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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Schmid, Max: Die Internationale Kunstausstellung Brüssel 1910
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Aus den Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0101

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AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS

malerisch reifste Epoche des 19. Jahrhunderts er-
scheint. Manches von Thomas späteren Arbeiten
erscheint problematisch nebendieserinderStimmung
ganz unbefangenen und rein aus der malerischen
Anschauung erwachsenen Wiedergabe eines künst-
lerischen Erlebnisses, die später zuweilen durch
künstliche Stimmungsmache ersetzt ist. Im ganzen
wird man die Landschaften der späteren Zeit den
Figurenbildern vorziehen, und eine Ausstellung, die
den Hauptwert gerade auf die Kompositionen legt,
zeigt unserer Ueberzeugung nach nicht die besten
Seiten der Thomaschen Kunst.

Auch der beste Teil der Kunst Charles Cottets
entstammt der unter Courbets Zeichen stehenden
Epoche der siebziger Jahre. Aber daß Cottet nur
ein spät geborener Nachzügler jener reichen Zeit
ist, offenbart sich in der argen Sterilität seiner Kunst.
Denn die Entwicklung dieses Malers, der einmal
starke Hoffnungen geweckt hatte, führt zu bedenk-
licher Verflachung. Die Aeußerlichkeiten des Cour-
betstiles, die Schwere der Farbe, bleibt erhalten, aber
aller malerische Reichtum schwindet und macht un-
vornehmen, plakatartigen Wirkungen Platz.

Reinerund sympathischeristdie Kunstdes Belgiers
Emile Claus, dessen sonnig hellfarbige Bilder jedem
Ausstellungsbesucher wohlvertraut sind. Aber die
Gabe der Reichsten, die Entwicklungsfähigkeit über
einmal errungene Fähigkeiten hinaus, das stets neue
künstlerische Erleben, ist auch ihm versagt. Man
sieht neue Bilder von seiner Hand, aber man erlebt
nicht einen neuen künstlerischen Schaffensprozeß,
sondern die Anwendung eines wohlbekannten Dar-
stellungsschemas auf einen neuen Sonderfall.

Unter den jüngeren Künstlern, deren Bekannt-
schaft die Ausstellung vermittelt, mußJuLiusSEYLER
zuerst genannt werden, da der Ruf, der diesem Zügel-
schüler aus München voranging, einige Erwartungen

Internationale Kunstausstellung Brüssel 1910 , . c i u •• . j t_, t.

8 erwecken konnte. Seyler gehört zu den schlechten
Schülern, die nur das Aeusserliche ihres Lehrers

nicht erschöpfend. Vieles blieb unerwähnt. So aufnehmen, die die fertige Formel erlernen, anstatt

die fast lückenlose Sammlung französischer den Schaffensprozeß, der zu ihr führte, neu in sich

moderner Medaillen, die verschiedentlich ein- zu erleben. So entsteht eine Kunst des Handgelenks,

•u» a t--^ i . •• r j c-i i x der es an jeder Ehrfurcht, jeder Vertiefung in das

gereihten Architekturentwurfe und Skulpturen Dasein fehl't Darum tragen sJevlers überbreitePinsel-

des Auslandes, die graphische Kunst. Man wird striche keinen Ausdruck, geht ihnen zugleich jede

also trotz mancher Bedenken behaupten dürfen, Fähigkeit der Stoffbezeichnung ab.

daß diese Ausstellung, zum mindesten für , Denselben Einwand muß man gegen die Kunst

, . . , ,r ..... . . . „ . , . des Brachtschulers, Alfred LiEDTKE,erheben. Auch

belgische Verhaltnisse, viel Gutes bietet. hier jst nur das handwerkliche vorhanden, die Seele

sucht man vergebens, und es ist kein Wunder, daß
dieser Künstler, der sich an der märkischen Land-

AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS schaff versucht, nicht imstande ist, die besondere

Tonstimmung seiner Motive, etwa des Schlosses
er Schultesche Kunstsalon eröffnet die Winter- Sanssouci, zu finden,
saison mit einer Ausstellung, die an Reichhai- Von bekannteren Künstlern sind schließlich noch
tigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Thoma und die Kollektionen von Linde-Walther und Hans
Cottet, Claus und der Menzelpreiswettbewerb Herrmann zu erwähnen. Linde-Waltherbesitztzwei-
und dazu eine Reihe jüngerer Künstler stehen auf feilos ein gutes Können, aber es mangelt ihm die
dem Programm. Aber leider werden die so hoch tiefere künstlerische Ueberzeugung. Er malt gefällige
gespannten Erwartungen nicht ganz befriedigt. An Porträts mit entschiedenem Geschick und gutem
Thoma-Ausstellungen war in letzter Zeit kein Mangel, Geschmack, aber wenn er sich in einer Landschaft
und es mußte schon etwas besonderes gebotenwerden, in Cezannefarben versucht, so vermutet man auch
sollte die neue Veranstaltung ein höheres Interesse hierin nichts anderes als die gleiche Geschicklich-
beanspruchen. Man sieht eine Reihe guter Bekannter keit, die sich nur einmal in der Wiedergabe eines
wieder, auch einige seltener gezeigte Arbeiten der fremden, künstlerischen Erlebnisses gefällt,
siebziger Jahre, eine Gesellschaft aus dem Jahre 1877, Anspruchsloser gibt sich Hans Herrmanns Kunst,
die in der Stimmung der berühmten Landpartie des die nicht mehr will als in sauberer Technik an-
Ungarn Szinyei-Merse nahe kommt. Auch malerisch genehme Augenerlebnisse bildlich fixieren. Es ist
stehen die beiden Werke sich nahe. Sie sind getragen zu bedauern, daß solche Talente nicht der Illustration
von der Kultur einer Zeit, die uns heut als die zugeführt werden, die ein so unverhohlenes Interesse

charles samuel bcste der konigin

von belgien >s

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