GEORG MÜLLER-BRESLAU
Elbier-Gruppe auf der Dresdener Kunstausstellung
DER RIESE
DIE ELBIER AUF DER GROSSEN KUNSTAUSSTELLUNG
IN DRESDEN
Von Paul Schumann
Der Grundsatz der Gruppenbildung unter
den Künstlern hat sich in unserer Zeit
immer mehr ausgebildet. Die älteste unter
diesen Gruppen im 19. Jahrhundert und wohl
ihrem inneren Zusammenhang nach die ern-
steste waren die Nazarener, die zu Anfang
des Jahrhunderts im Kloster San Isidoro zu
Rom hausten und von dort aus mit heiliger
Begeisterung für ihre freilich von geringem
Können getragene künstlerische Ueberzeugung
eintraten. Seitdem haben wir viele solcher
Künstlergruppen sich bilden sehen — kleinere
und größere: die Schule von Fontainebleau,
deren äußerer Zusammenhang locker war, die
aber einen gewaltigen Einfluß auf die Kunst
unserer Tage ausgeübt hat, die Pariser und die
Münchener Sezession, die sich bald zu großen
Künstlermächten auswuchsen, die Worps-
weder, die Dachauer, die Goppeler (Dresdner
Sezession) u. a. m. Für das moderne Kunst-
leben ist diese Gruppenbildung in mehr als
einer Beziehung von Vorteil. Dem einzelnen
Künstler bietet die Vereinigung Halt und
Stütze in künstlerischer und geschäftlicher
Beziehung, dem Publikum und dem Kritiker
wird das Eindringen in das moderne Künstler-
heer erleichtert, die Fülle der Erscheinungen
gelichtet und gesichtet.
Die jüngste unter den deutschen Künstler-
gruppen dürften die Dresdener Elbier sein.
Den Kern der Gruppe bilden eine Anzahl
ehemaliger Schüler von Gotthardt Kuehl, die
sich in fröhlichem Schaffensmut und Ver-
trauen auf Können und Zukunft zusammen-
schlössen und imjahre 1902 ihre erste Wander-
ausstellung veranstalteten. Ihr Wahrzeichen
von dem bekannten Dresdener Glas- und
Plakatmaler Josef Goller ist bezeichnend
für den hoffnungsvollen Jugendmut der Gruppe:
ein Schiff, das keck auf bewegten Wogen mit
dem Strom dahinfährt, während ein frischer
Wind das Segel bläht, der Wimpel lustig
flattert und die Sonne ihre Strahlen weit über
den Himmel ausbreitet. Bisher hat das Schiff-
lein sich tüchtig erwiesen und gut Kurs ge-
halten, und mehr als ein erfahrener älterer
Die Kunst für Alle XIX. 22. 15 August 1904
509
65
Elbier-Gruppe auf der Dresdener Kunstausstellung
DER RIESE
DIE ELBIER AUF DER GROSSEN KUNSTAUSSTELLUNG
IN DRESDEN
Von Paul Schumann
Der Grundsatz der Gruppenbildung unter
den Künstlern hat sich in unserer Zeit
immer mehr ausgebildet. Die älteste unter
diesen Gruppen im 19. Jahrhundert und wohl
ihrem inneren Zusammenhang nach die ern-
steste waren die Nazarener, die zu Anfang
des Jahrhunderts im Kloster San Isidoro zu
Rom hausten und von dort aus mit heiliger
Begeisterung für ihre freilich von geringem
Können getragene künstlerische Ueberzeugung
eintraten. Seitdem haben wir viele solcher
Künstlergruppen sich bilden sehen — kleinere
und größere: die Schule von Fontainebleau,
deren äußerer Zusammenhang locker war, die
aber einen gewaltigen Einfluß auf die Kunst
unserer Tage ausgeübt hat, die Pariser und die
Münchener Sezession, die sich bald zu großen
Künstlermächten auswuchsen, die Worps-
weder, die Dachauer, die Goppeler (Dresdner
Sezession) u. a. m. Für das moderne Kunst-
leben ist diese Gruppenbildung in mehr als
einer Beziehung von Vorteil. Dem einzelnen
Künstler bietet die Vereinigung Halt und
Stütze in künstlerischer und geschäftlicher
Beziehung, dem Publikum und dem Kritiker
wird das Eindringen in das moderne Künstler-
heer erleichtert, die Fülle der Erscheinungen
gelichtet und gesichtet.
Die jüngste unter den deutschen Künstler-
gruppen dürften die Dresdener Elbier sein.
Den Kern der Gruppe bilden eine Anzahl
ehemaliger Schüler von Gotthardt Kuehl, die
sich in fröhlichem Schaffensmut und Ver-
trauen auf Können und Zukunft zusammen-
schlössen und imjahre 1902 ihre erste Wander-
ausstellung veranstalteten. Ihr Wahrzeichen
von dem bekannten Dresdener Glas- und
Plakatmaler Josef Goller ist bezeichnend
für den hoffnungsvollen Jugendmut der Gruppe:
ein Schiff, das keck auf bewegten Wogen mit
dem Strom dahinfährt, während ein frischer
Wind das Segel bläht, der Wimpel lustig
flattert und die Sonne ihre Strahlen weit über
den Himmel ausbreitet. Bisher hat das Schiff-
lein sich tüchtig erwiesen und gut Kurs ge-
halten, und mehr als ein erfahrener älterer
Die Kunst für Alle XIX. 22. 15 August 1904
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