Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (27.1911-1912)

J

MUNCHENER AUSSTELLUNGEN

einandergezogenen Fresken ihre alte Wirkung wieder- mal innerhalb von Miniaturenausstellungen eine
zugeben. Und in dem bisherigen Räume der Fresken Anordnung nach historischen Gesichtspunkten vor-
soll die Sammlung der Zeichnungen endlich ein nahmen, während man bisher die Objekte immer
etwas ruhigeres Heim finden, in dem die Studieren- nur nach dem Besitz der einzelnen Sammler zu-
den nicht ständig den Zug der Galeriebesucher an sammengeordnet hatte. Der Wert solchen Unter-
sich vorbeidefilieren sehen müssen. Glaser nehmens ist natürlich ein beträchtlicher, da sich

ganz andere Einblicke in den Werdegang der Miniatur
Ml"lMOUC"MC-D AlICCTn l MMf~l7M gewinnen lassen als wie bei Einhaltung des früheren
MUiNLHLINLK AUoo I LLLUNuLIN Prinzips. Höchste Bedeutung kam der Ausstellung
ulius Seyler, der in Thannhausen Moderner Ga- vor allem dadurch zu, daß sie zum erstenmal eine
lerie im Arcopalais etliche dreißig seiner letzten umfassendere Repräsentation der Münchener und
Schöpfungen vorweist, Studien und Bilder von einer weiterhin der Schulen des übrigen Süddeutschlands
Nordlandfahrt, nähert sich darin entschieden aller- bot. Eine Reihe neuer kunstgeschichtlicher Werte
modernster Form-und Farbauffassung und tut damit, ergaben sich hier. So ist beispielsweise ein Meister
sehr zu seinem Vorteil, den letzten, entscheidenden sehr zu Ehren gekommen, der bisher viel zu wenig
Schritt in der Richtung, die ihn schon früher sich gewürdigt wurde, Josef Kaltner, und von der Tätig-
von den herrschenden Münchner Schulweisen ent- keit der übrigen Münchner Hauptmeister, so der
fernen ließ. Er hat bedeutend an Lebhaftigkeit des G. de Marees, der beiden Klotz, der Fran-
Kolorits gewonnen und was noch mehr ist, an Kon- ziska Schöpfer und der Heigel, Vater und Sohn,
zentration des spezifischen künstlerischen Gehaltes, bekam man ebenfalls ganz andere Vorstellungen,
und zerstreut die Befürchtungen wieder, die man als man sie bisher hatte. Von den Augsburgern
nach verschiedenen seiner Experimente aus den letz- waren Einsle und P. Mayer ausgiebig vertreten,
ten Jahren ob seinei Entwicklung hegen konnte. Der beide etwas trockne Kumpane, aber tüchtige Meister
„Nordische Fischerhafen" (Nr. 7) ist ausgezeichnet ihres Faches. Auch unter der Auswahl von Werken
rhythmisiert und von stärkster Kondensierung des der kleineren bayerischen und süddeutschen Mi-
Wesentlichsten der Stimmung, ähnlich gut ist„Kabel- niaturisten war viel, sehr viel Schönes zu entdecken,
waag", auch der „Hafen von Moß" fällt besonders auf. Vorzüglich kam natürlich auch Oesterreich zur
Eine interessante retrospektive Ausstellung hat Geltung, wo von Füger ein Kapitalstück zum
in der Zeit vom 1. bis 28. März im Kunstverein Vorschein kam und selbst die englischen, franzö-
stattgefunden, eine Miniaturenausstellung nämlich, sischen und italienischen Schulen, nebst denen der
die vom Verein gemeinsam mit dem Bayerischen nordischen Reiche, die in einem zweiten Raum
Museumsverein veranstaltet worden war und Proben untergebracht waren, haben eine Reihe des Ueber-
aus vier Jahrhunderten brachte. Ausgewählt und raschenden gebracht, trotzdem die Schau, von ganz
geordnet hatten die Schau die Herren Dr. H. Buch- geringen Ausnahmen abgesehen, nur von München
heit und Maler C. Jeannerat, beide vortreffliche aus beschickt worden war. Angeschlossen war auch
Kenner auf dem Gebiete der Miniatur, die hier eine Serie der besten modernen Arbeiten. Von den
insoferne eine Neuheit schufen, als sie zum ersten- frühen Stücken erregte naturgemäß ein echter und

i

< A. BESNARD PFERDE VON FLIEGEN BELÄSTIGT

363