Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

DOI Artikel:
Breton, Jules: Jules Breton über das Schöne in der Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0619

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-*-4^> JULES BRETON ÜBER DAS SCHÖNE IN DER KUNST

JULES BRETON ÜBER DAS SCHÖNE IN
DER KUNST

übersetzt von E. Muller-Röder

Ich habe immer das Schöne leidenschaftlich
geliebt.

Ich habe immer geglaubt, der Zweck der Kunst
sei der, dem Schönen zum Ausdruck zu verhelfen.
Ich glaube an das Schöne, ich fühle, ich sehe es!

Ist der Mensch in mir manchmal Pessimist, so
ist der Künstler dagegen im höchsten Grade Optimist.

das Schöne sei nicht der Strahlenglanz des
Wahren allein, sondern auch die ihm innewohnende
Kraft: weshalb es selbst dort wahrzunehmen ist,
wo der i'ulgus nur Häßlichkeit sieht.

Wenn ich nicht fürchtete, mich noch unbestimmter
auszudrücken als Piaton, so möchte ich sagen: das
Schöne ist die Quintessenz des Lebens.

Es ist auch die große Weltensymphonie, der
Zusammenklang, der sich nur durch die tiefe Deutung
und richtige Verbindung der Gegensätze und der har-
monischen Verhältnisse wiedergeben läßt.

Alle mit Augen begabten Wesen nehmen das Bild

A.LEWIN-FUNCKE SANDALEN BINDERIN

Münchner Jahresausstellung 1908

Ich gehe noch weiter und erkläre, daß das Leben der Dinge wahr; die künstlerisch und dichterisch Ver-

mirdurchaus elendundverächtlich vorkommen würde, anlagten allein sehen die Dinge, weil nur sie ihre

wenn wir nicht ohne Unterlaß den himmlischen Glanz harmonischeBedeutungimEinkla ng desWelt-

des Schönen im Auge trügen. alls zu erfassen vermögen.

Ich verstehe hierunter das Moralisch-Schöne Die große Eigenschaft, die den Künstler ausmacht

ebensowohl wie das Physisch-Schöne. und die er mit der Geburt empfängt, ist also die

Doch was ist dieses Schöne? Wo ist es? Wel- Liebe zum Schönen, das Feuer, das die Seele in

ches sind seine Eigentümlichkeiten? Schwingung versetzt, sie befruchtet und ihr jene fast

Der Verstand ist unfähig, diese ewig wiederholten unbewußte, tiefe Wahrnehmungsfähigkeit verleiht, die

Fragen aufzuklären, auf die der Ausspruch Piatons, daraus folgt: die Erleuchtung des Gefühls,
so unbestimmt er auch ist, noch die beste Antwort gibt: Die Wissenschaft verleiht Klarheit, das Gefühl

Die Liebe allein ist die Fackel, die uns den Weg umhüllt diese Klarheit mit Geheimnis: es ahnt, er-
weist auf einem Gebiete, auf dem Alles Geheimnis ist. schaut das Jenseit und versenkt sich in das Un-

Die Definition Piatons ließe sich dahin erweitern, endliche . . .

572
 
Annotationen