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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Rosenhagen, Hans: IX. Ausstellung der Berliner Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0460

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IX. AUSSTELLUNG DER BERLINER SEZESSION

Von Hans Rosenhagen

So schön und kostbar moralische Siege sind
— unter Umständen können sie sehr ge-
fährlich werden. Die Berliner Sezession
wäre einfach vernichtet gewesen, wenn der
ihr so günstigen Kunstdebatte im deutschen
Reichstage eine Ausstellung gefolgt sein würde,
die den Gegnern ihrer Bestrebungen Recht
gegeben hätte. Und wer da weiß, wie un-
berechenbar im voraus die Erfolge von Kunst-
ausstellungen, wie abhängig deren Veranstalter
von guten und schlechten Produktionsjahren
der Künstler sind, wird begreifen, daß der
Vorstand der Berliner Sezession nicht ohne
Sorge den Einsendungen der Mitglieder in
diesem Jahre entgegengesehen haben muß.
Stand doch eben mehr auf dem Spiele als
ein kleiner Vorteil in der Bewertung des
Geleisteten gegenüber der Großen Berliner
Kunstausstellung oder als der Beifall der
Snobs von Berlin W. Die Sezession hatte
zu beweisen, daß ihr Dasein nicht nur der
Gestaltung des Berliner Ausstellungswesens
von Nutzen ist, sondern daß sie auch auf
die Entwicklung der Berliner Kunst einen
wesentlichen Einfluß gewonnen. Sie hat
Glück gehabt. In dem Augenblicke, wo sie
greifbarer Zeugnisse für die Resultate ihres
Wirkens bedurfte, war auch gerade ihre Saat
aufgegangen.

Die Bedeutung dieser Tatsache ist unmög-
lich zu würdigen, wenn man die Nicht-
achtung nicht kennt, der die Berliner Kunst
überall, wo sie in den letzten Jahren erschien,
begegnete. Allein schon der Begriff gab die
Vorstellung von etwas Minderwertigem, von
einer Kunst, die im Trivialen schwelgte und
deren Eigenart in der Abwesenheit jeder
sicheren und ernsten künstlerischen Haltung,
sowie in der breitesten Rücksichtnahme auf
die Ansprüche eines schlechterzogenen Pub-
likums bestand. Das Traurige ist, daß die
Berechtigung dieser Auffassung durch nichts
so klar bewiesen erscheint, als durch die
Schöpfungen der offiziellen Berliner Kunst,
die noch auf Jahrhunderte hinaus für die
Erhaltung der Verächtlichkeit jenes Begriffes
sorgen werden. Mit einem Worte: Die Ber-
liner Kunst im gewohnten Sinne ist unter
dem Niveau der Kunst, die internationale
Achtung genießt. In diese außerhalb Berlins

leider allgemeine Ansicht hat die Berliner
Sezession mit ihrer neuesten Ausstellung eine
erhebliche Bresche gelegt. Von ihrer Tätigkeit
ist, wie sich jetzt herauszustellen beginnt, soviel
erzieherische Wirkung ausgegangen, daß die
Leistungen einer stattlichen Zahl jüngerer
Berliner Künstler durchaus schon ein gutes
europäisches Niveau repräsentieren. Damit
soll keineswegs gesagt werden, daß die Ber-
liner Sezession sich auf das Züchten von
Genies gelegt hat. Um Gotteswillen! Nichts
müßte mehr Bedenken erregen, als ein äußer-
liches geniales Gebaren bei den jüngeren
Mitgliedern. Nein ! Die Sezession hat diese
durch Vorführung großer, den äußersten Re-

leofrhr. v. konig herrenbildnis
9. Aasstellung der Berliner Sezession

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