Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

DOI Artikel:
Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0365

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-*Osö> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^-

von Püttner. So behende Georgi im Wechseln seiner
Anschauungen war, so wenig ist er als Maler dabei vor-
angekommen. Das Freilichtbildnis seiner Schwe-
stern beim Kaffee, seine »Mittagsstunden, die man
vor mehreren Jahren hier sah, stehen künstlerisch
erheblich über den neuesten Leistungen. Teils sind
diese, wie die aus der letzten Münchener Ausstellung
bekannte »Vesperzeit«, im Umfang verfehlt und da-
her uninteressant, oder aber sie zeigen, wie die im
englischen Hochformat gehaltenen lebensgroßen Bild-
nisse einer pikanten schwarzhaarigen Dame einmal
in Weiß vor Grau und einem Spiegel, das andere Mal
in spanischer Tracht — weiß-rosa — eine malerisch-
tuende Malerei, halb Püttner, halb Münzer, die von
den malerischen Reizen der Stofflichkeiten nichts
weiß, eine Wand nicht von einem vollen Busen, ein
Seidenkleid nicht von einem Katzenfell unterscheidet.
Ganz verunglückt ist Georgi mit einer Neuauflage
seines >roten Hahns«, aus welcher der dämonische
Rotbart verschwunden ist, um einer barocken sand-
steinernen Fontainenfigur Platz zu machen, der auch
nicht eine Schönheit, weder in Farbe, noch an Linie
abgesehen wurde. Neu sind die Porträts von Georgis
Eltern; auf dem der Mutter ein Erlerisch stilisierter
modefarbener Pudel. Wenn Georgi sich weiter in
gutem Ansehen erhalten will, hat er sehr nötig, an

sich zu arbeiten und vor allem nach einer persön-
lichen Ausdrucksweise zu streben. Auch Philipp
Otto Schaefer mit seinen zwischen Raffael und
Schuster-Woldan schwebenden freskenhaften Bildern
ist auf einem toten Strange und versprach doch einst
so viel. Nicht übel wirkt Otto StrOtzel, dessen
Landschaften aus der Dachauer Umgegend fein
empfunden sind und einen schönen graugoldenen
Ton besitzen. Durch weise Beschränkung auf ein
kleines Gebiet — das Interieur — bringt es Joh.
Georg Dreydorf zu sehr feinen Leistungen, die
nichts dabei verloren haben, daß der Maler dem
Neo-Impressionismus den Rücken kehrte. Hans
Peter Feddersen macht fern von der großen Welt
eine eigene Kunst, der freilich mehr Frische als
Feinheit nachzurühmen ist, die aber Eigenart hat.
Am meisten vielleicht da, wo der Maler das ihm
vertrauteste Element, das Meer schildert. Seine
»Nordsee nach dem Sturm;, sein »blanker Hans ,
der aufgeregt mit Schiffstrümmern spielt, der stark-
farbige »Winter in Nordfriesland«, halb voll Sonne,
halb voll Schneewolken mit dem blanken roten
Häuschen am Strande sind Feddersens beste Bilder
hier. — Im Salon Paul Cassirer ist für kurze Zeit
eines der Hauptwerke von Courbet »Die Ringer«
ausgestellt. Ein seltsames, starkes Bild, zum Teil
noch in dem schwärzlichen spa-
nischen Kolorit seiner ersten
Schöpfungen, obgleich es sich
um eine Szene im Freien han-
delt. Man sieht einen großen,
von Baumgruppen und Zu-
schauertribünen umgebenen Ra-
senplatz, im Hintergrunde einige
von der hellen Abendsonne be-
leuchtete Gebäude und darüber
einen wundervoll blauen Him-
mel. Auf diesem Rasenplatz
ringen lebensgroß zwei nur mit
Badehöschen bekleidete athle-
tische Männer. Der bärtige da-
von hat mit den ineinanderge-
falteten Händen den Hals des
jüngeren bartlosen umfaßt und
sucht den Gegner auf diese
Weise zu werfen. Dieser wehrt
sich gegen den Fall, indem er mit
der linken Hand den Kopf des
ihn bedrängenden Ringers nie-
derdrückt und mit der Rechten
Balancierbewegungen macht.
Ein dramatischer Moment und
für Courbets Verhältnisse mit
ungewöhnlicher Lebendigkeit
geschildert. Welche imposante
Fleischmalerei, welche Beherr-
schung der Form ! Wer kann das
heute noch? Alles auf diesem
Bilde ist höchst realisiisch, die
Körper, die Bewegungen, der
zertretene Rasen — nur die
Farbe nicht. Die beiden Kerle
sind offenbar im Atelier ge-
malt, sonst wären die Schatten
nicht so schwärzlich. Der Kon-
trast zwischen dem naturalisti-
schen Blau des Himmels und
dem dunklen Fleisch gibt dem
Werke fast einen eigenen Reiz.
Die Zuschauermenge spricht
kaum mit. Man fühlt sich da-
runter und hat, wie alle Zu-
schauer, nur Augen für den

334
 
Annotationen