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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0632

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-*-feÖ> NEUE KUNSTLITERATUR —

PERSONAL-NACHRICHTEN <^t?-

Werkes steht im Reiz der Form kaum zurück. Nur spielt
der Schriftkünstler mehr mit prickelnden Reizen —
der Buchgestalter und Verleger gestaltete eine reizende
Form durch ganz schlichte Mittel. Eines ist aber
auf jeder Seite zwischen den Zeilen zu lesen : Meier-
Graefe steht diesen Künstlern wirklich nahe, er kennt
ihre Werke, als ob sie seine Privatgalerie ausmachten,
und die ganze Umgebung der Künstler ist ihm
vertraut, als ob er mit ihnen gelebt. So ist sein
Buch über Corot und Courbet für viele angenehmer
zu lesen, als sein Böcklin-Buch. Und das nicht nur,
weil es weniger zersetzt als zusammenschließt. Das
Buch ist wie ein Fest zu Ehren Corots, der so gern
die Figuren seiner Bilder von Parkfesten und vom
Theater zu Gaste lud.

Hugo von Reininghaus, Entwicklungser-
scheinungen dermodernen Malerei. München,
Verlagsanstalt F. Bruckmann, brosch. M. 4.50, geb.
M. 6.—.

Im Jahre 1900 erschien unter dem Pseudonym
Hugo v. d. Palten ein Buch über - die Malerei der Alten
im Gesichtswinkel der Modernen<, dem der Ver-
fasser jetzt den vorliegenden, prächtig ausgestatteten
Band folgen läßt. Er faßt in der ersten Abteilung
unter dem Titel: die »Wiederkunft des Gleichen«
in der Malerei verwandte Richtungen von einst und
jetzt zusammen, sieht für Veronese das Spiegelbild
in Makart, für Rubens in Canon, für Botticelli in
Burne-Jones, für Velasquez in Zuloaga und für
Dürer in Klinger. Der Monumentalkunst sei durch
Puvis de Chavannes ein moderner Stil erwachsen.
In den einzelnen Stoffgebieten prallten die Gegen-
sätze scharf aufeinander. Reininghaus sucht durch
dieses Feststellen der Berührungspunkte der moder-
nen mit der alten Kunst zu zeigen, wo sich unsere
Künstler durchaus von der Tradition loslösen oder
ihr epigonenhaft folgen, wo sie in gesteigerter Lebens-
kraft die Alten erreichen, ja diese übertreffen. Er
läßt empfinden, was wir gewonnen oder verloren
haben, was uns fehlt, was als überwunden und anti-
quiert, was als erstrebenswert zu gelten hat. Der mit
den Dingen vertraute Leser folgt dem Verfasser mit
Interesse in seine geistvollen Vergleiche, derWißbegie-
rige empfängt die reichste Fülle von Anregungen.

Die zweite Abteilung behandelt die Relation der
modernen Gesellschaft und Kritik zur Kunstbewe-
gung der Gegenwart. R. nimmt entschieden Stellung
gegen Meier-Graefe im Falle Böcklin. Man dürfe
Manets »Blumenstück« nicht mit Böcklins >Aben-
teurer< vergleichen. Warum dann nicht auch, frägt
R., mit Liebermanns »Samson und Delila« ? Die
Negation Böcklins schließe ein Stück modernen
Geisteslebens in sich und verleugne das Beste
unserer Kunst, das - visionäre Moment«. Der letzte
Abschnitt bringt ein Resümee und allgemeine Ge-
sichtspunkte. Es fallen scharfe Schlaglichter auf
unseren Kunsthandel, die Kritik, das Sinnlich-Ueber-
reizte unserer Kultur, dem der wahre Künstler als
Lehrer die Wege des Gesunden weisen sollte u. dgl. m.
Reininghaus macht den Versuch, eine auf empiri-
schem Wege gewonnene Malerästhetik in ihren Grund-
zügen festzulegen und damit Perspektiven zu er-
öffnen, ohne ins Doktrinäre oder Dogmatische ver-
fallen zu wollen. Er behandelt zuerst die physiologi-
schen Momente, d. h. die natürlichen Entstehungs-
ursachen und materiellen Lebensbedingungen, die
als treibende Kräfte oder materielle Hemmnisse ins
Gewicht fallen, wie der Dilettantismus, die Technik,
das Stilisieren, die Secession, die unabsehbaren Stoff-
gebiete der modernen Kunst, endlich den merkwür-
digen, vergeblichen Kampf des Großherzogs von Ge-
rolstein«; ferner den weltflüchtigen Zug der Malerei,

der überleitetzu dem psychologischen Gehalte unserer
Kunst, dem ein gemeinsamer metaphysischer Zug
eigen ist, jenes Chaos von Gedanken, Anschauungen
und Impressionen, denen gegenüber eine scharf analy-
sierende, nicht zersetzende, sondern neu schaffende
Kritik nottäte. Von Lessing ausgehend sieht Reining-
haus einen charakteristischen Zug unserer Kunst in
der Abkehr vom Transitorischen, d. h. von jeder
äußerlichen Aktualität, wodurch die Künstler in allen
Stoffgebieten zur Verinnerlichung, Vertiefung und
Intensität der Empfindung gezwungen werden. Da-
durch vornehmlich komme ein Idealtypus zustande,
entgegen jener Richtung, die in der brutalen Wieder-
gabe der Natur jeden übersinnlichen Einschlag radikal
negiert, dem reinen Häckelianismus in der Kunst.
— Die Fülle der hier kurz und lückenhaft aufge-
zählten Gesichtspunkte, von der man im Inhalts-
verzeichnis keine Ahnung bekommt, läßt es wün-
schenswert erscheinen, daß der Verfasser seinen
Schriften in Zukunft außer dem Künstlerverzeichnis
auch ein Sachregister beigäbe. j. s.

Hausbuch deutscher Kunst. Ein Familien-
Bilderbuch in 375 Abbildungen, zusammengestellt
und herausgegeben von Eduard Engels. Stuttgart
& Leipzig 1907. Deutsche Verlagsanstalt. M. 10.—.

Kunstgeschichten brauchen wir nicht für jeden
Erwachsenen — aber was uns fehlt sind gute Bilder-
bücher deutscher Kunst, an denen Große so viel
und so persönlich selbständigen Genuß finden können,
wie an irgend einer Dichtung, irgend einer Antho-
logie ohne gelehrte Kommentare. Eduard Engels
hat uns in seinem »Hausbuch deutscher Kunst-
ein solch erwünschtes Buch gebracht. Es bedeutet,
wie die »Klassiker der Kunst' des gleichen Verlags,
eine Erlösung vom Kunstdrill. — Ich kann mir
kein angenehmeres Werk für selbständige Natur-
und Kunstgenießer denken, als so eines wie Engels
Hausbuch. — Für die Sommerfrischen ist's besser
als ein ganzer Handkoffer voll i Anweisungen zur Be-
trachtung«. Die Bilder sind nicht historisch, sondern
gegenständlich zusammengestellt. Daß man doch
wieder sich getraue, auf den Gegenstand des Bildes
auch zu achten — und daß man doch einsehe, der
Dichter ist mehr wert als der Abschreiber. — Man
schaut in das Buch wie in eine alte, liebe Land-
schaft, die täglich uns wieder neu und frisch er-
scheint und macht. Das Werk empfehlen heißt ein-
treten für ein beschauliches Genießen, für Sammlung
und Stärkung der Genußfähigkeit des Einzelnen,
durch leichten Zwang zur Konzentration. Dr. e. w. b.

JENA. Die Universität Jena hat den Genfer Maler
Ferdinand Hodler mit der Ausführung eines
großen für ihren Neubau bestimmten Gemäldes be-
auftragt.

PERSONAL-NACHRICHTEN

JV/IÜNCHEN. Der Maler und Radierer Fritz
Hegenbart wurde vom Großherzog von
Hessen nach Darmstadt berufen. Es wird dem
Künstler ein Atelier im Schloß eingerichtet.

ESTORBEN: in New York der Bildhauer Augu-
stus St. Gaudens; in Campina (Rumänien)
der Maler Grigorescu, wohl der im Ausland be-
kannteste rumänische Maler, im Alter von 69Jahren;
in Berlin am 10. August der frühere Präsident der
Akademie der Künste, Architekt Geheimrat Professor
Hermann Ende im Alter von 78Jahren; er war
seit 1874 Mitglied der Akademie. Von den zahl-
reichen öffentlichen Bauten, die er leitete, sei im beson-
dern das Berliner Museum für Völkerkunde genannt.

Redaktionsschluß: 13. August 1907 • Ausgabe: 29. August 1907

Für die Redaktion verantwortlich: F. Schwartz
Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. — Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtlich in München
 
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