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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Eckert, Eduard: Die geplante Neuregelung des Urheberrechtes an Werken der bildenden Künste, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0203

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NEUREGELUNG DES URHEBERRECHTES AN KUNSTWERKEN

z. B. folgenden Rechtszustand haben. Ein
Künstler hat ein Bildnis gemalt. Das Bild
wird bei ihm auf Betreiben eines Gläubigers
gepfändet*) und versteigert, und der Erwerber,
ein Kunsthändler, der es natürlich wieder
losschlagen möchte, stellt es öffentlich aus.
Dem Künstler mag die Ausstellung noch so
unerwünscht sein — er hat das Bild viel-
leicht vor dreißig Jahren gemalt und be-
fürchtet von der Ausstellung eine Beein-
trächtigung seines künstlerischen Rufes —
er kann trotzdem die Ausstellung nicht ver-
bieten. Wohl aber kann dies der Abgebildete,
auch wenn ihm die Ausstellung aus keinem
anderen Grund unangenehm ist, als weil er
sein wertes Antlitz, das er sonst auch dem
Publikum nicht zu verbergen pflegt, nicht
im Bilde „vor die Oeffentlichkeit gezogen"
zu sehen wünscht. In der Begründung des
Entwurfes heißt es: „Würde zu jeder öffent-
lichen Schaustellung eines Gemäldes u. s. w.
die Genehmigung des Verfertigers oder seines
oft unbekannten Rechtsnachfolgers eingeholt
werden müssen, so würde die Veranstaltung
von Ausstellungen wesentlich erschwert und
unter Umständen unmöglich gemacht werden."
Das mag sein, und in der Regel wird ein
Künstler auch gegen die Ausstellung seines
Werkes nichts einzuwenden haben. Warum
aber läßt man die gleiche Erwägung nicht
durchweg walten? Warum macht man die
Ausstellung von Bildnissen, die doch auch der
Mehrzahl der Abgebildeten nur schmeicheln
wird, von einer unter Umständen sehr schwer
beizubringenden Genehmigung abhängig?

Ebenso inkonsequent ist es, wenn der Ent-
wurf, der jede Einzelkopie, soferne sie nur
nicht zum Zweck der Verbreitung oder öffent-
lichen Schaustellung und nicht gegen Ent-
gelt erfolgt, z. B. Kopien zu Studienzwecken
unabhängig von dem Willen des Urhebers
gestatten zu sollen glaubt, in der Begründung
hiezu bemerkt: „Eine Vorschrift, wie sie in
Künstlerkreisen gewünscht wird, nämlich, daß
in jedem einzelnen Falle die Einwilligung
des Urhebers eingeholt werden möge, würde
sich schon aus äußeren Gründen, z. B. wegen

*) Die Zwangsvollstreckung in das Eigentum eines
Bildes solange es sich noch in den Händen des
Künstlers befindet, darf unserer Meinung nach nur
dann gestattet sein, wenn der Künstler dieses Ge-
mälde selbst als vollendet erklärt hat, sei es z. B.
durch eine öffentliche Ausstellung, sei es durch Sig-
nierung, die ja immerhin im allgemeinen wohl die
Fertigstellung des Bildes bedeutet oder durch kon-
kludente Handlungen. Eine Zwangsvollstreckung
in Skizzen, die sich unfertig im Atelier des Künst-
lers noch befinden, sollte das Gesetz ausschließen.

Red. d. >K. f. A.<-

HUGO KAUFMANN PHRYNE

unbekannten Aufenthaltes, Todes des Künst-
lers u. s. w., nicht durchführen lassen." Ganz
das Gleiche läßt sich der im Entwürfe vor-
gesehenen Regelung des Rechtes am eigenen
Bild entgegenhalten, und dabei steht doch
für den Künstler, wenn seine Werke ohne
sein Wissen, sei es auch mit der oben an-
gegebenen Einschränkung, nachgebildet werden
dürfen, gewiß weit mehr auf dem Spiel als
für eine porträtierte Person bei der eigen-
mächtigen Verbreitung oder öffentlichen Aus-
stellung ihres Porträts. Die Erläuterungen
des Entwurfes bemerken: „Sobald die Kopie
dem Gewerbebetrieb eines Händlers, Antiquars,
Sortimenters überlassen wird, untersteht sie
dem Rechte des Urhebers"; was ist dem
Künstler hiemit gedient, wenn er von der
Herstellung der Kopie nichts erfährt und
infolgedessen gar nicht weiß, daß und wo
eine Kopie seines Werkes existiert, deren
Verwertung sein Vermögen und deren Qualität
seinen künstlerischen Ruf empfindlich zu
schädigen vermag?

Der Entwurf sieht noch manche andere,
hier nicht besprochene Neuerung für unser
künftiges künstlerisches Urheberrecht vor.

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