereits ein leidlich natürliches Grün,
die »Holländische Landschaft: von 1873 bietet Be-
obachtungen von Lichtreflexen im Wasser eines
Kanals, die ganz neu sind. Die Bilder der acht-
ziger Jahre, von denen hier leider keins vorhanden
ist, bringen durch Zerlegung der Farben dann jenes
zitternde Leben, dessen Schilderung die Freilicht-
malerei so lange beschäftigt hat. Ein »Apfelbaum«
von 1879 läßt fast an Sisley denken, weil alle bes-
seren Maler damals demselben Ziel zustreben. In
den neunziger Jahren bemüht sich Monet, die
Schwingungen des gedämpften Lichtes darzustellen.
Er hat da eine Zeit, von der man auch jetzt noch
behaupten möchte, sie sei seine schwächste. Viel-
leicht sieht man später ein, daß sie das nicht ist.
1895 malt er einen »Norwegischen Fjord«, der über
alle Beschreibung gut gesehen ist und eine unerhört
feine Charakteristik des Wassers bietet. Von da an
setzt der neue Aufschwung ein. Monet schildert
»Die Themse« wie noch niemand vor ihm. Nebel
liegt über dem leise atmenden Fluß, in den sich ein
Pier hineinzieht, und auf dem ein Boot langsam da-
hinfährt. Es ist Morgen. Der rötliche Glanz der Sonne
kämpft mit dem kühlen Blau des Nebels. Die kur-
zen Wellen des Flusses schillern und blinken. Man
kann nicht lange auf das Wasser schauen, ohne ge-
blendet zu werden. Ueber der fernen Stadt tauchen
aus dem blauen Nebel die Türme von Westminster
auf. Mit solcher Ueberzeugungskraft, mit solcher
entzückenden Diskretion hat noch kein Maler diese
Stimmung geschildert. Ein paar Stunden später hat
Monet das gleiche Motiv noch einmal gemalt. Die
Sonne steht höher und hat mehr Macht über den
Nebel. Auch die gleiche Ansicht von Vetheuil findet
sich hier in zwei Ausgaben. Man sieht über die
breite Seine fort den auf einem erhöhten Ufer lie-
genden Ort. Einmal ist's Frühling.später Nachmittag.
Der Himmel dunkelblau mit weißen Wolken. Im
frischesten Grün sind Bäume und Felder. Im war-
men Schein der Sonne ruhen die gelblichen Häus-
chen um die Kirche gelagert. Warmblau leuchtet
der Fluß. Auf dem andern Bilde brütet eine heiße
Sommersonne am Nachmittag über Vetheuil. Der
Kirchturm scheint in der erhitzten Luft leise zu

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