DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Max Mayrshofer
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0230
1
MAX AtAYRSHOFER ZEICHNUNG
MAX MAYRSHOFER*)
Von Wilhelm Michel
Bekannt ist die Geschichte von jenem Gelehr- nur Gedanken geblieben sind, lieben wir im
ten, der, als einmal die Rede von körper- Kunstwerke nicht, heute weniger denn je. Aber
licher Kraft war, ironisch sagte, es gäbe allerhand hoch schätzen wir den Esprit der Hand. Wir
Arten von Tüchtigkeit; er zum Beispiel habe lieben die Künstlerhand, die das, was ihr die
seinen Biceps im Kopf. Nervenbahnen vom Auge und vom Gehirne her
Man kann das Bonmot auch umkehren und zuleiten, nicht in eine langweilige Beamten-
von Leuten reden, die ihren Geist im Körper spräche übersetzt, um es zu verdolmetschen,
haben. Eine große Tänzerin hat das von sich Wir lieben die Künstlerhand, die behend im
gesagt, Akrobaten könnten es von sich sagen, Auffassen ist und fähig nach raschestem Diktat
und, mit einiger Erweiterung freilich, paßt es der Augen zu stenographieren; die nicht ge-
ganz sicher auf viele Künstler, welche mit schwätzig ist, sondern pikant verschwiegen,
den Händen geistig gestaltete Gebilde zu ver- die geistreich andeutet und Anschauung auf an-
wirklichen haben. schauliche, nicht auf deskriptive Weise ver-
Maler, die ihren Geist, wie es sich für einen mittelt — denn das letztere gibt es auch.
Normalmenschen geziemt, wirklich im Kopfe Solcher Art ist die Hand Max Mayrshofers.
und nur im Kopfe haben, stehen heute nicht Eine Hand voller Empfindung, fähig den süße-
hoch im Kurs. Das will sagen: Gedanken, die sten Schmelz der Schatten festzuhalten, den
- feinsten Sinn einer Linie zu enträtseln. Eine
') *) Die Wiedergabe sämtlicher Reproduktionen zu diesem Auf- Hand Von Soldatischem Gehorsam, geübt Und
satz erfolgt mit Genehmigung der Modernen Galerie, H.Thann- t_ . j „ a____„u i. ,1 (<
< hauser in München. ausgearbeitet und bis zur Ausschaltung aller t
l(5X3<5.Y.ü(3.Ta(3TT^<5XQSTYr3S>ra
210
MAX AtAYRSHOFER ZEICHNUNG
MAX MAYRSHOFER*)
Von Wilhelm Michel
Bekannt ist die Geschichte von jenem Gelehr- nur Gedanken geblieben sind, lieben wir im
ten, der, als einmal die Rede von körper- Kunstwerke nicht, heute weniger denn je. Aber
licher Kraft war, ironisch sagte, es gäbe allerhand hoch schätzen wir den Esprit der Hand. Wir
Arten von Tüchtigkeit; er zum Beispiel habe lieben die Künstlerhand, die das, was ihr die
seinen Biceps im Kopf. Nervenbahnen vom Auge und vom Gehirne her
Man kann das Bonmot auch umkehren und zuleiten, nicht in eine langweilige Beamten-
von Leuten reden, die ihren Geist im Körper spräche übersetzt, um es zu verdolmetschen,
haben. Eine große Tänzerin hat das von sich Wir lieben die Künstlerhand, die behend im
gesagt, Akrobaten könnten es von sich sagen, Auffassen ist und fähig nach raschestem Diktat
und, mit einiger Erweiterung freilich, paßt es der Augen zu stenographieren; die nicht ge-
ganz sicher auf viele Künstler, welche mit schwätzig ist, sondern pikant verschwiegen,
den Händen geistig gestaltete Gebilde zu ver- die geistreich andeutet und Anschauung auf an-
wirklichen haben. schauliche, nicht auf deskriptive Weise ver-
Maler, die ihren Geist, wie es sich für einen mittelt — denn das letztere gibt es auch.
Normalmenschen geziemt, wirklich im Kopfe Solcher Art ist die Hand Max Mayrshofers.
und nur im Kopfe haben, stehen heute nicht Eine Hand voller Empfindung, fähig den süße-
hoch im Kurs. Das will sagen: Gedanken, die sten Schmelz der Schatten festzuhalten, den
- feinsten Sinn einer Linie zu enträtseln. Eine
') *) Die Wiedergabe sämtlicher Reproduktionen zu diesem Auf- Hand Von Soldatischem Gehorsam, geübt Und
satz erfolgt mit Genehmigung der Modernen Galerie, H.Thann- t_ . j „ a____„u i. ,1 (<
< hauser in München. ausgearbeitet und bis zur Ausschaltung aller t
l(5X3<5.Y.ü(3.Ta(3TT^<5XQSTYr3S>ra
210