Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 25.1909-1910

DOI Artikel:
Katsch, Hermann: Meine Erinnerungen an Karl Stauffer-Bern, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12502#0076

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
besinnen kann. Wir hatten unterwegs in den
Ortschaften, um recht gut bedient zu werden,

MEINE ERINNERUNGEN AN STAUFFER-BERN

zu holen, so sagte ich Stauffer ins Ohr, er ergriffen und für Zurückziehung unseres An-
solle sich ohnmächtig stellen. Einen Moment Schlages stimmten. Stauffer kopierte in der rj
dachte er nach und, bumms!, lag mir der Pinakothek. Der war der einzige, der für V\
schwere dicke Kerl im Arm. Ich machte ein sehr solche Feigheit nicht zu haben gewesen wäre. M
ängstliches Gesicht, rief nach einer Droschke, Ich erklärte, daß, wenn Stauffer auch dafür (l
wir trugen zu zweit den schweren Körper sei, ich meinen Vorsitz niederlegen würde. V)
hinaus, natürlich mit ernsten Begräbnismienen. Die Sitzung wurde unterbrochen und ich lief
Keine Hand rührte sich, kein Wort wurde geradwegs zur Pinakothek. Da kam er mir
unsnachgerufen; dann setzten wir Staufferchen entgegen, den Hut hintenüber, die lustigen
in eine Droschke, fühlten ängstlich nach seinem und so ernst blickenden Augen hinter der alter-
Puls und — fuhren vergnügt in ein anderes tümlichen, dickrandigen, silbernen Brille auf M
Cafe! eine schöngefärbte Wolke gerichtet, ein läng- fä
Die Streitereien mit den andern wegen eines liches Paket mit den schmutzigen Pinseln V)
letzten Restes von 70 Mark zogen sich bis unterm Arm, beide Hände in den Hosentaschen,
zum Sommer hin. Um allem endlich ein den schlecht sitzenden, zu weiten, billigen

Ende zu machen, machten wir schließlich braun gestreiften Rock nach hinten geschlagen, o
einen Anschlag mit der Ankündigung, der Als er mich erblickte, lachte er. „Na, was Y\
Rest von 70 Mark solle an dem und dem ist denn wieder los?" Ich sagte ihm, daß die M
Tage in Schäftlarn bei den Klosterbrüdern, andern Angst gekriegt hätten, daß alle gegen
die ja das beste Bier der ganzen Welt brauen, mich gestimmt hätten, unser Anschlag solle t)
in Bier angelegt werden und alle Akademiker zurückgezogen werden, und ich wollte mir nur
seien freundlichst geladen. Statt sich darüber noch seine Meinung holen. Er nahm mich
zu freuen und die Gelegenheit zu einer Ehrung untern Arm, für einen Augenblick blieb die
desersten „KomiteesohneDefizit" zu benutzen, Vevey longue aus dem Mund, und dann sagte
erfolgte ein so heftiger Angriff mit der Drohung er, es bleibt mir immer unvergeßlich: „Du
einer Denunziation beim Direktorium der Aka- Keo, dann versaufen wir beide die 70 Mark (
demie, daß in einer von mir einberufenen allein." Den übrigen Komiteemitgliedern teilten \
Sitzungalle Komiteemitglieder das Hasenpanier wir mit, daß, wenn sie für die Zurückziehung

des Anschlages seien, Stauffer und ich austreten
_ würden. Also blieb alles beim Alten und
ich machte bloß noch einen Anschlag mit den
lakonischen Worten: „Es bleibt dabei. Das
Komitee." Einen Tag vor dem geplanten Fest
in Schäftlarn gingen wir zu Fuß los. Beim
Brunnmeister ob Grünwald hatten wir, wenn
ich nicht irre, Mittagsrast gemacht, so etwa
10, 11 Mann, die Quartiermacher, und nach-
her etwas Kegel geschoben. Hier hat mein
damaliger Studiengenosse Kispert, ein eigen-
artig begabter, sehr stiller Mensch, der später
leider tiefsinnig wurde, die Karikatur von
Stauffer gezeichnet, die hier abgebildet ist. M
Der rechts neben Stauffer war ein Maler Diehl, k
links der die Tafel führende ein Darmstädter, £)
auf dessen Namen ich mich nicht mehr n

Kpcinnpn bann \Y/1 t* nflttPn im tpnvpnc in r^on \'.

i

Wunder von der Masse der Akademiker er- ^

zählt, die am nächsten Tage kommen würden, m

Alles erreichbare Viehzeug wurde geschlachtet, r)

V^J^ und den Rückweg mußten wir, um keine Un- ►)

annehmlichkeiten zu kriegen, anders einrich- N

ten, da alles in allem nur 70 Mann erschienen, t*
Das Fest selbst, das im Juni im schönen Wald
dicht beim Kloster harmlos verlief, bestand

stauffer auf der kegelbahn

nach einer Zeichnung von l. kispert in vergeblichen Versuchen, die 70 Mark in

60
 
Annotationen