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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Personal- u. Atelier-Nachrichten
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-^5> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <tsi^-

DOSEN. Im Kaiser Friedrich-Museum fand eine
* Japan-Ausstellung statt, die später durch eine
Ausstellung von Gemälden Posener (in Posen ge-
borener oder dort ansässiger) Maler und Malerinnen
abgelöst wurde. Von diesen sind zu erwähnen:
Adam Michael mit einem guten Interieur und
zwei Bildnissen, Clara Goldmann mit Stilleben,
Gerhard Haenisch mit einem malerischen >AIten
WinkeU in Posen und einer Landschaft, Paul Halke
mit Figurendarstellungen, Curt Topel mit stim-
mungsvollen Posener Landschaften und Rein hold de
Witt mit einer Kindergruppe am »Sonntagmorgenj.
W. Leistikow brachte mit seinem »Norwegischen
Fjorde und dem >Gebirge< eine hier neue Note
seines Schaffens. Von den Münchenern brachte
Alfred Kluge u. a. eine Holländerin, Walter
Röstel ein vornehm abgestimmtesStilleben und einen
koloristisch feinen »Klaren Wintertag«, Gertrud
von Kunowski zwei prächtige Figurenstudien voller
Leben und Eleganz. Von Posenern war Karl
Ziegler mit zwei weiblichen Bildnissen vertreten,
die beide wieder ebenso sicheres Können wie vor-
nehme Auffassung verrieten. — Später folgte dann
eine Ausstellung der Dresdner Künstlergruppe >£Z-
bien, die an dieser Stelle wiederholt besprochen
wurde.

DERLIN. Die neue Ausstellung bei Fritz Gurlitt
" bringt englische Landschaftsbilder aus alter und
neuer Zeit. Den weitaus interessantesten Teil der Vor-
führung bilden die Schöpfungen der Gainsborough und
Constable, unter denen sich in der Tat einige erlesene
Stücke rinden. Von Gainsborough sieht man eine
»Landschaft mit Hütte«, die noch vollkommen den
Charakter des alten holländischen Landschaftsbildes
trägt; in einem größeren Werke aber, das Hirten
mit Kühen auf einem sanften Hügel unter einer
großzügigen Abendluft zeigt, glänzt die eigene Schön-
heit des Rokoko in ihrer ganzen Vollkommenheit
und eine höchst persönliche große Künstlerschaft.
Auch Constable's Bedeutung kommt in den vor-
handenen zahlreichen Werken vollkommen zum
Ausdruck, obgleich oder vielmehr weil sie in der
Hauptsache kleine Studien nach einfachen Motiven
sind. Vor diesen wundervoll frischen und doch ton-
schönen Bildchen kommen dem Beschauer immer-
fort die Namen Rousseau, Corot, Daubigny und
Diaz auf die Lippen. Welch ein reicher Künstler,
dieser Landschafter, von dem man übrigens auch
zwei sehr feine Bilder, die ganz auf die Töne Grau,
Grün und Gelb aufgebaute »Landschaft mit dem
Soldaten« und den im Motiv fast Thoma-artig an-
mutenden »Fischerknaben« mit der unvergleichlich
gut beobachteten Regenwolke über der Landschaft
hier findet. Das Wolkenmalen war überhaupt eine
Stärke des großen Meisters, wie ein paar köstliche
Studien noch besonders beweisen. Gegen Gains-
borough und Constable kommen weder Old Crome
noch George Morland, weder W. Müller noch
James Stark mit den hier gezeigten Bildern auf.
Die modernen englischen Landschafter machen mehr
Eindruck durch das größere Format ihrer Arbeiten
als durch Feinheiten, mit denen sie über jene Alten
hinausgehen. Der sonst so süßliche Alfred East
gibt jedoch u.a. in einer von herbstlichen Bäumen
umkränzten Seeecke, in der ein paar Schwäne herum-
rudern, eine an sich sehr respektable Leistung, und
Bertram Priestmann läßt mit einem dunstigen
»Sommertag« am Bach mit weidenden Kühen er-
kennen, daß er Naturgefühl und Geschmack besitzt,
wenn auch kein eigentliches Temperament. A. D. Pep-
percorn versucht in einem »Sturm« an einem See
solches zu zeigen, aber er überzeugt nicht von dessen

Echtheit, zumal er in ein paar anderen Bildern von
einer ganz aufrichtigen Langeweile ist. Von Wynford
Dewhurst möchte man meinen, daß er von Claude
Monet inspiriert sei, aber was er malt, ist so dünn und
konventionell, daß man das Wort »Impression« nicht
darauf anwenden kann. Melchior Lechter, dessen
nicht unbestrittener Ruhm einst in Gurütts Salon
geboren wurde, produziert sich hier mit fünfzig Pa-
stellen, den Resultaten eines Aufenthaltes in Italien
während des letzten Frühlings und Sommers. Auf
den ersten Blick sehen diese auf Elba, Ischia und
in der Umgebung von Siena entstandenen Arbeiten

alois kolb Künstlersängerverein kxö

nicht übel aus; bei eingehender Betrachtung aber
sieht man darin genau dieselben Vorzüge und
Schwächen wie in Lechters sonstigen Schöpfungen.
Seinem sicheren Sinn für effektvolle Farben und
die Fähigkeit, sie geschmackvoll anzuwenden, steht
Mangel an Gefühl für organische Zusammenhänge
und für Raumgestaltung gegenüber. Diese Pastelle
wimmeln von Fehlern im Perspektivischen und von
Objekten, die ohne die Dimension der Tiefe sind.
Das hindert freilich nicht, daß hier und da die
Stimmung gut getroffen ist, im allgemeinen aber
sind diese Pastelle regelrechte Blender.

Curt Herrmann hat im Salon Paul Cassirer eine
Kollektiv-Ausstellung von Stilleben, Landschaften,

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