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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Lange, Konrad von: Die drei Gaben des Künstlers: eine altmodische Betrachtung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0048

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DIE DREI GABEN DES KUNSTLERS

EINE ALTMODISCHE BETRACHTUNG
Von Konrad Lange
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) lVlan begnügt sich in der Regel damit, die lebhaft empfindende Mensch haben kann. Sie
4 AVI Künstlerals Einzelerscheinungen zu fassen, beziehen sich nicht auf Kunstwerke, sondern auf
) Besonders lebende Künstler ordnen wir nicht alles in der Natur und im Leben des Menschen,

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gern in ein System ein. Die Vorliebe für
^ Schubfächer ist veraltet. Von der Kritik for-
\ dern wir, daß sie vor allem der Persön-
) lichkeit des Künstlers, das heißt dem, wo-

durch er sich von anderen unterscheidet,
gerecht werde.

Aber die Wissenschaft hat nun einmal das
Bedürfnis der Zusammenfassung. Sie möchte
^ gern Ordnung in die Mannigfaltigkeit der Er-
' scheinungen bringen. Wir streben deshalb
danach, die Vielheit der Künstler nach Typen
i zu ordnen. So können wir hoffen, schließ-
et lieh zu einer Typologie des Künstlertums
o zu kommen. Vielleicht dienen wir damit den
\ Künstlern auch praktisch, indem wir ihnen
v die Selbsterkenntnis erleichtern. Jedenfalls
ß ist eine solche Typologie für die Kritik wert-
voll, insofern sie ihr die Möglichkeit gibt, die
Großen von den Kleinen zu scheiden, klar
darüber zu werden, warum Rangabstufungen
gemacht werden müssen.

Früher glaubte man, mit Unterscheidun-
ß gen wie realistisch und idealistisch auskom-
) men zu können. Aber abgesehen davon,
daß meistens nicht ersichtlich war, ob man
diese Worte im inhaltlichen oder formalen
Sinne gebrauchte, hat man auch längst er-

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kannt, daß solche Schlagworte das Wesen
der Sache nicht treffen. Jede Kunst ist reali-
stisch und idealistisch zugleich, weil sie so-
wohl der Natur als auch der Persönlichkeit
des Künstlers Rechnung tragen muß, wenn
sie überhaupt Kunst sein will.

Ich möchte deshalb eine andere Eintei-
lung vorschlagen, die bisher, soviel ich weiß,
noch nicht versucht worden ist. Sie gründet
sich auf das, was ich die fundamentalen Ga-
ben des Künstlers nenne.*) Deren gibt es,
wie ich glaube, drei.

Die erste Gabe das ist die Fähigkeit, die
Natur, das menschliche Sein, kurz alle Ge-
schehnisse, die man wahrnimmt, mit starken
Gefühlen zu erleben. Hier handelt es sich
also noch nicht um künstlerische, sondern um
allgemein menschliche Gefühle, wie sie jeder

•) Wieder eine andere Unterscheidung ist die nach der
Weltanschauung des Künstlers, über die ich vielleicht ein

andermal einiges sagen werde. A. HENGELER fec.

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