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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Sievers, Johannes: Aus den Berliner Kunstsalons
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Wolf, Georg Jacob: Julius Meier-Gräfes "Hans von Marées"
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Zur Wiedereröffnung der städtischen Gemäldegalerie zu Wiesbaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0390

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AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS —JULIUS MEIER-GRAFES „HANS VON MAREES"

Verlust den Deutschland erst eben durch den Heim- italienischen Puvis de Chavannes machen werde,
gang des Meisters erlitten hat. — Ein junger ameri- daß Greco, Tintoretto und andere modische Säulen-
kanischer Künstler, Maurice H. Sterne, der sich heilige der älteren Kunstgeschichte zu ihm in Rela-
wohl viel mit den nur im Umriß gezeichneten Akten tion gebracht würden, daß wieder einmal einer, den
Rodins abgegeben hat, ließ eine an dieses Vorbild wir hochachten, vom Throne gestolien werden
stark gemahnende Reihe von Figurenzeichnungen müßte, um nach Meier-Gräfes Brauch Platz für
sehen. — Der Landschaftsmaler und Porträtist Marees zu gewinnen. Nichts von alledem ist in
Arthur Ratzka, der bei Amsler & Ruthardt aus- die Erscheinung getreten. Das Buch ist treu und
stellte, hat unendlich süße und geleckte Bilder ge- ehrlich und bleibt beim Thema. Es ist in der Form der
macht, just von jenem Genre, das dem großen Publi- Biographie geschrieben, es ist ohne alle überflüssigen
kum leider ganz besonders gefällt. Exkurse. Nach Art der Lamprechtschen historischen
Eine Gedächtnisausstellung bei Schulte für den ver- Methode ist viel Wert auf Milieuschilderung gelegt,
storbenen August Neven Du Mont, dem an dieser Das will sagen: Marees wird nicht als der Beherr-
Stelle vor kurzem eine ausführliche Arbeit gewidmet sehende seiner Umwelt hingestellt, sondern die
war, ließ die vornehme, geschmackvolle Art des ausführliche Schilderung seiner Umgebung, seiner
Künstlers erkennen, der in kleinen, feinen und zu- Freunde und der äußeren Umstände seines Lebens
rückhaltenden Porträts gleichermaßen wie in Jagd- soll zeigen, wie aus ihm die Verhältnisse einen
und Sportbildern eine ganz persönliche Note gefunden Künstler seiner Art schufen, seine besondere Charak-
hatte. An der Porträtkunst, die ja leider heute in terfarbe natürlich vorausgesetzt. Das ist außeror-
unserem Vaterlande noch recht im Argen liegt, hatte dentlich wertvoll bei einer Künstlerpersönlichkeit
sich innerhalb der gleichen Veranstaltung wieder wie Marees, bei dem die fertigen Kunstwerke seiner
so mancher versündigt, den man besser mit Still- Hand (ist denn überhaupt eines dieser Werke im
schweigen übergeht. Desto lieber erwähnt man einige Sinne des Künstlers »fertig«?) nie seine letzten In-
ausgezeichnete Arbeiten Eugen Spiros, Kalck- tentionen geben, bei dem es viel wichtiger und frucht-
reuths prächtiges Predigerbild (Pfarrer D. Scholz barer ist, den Künstler als sein Werk zu analysie-
von St. Alanen) und ein farbenschönes Damenbild ren... Diese Schilderungen des Milieus sind Meier-
Julie Wolfthorns. Schuster Woldans Porträts Gräfe ausgezeichnet gelungen, sie haben — ich
litten unter der etwas theatralischen Aufmachung kann das besonders bei den Münchner Kapiteln
ebenso wie der glatten, an Porzellanbilder erinnern- nachprüfen — historisches Kolorit und verlieren
den Malerei. — Eine Kollektivausstellung von sich bei aller Fülle der Details nie in Anekdoten-
Werken des Malers Paul Schad-Rossa, die Keller haftigkeit, sondern ergänzen und bauen auf, Zug
& Reiner veranstaltete, vermittelte die Bekanntschaft um Zug, eine ganze Persönlichkeit. Die Biographie,
mit einem begabten, aber von einem scharfen per- die sich überdies in stilvoller Noblesse nie ins rein
sönlichen Ausdruck noch weitentfernten Künstler, Menschliche verliert, sondern immer den Künstler-
der vielleicht in einem oder dem anderen Bildnis menschen im Auge behält, wird ergänzt durch einen
(ich nenne dasdes Ehepaars Busoni) noch am meisten Briefband, in dem mir namentlich die Briefe Marees'
zu geben vermag. — In das Gebiet der Graphik führen an Konrad Fiedler und Adolf Hildebrand kunstge-
Charles de Burlets kleine Ausstellungen, die in letzter schichtlich bedeutsam erscheinen; was Marees an
Zeit hübsche Kollektionen von Handzeichnungen, seinen Bruder Georg schrieb, gibt sich mehr als
Radierungen und Lithographien von Legros, Shan- documents humaines. Diese Briefe füllen fast einen
non und Israels brachten. j. sievers (dritten) Band, er wird nur noch zur Aufzählung

der teilweise im Auszug wiedergegebenen, sehr aus-

iiIi Iiic Miriro rnirrc führlichen Bibliographie benutzt. Den vollständigen,

JULIUo MLILK-bKArLo reich und gut illustrierten Oeuvrekatalog, der mit

HANS VON MAREES" peinlicher Akribie bis zum letzten Skizzenblatt tau-
send Nummern aufzählt, umschließt ein eigener

s ist keineswegs erstaunlich, wenn heutzutage (zweiter) Band, der an dieser Stelle schon besprochen

Kunsthistoriker und Aesthetiker mit Vorliebe wurde. — Alles in allem bilden die drei Marees-

bei der Betrachtung und Ergründung französischer Bände ein Hauptwerk zeitgenössischer deutscher

Künstler und Kunstwerke verharren, wenn sie an den Kunstgeschichtschreibung von solch hohem wissen-

Leistungen des Kunstvolkes par excellence die Pro- schaftlichem Ernst und von solch liebevoller An-

dukte der deutschen Künstler messen. Es kann uns dacht zum Gegenstand, daß man nur wünschen

solches Gebaren am wenigsten bei Julius Meier-Gräfe kann, auch andere deutsche Künstler von ähnlicher

wundern, denn sein Impuls und sein Temperament Bedeutung in dieser Weise kritisch und historisch

haben etwas spezifisch Romanisches, und ein langer gewertet zu erhalten. g.j. Wolf

Aufenthalt in Paris trug wohl auch das Seinige zur

intensiven Entwicklung dieser Erscheinungen bei. ..._ _ •■ _.

Nun hat aber J. Meier-Gräfe, nachdem er in vielen ZUR WIEDERERÖFFNUNG DER STADTI-

Werken das Hohelied von der französischen Kunst ge- SQHEN GEM ÄLDEGALERIE ZU WIESBADEN

sungen und nur beiläufig einmal auch zur deutschen

Kunst das Wort ergriffen hat, einem durchaus un- T~^er 26. März bedeutet einen freundlichen Mark-
französischen Künstler ein literarisches Denkmal stein für das Kunstleben in Wiesbaden, weil an
gesetzt, das an Umfang und Charakter seinesgleichen ihm die Räume der Städtischen Gemäldegalerie, die
in der zeitgenössischen Kunstliteratur nicht hat. Ich längere Zeit geschlossen geblieben waren, wieder zu-
gestehe, daß ich dem Marees-Werk Meier-Gräfes *) gänglich gemacht wurden. Da die Stadt sich der
mit einigem Bangen entgegensah. Ich fürchtete, preußischen Regierung gegenüber verpflichtet hatte,
daß der Autor aus Marees so etwas wie einen deutsch- spätestens im Jahre 1907 mit dem Neubau eines

-_ Museums zu beginnen, hatte der Nassauische Kunst-

•) Drei Bände, erschienen in München bei R. Piper & Co., v.erein> dem die Verwaltung der Gemäldegalerie ob-

l909'io. Preis gebunden 75 M. liegt, keine Veranlassung, auf das alte Gebäude noch

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