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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Von Ausstellungen und Sammlungen – Neue Kunstliteratur - Personal-Nachrichten
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-b-S^> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN

bereitet eine gewaltige Enttäuschung. Man würde
dem Künstler und seinem Rufe besser dienen,
wenn man derartige unangenehme — rund heraus:
schlechte — Bilder nicht auf die Reise schickte.
Diese Akte von übelster Limonadenfarbe, diese
Landschaften mit ihrem giftigen Grün, ihrem krassen
Blau und den faden Lila-Zwischentönen haben eine
abscheuliche farbige Wirkung; hinzu kommt ferner
eine höchst unerfreuliche Verschwommenheit aller
Formen. Einige wenige Bilder machen eine Aus-
nahme und zeigen den Künstler, den wir schätzen,
so besonders das Portrait einer Dame in schwarzem
Kleid und einige kleine Landschaften.

In CaspersKunst-Salon herrschen die graphischen
Künste. Da hängen sehr gute farbige Radierungen
von RaffaEli, unter denen eine Winterlandschaft
mit ansteigendem Terrain in blaßen Farben und eine
schwere Abendstimmung mit einem gelben Gewitter-
himmel über bewegtem Wasser hervorragen. Da-
neben haben die Werke des Vereins für farbige
Original-Radierunzen einen schweren Stand. Von
den Mitgliedern (L. Braun, V. Preissig, Harald
Gallen, T. Krizmann, E.Krause, A. Wesemann
u.a.) scheinen die beiden letztgenannten das Beste
zu versprechen; meist sind es noch tastende Ver-
suche. Einige gute Sachen von W. Unger hängen
dazwischen. P. Renouard, von dem zwei Zyklen
Radierungen von ganz hoher Qualität bei Casper
ausgestellt sind, ist sicher bei uns noch nicht ge-
nügend geschätzt. Von dem einen — L'opera —,
der zum größten Teil in den 1880er Jahren entstan-
den ist und eine große Vielseitigkeit in der Technik
zeigt, haben wir schon kurz berichtet. Dann die 200
>Mouvements, Gestes et Expressions«, die bis in
die letzte Zeit hineingehen. Eine glänzende Beob-
achtung steckt in den Blättern — meist Augenblicks-
visierungen — die von den zartesten Andeutungen
und Umrißzeichnungen bis zu kräftig ausgeführten
Porträtdarstellungen bei immer gleichbleibender
Verve des Vortrags sich bewegen. Ganz ausge-
zeichnet sind die charakteristischen Bewegungen
einiger Rednergrößen, u. a. des Advokaten Labori
erfaßt; weiter entzückend frische Szenen von Kinder-
spielplätzen, sowie Tierbilder.

Fritz Gurlitt hat in seinen Räumen die Ver-
bindung bildender Künstlerinnen aufgenommen.
Natürlich sehr ungleichmäßig in der Qualität, aber
doch einiges sehr Gutes dabei. So die prachtvollen,
zum Teil bekannten Radierungen von Käthe Koll-
witz, so das feine Damenporträt von Sabine
Lepsius, das in der vorjährigen Secessions-Aus-
stellung hing. Das bedeutendste Talent unter den
Malerinnen ist sicher Clara Sievers, deren Bilder,
— aus der gleichen Sphäre wie die Kollwitzschen
Blätter entnommen — ein starkes Temperament
verraten. Sehr geschmackvoll ist unter den Bildern
von Julie Wolfthorn besonders das Mädchen-
bildnis; Sinn für gute Komposition und frische
Farben zeigen die Landschaften von Eva Stört.
Im übrigen seien noch erwähnt: Marie von Brock-
husen mit einigen farbig recht guten Stilleben,
Harry Fürtters Gobbo -, sowie die großen, kräftig
durchgeführten Akte von Ida Stroever (Bremen).
Als Gäste haben ausgestellt u. a. Adele von Finck
und Ida Gerhardi, deren Porträts aber doch mehr
ein eigenwilliges Wollen als ein ausgereiftes Können
dokumentieren. Im ganzen aber kann man erfreut
sein besonders über das tüchtige Quantum von
feiner Farbenkultur, das in diesen weiblichen Kunst-
werken steckt. r. sch.

TAARMSTADT. In das Einerlei mittelmäßiger
Monatsausstellungen des Kunstvereins brachte

eine wertvolle Kollektion der neuesten Landschaften
von Edmund Steppes sehr willkommene Abwechs-
lung. Auch der Vorführung neuer Bilder dreier ein-
heimischer Künstler — Wilhelm Bader, Adolf
und Anna Beyer — war guter Erfolg beschieden.
Ein bemerkenswertes Können offenbarte als Bildnis-
und Landschaftsmaler in einer Sonderausstellung
der Sonnthalschen Kunsthandlung ein in Darmstadt
geborener jungerMünchener Wilhelm Preetorius,
der in Willroiders und Ludwig von Hofmanns
Schule gebildet ist. —r.

KARLSRUHE. Kunstverein. Ein tragisches Ge-
schick hat Prof. Ludwig Schmid-Reutte, der
vor einigen Jahren als Leiter der Aktklasse an die
hiesige Akademie berufen wurde, seinem durchaus
ernsten, gediegenen Kunststreben leider wohl auf
immer entführt. Es ist daher als ein sehr wohltuender
Akt der Pietät zu bezeichnen, daß der Badische Kunst-
verein uns in einer größeren Kollektion eine um-
fassende Uebersicht über das ganz eigenartige, kraft-
volle und wuchtige Schaffen des reichbegabten Künst-
lers bietet, dessen Hauptstärke vor allem in der
vollendeten Wiedergabe des Organismus der nackten
menschlichen Gestalt nach jeder Richtung hin liegt,
neben der das eigentlich Malerische der Erscheinung,
so sehr es auch der talentvolle Meister beherrscht,
recht bemerkbar zurücktritt. Am besten gelingen
ihm deshalb auch die echt monumental, in strenger
und geschlossener, fast typischer Komposition wieder-
gegebenen Figurengruppen und Einzelgestalten, in
denen sich seine kraftvolle, herbe, ganz eigenartige
Individualität am reinsten ausspricht. Neben diesen
wuchtigen Werken stärkster Qualität haben die da-
neben ausgestellten Kompositionen des in Rom leben-
den Hans von Marees-Epigonen, Artur Volkmann
einen außerordentlich schweren Stand. Auch die große
Kollektion von Julius Exter — Uebersee am Chiem-
see — vermag sich in ihrem virtuosenhaften, routinier-
ten, theatralischen Können, mit der unverkennbaren
Anlehnung an sehr bekannte Meister, von Rubens bis
zu den Allermodernsten, neben Schmid-Reutte durch-
aus nicht zu behaupten. Eine dem vorigen geistesver-
wandte Kunstrichtung kultiviert Ludwig von Hof-
mann-Weimar, der ebenfalls wie Julius Exter in dem
reichen Zauber feiner lichtvoller Farbenphantasien
schwelgt,dabei aberauch des öfteren bei einem starken
Hang zum Dekorativen einer etwas weichlichen Süß-
lichkeit verfällt, immerhin aber doch eine weit selbstän-
digere und eigenartigere, idealistisch veranlagte, fein
empfindende Künstlernatur ist, wie man deutlich
erkennt, wenn man damit die große figürliche Kol-
lektion von G. LüHRic-Dresden mit ihrem unkünst-
lerischen und unreifen Realismus betrachtet. Auf dem
Gebiet der Graphik erwähnen wir den Figurenradierer
Aug. Babberger mit trefflichen vielversprechenden
Kompositionen und auf dem der Plastik W. Gerstel.

T EIPZIG. Der Rat der Stadt hat aus dem Nachlaß
*-* Wilhelm Busch' drei geschlossene Folgen
von Bildern, im ganzen 33 Blatt aquarellierte Feder-
zeichnungen mit eingeschriebenem Texte für das
hiesige Museum der bildenden Künste erworben.

jV/IAGDEBURG. Das Kaiser-Friedrich-Museum
erwarb aus einer Kalckreuth-Ausstellung des
Kunstvereins zwei Gemälde von Kalckreuth, die
seine spätere (jetzige) Schaffensart in vorzüglicher
Weise darstellen, und für das Museum, das bisher
noch keinen Kalckreuth besaß, eine wertvolle Be-
reicherung der Gemäldesammlung bedeuten. Es
sind die Landschaft >Leuchtturm bei Cuxhaven«,
von glänzender Malerei der Atmosphäre und starker
Konzentrierung des Ausdrucks bei einem einfachen
Motiv, und ein Knabenporträt, das an der plastischen

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