Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

DOI Artikel:
Schur, Ernst: Die graphischen Künste: zur Geschichte ihrer Entwicklung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0225

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE GRAPHISCHEN KÜNSTE

S(HWA0INGER-BAUERN-KIRTA

geruhig wie früher. Richtiger wird es sein,
wenn man sagt, neben die frühere, phili-
strösere, spaßhaftere Generation tritt jetzt
eine andere, ernstere, rücksichtslosere,
am MmePWR 190s in den Räumen de« 5(hwabnge« Brauerei- schärfere. Die Gemütlichkeit, die Be-
quemlichkeit wird ja damit nicht aus der
Welt geschafft und endgültig abgelöst.
Aber man hört nun wenigstens daneben
noch andere Melodien. Man braucht nur
die „Fliegenden Blätter" neben den „Sim-
plicissimus" zu halten. Hier hat man den
Gegensatz. Dort gemütlich-behaglicher
Witz, hier Satire, scharf, zupackend, zu-
schlagend, sozialer Art.

Es ist in dieser Artverschiedenheit
auch ein Stück Entwicklung mitausgedrückt.
Diese Entwicklung heißt: von der Klein-
stadt zur Großstadt, vom Winkelstädt-
chen zum Weltstaat. In diesem Welt-
staat hat der einzelne nicht so sehr den
Trieb, zu genießen, sich behaglich zu
fühlen und gemütliche Witze zu reißen
mit jovialer Mine, breit und behäbig
(„Fliegende Blätter"), sondern er fühlt
sich mitgerissen in größere Kreise, er
fühlt sich mit verantwortlich, das kriti-
walth er i llner b au ern ki rta 1935 sierende Sozialgefühl, eine Sozialethik

erwacht („Simplicissimus"). Hinter dem
Und auch jetzt noch begegnen sie unter der Drang, zu arbeiten, mitzutun, zu helfen, die
Generation, die ihr überraschend schnelles Wahrheit rückhaltlos zu ergründen, tritt die
Aufkommen miterlebte, mißbilligendem Kopf- Friedlichkeit und das Gehenlassen zurück,
schütteln. Die immer mehr überhandnehmende Bilder-

In verhältnismäßig kurzer Zeit sehen wir Produktion, die in den Jahresausstellungen
eine Fülle von Charakteren. Es dauerte nicht erschreckend zutage tritt und fortdauernd an-
lange, da schlössen sich die Gleichgesinnten schwillt, drängte zu einer Entlastung dieses
und Gleichgewillten zu Verbänden zusammen. Gebiets. Ein gut Teil Kraft, Kühnheit und
Eine ganze Reihe von Vereinigungen arbeitet Wollen blieb hier in dieser Betätigung bei
für diese Ziele, und so stellen nun die Illu- den Künstlern gebunden. So suchten sich
stratoren im Zusammenhang
mit der sogenannten gro-
ßen Kunst aus. Und bei
langweiligen, akademischen
Kunstausstellungen bieten
die Säle, in denen das bunte
Bild der Illustrationen, das
wahre, unmittelbare und ge-
treue Abbild unserer Zeit,
festgehalten mit den sub-
tilsten Techniken, sich dar-
bietet, oft eine Oase, zu der
man sich flüchtet, aus trok-
kener Wüste zum lebendig
sprudelnden Quell.

Auch hier an diesem Ab-
bild sehen wir, daß die Zeit
eine andere geworden ist.
Es ist nicht mehr so gemüt-
lich, so kleinstädtisch, so julius paul junghanns bauernkirta 1903

200
 
Annotationen