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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Wolf, Georg Jacob: Winterausstellung der Münchener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0301
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WINTER AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER SECESSION

| mit feinem Aestelwerk, Frühlingswiesen und kannter Blätter sind zusammengebracht worden
I selig verblauende Ferne. Wer dächte da nicht und geben uns ein überwältigendes Bild einer
I an Waldmüllers Prater-Landschaften, die uns schier unerschöpflichen Schaffenskraft, einer
trotz der sogenannten „veralteten Mache" plastischen Porträtierungskunst, eines unge-
' Freude und Wärme ins Herz gießen? Aehn- wohnlichen technischen Könnens. Angesichts
( lieh werden wir vor Arbeiten von Nowak, einer solchen Kollektion erkennt man mit hoher
) Karl Müller und Ludwig Rösch nicht allein Freude, welche von den meisten kaum ge-
( aus motivischen Gründen an R. v. Alt gemahnt, ahnten Möglichkeiten in der edlen Radierkunst
j Ernst Eck, um bei der Reihe der Landschafter liegen, und es ist zweifellos, daß Serien wie
) und Freilicht-Architektoniker zu bleiben, spürt diese der Radierung zahlreiche Freunde ge-
) in den Parken von Schönbrunn und Nymphen- Winnen müssen. Um die Kollektion Schmutzer
I bürg (Abb.S.284) rokokomäßiger Gartenpracht gruppiert sich manches Verwandte: tempera-
nach, Esterle schildert den Hochgebirgswinter mentvolle Radierungen von Jettmar, überaus
mit seinen saftigen violetten Schatten (Abb. feine, humorvolle farbige Holzschnitte von
S. 280), und zwar mit größerer Innigkeit der Walther klemm-Dachau (Abb. S. 288), land-
i Naturanschauung als der Pole Filipkiewicz, schaftliche Holzschnitte von Stoitzner und
I der neben seinen Stilleben ähnliche Motive, Thiemann, groteske Illustrationen von Wacik
I aber mehr aus oberflächlicher Anschauung und allerlei amüsantes Schnitzelwerk von
I heraus, behandelt. Harlfingers „Toblach" Zdrazila, Stolba, Schmoll v. Eisenwerth
I (Abb. S. 271) erinnert mich an die erlesene und Liebenwein.
' Freilichtkunst des alten Hamburgers Wasmann, * *
den man in seiner faszinierenden impressio-
nistischen Wucht erst auf der „Deutschen Jahr- n. HUBERT VON HEYDEN f
hundert-Ausstellung" kennen lernen durfte.
I Von Wasmann gab es damals in Berlin ein Im oberen Stockwerk ist ein Nachlaß aus-
I Bild „Meran" zu sehen, das mit Harlfingers gestellt. Das Lebenswerk eines feinen, deli-
I „Toblach" auffallende innere Zusammenhänge katen Künstlers, der nie sonderlich hervortrat,
I hat... Hohenberger, der eine starke eigene zu dem aber seine Leute, Kenner unaufdring-
) Begabung ist, hat unter anderem ein interes- licher Werte, dennoch ihren Weg fanden. Im
santes Bahnhofbild mit einem kalten, schweren, Tod noch geht es ihm wie im Leben : er haust
rauchgeschwängerten Winterhimmel gesandt abgeschieden für sich, über den anderen, und
(Abb. S. 281), von Sigmundt sieht manneben man muß sechzig Stufen einer engen, unbe-
sonstigen landschaftlichen Arbeiten (meist mit quemen Wendeltreppe emporsteigen, wenn man
dem Einschlag des Erntemotivs) einen „Gemüse- zu ihm kommen will ... Hubert von Heyden,
\ garten", der durch die außerordentlich delika- der von Berlin kam, aber im Laufe mehr als
I ten Grün-Schattierungen unseren Beifall findet, zwanzigjährigen Schaffens in München zum
I Stöhr endlich hat, wie früher, winterliche Münchner wurde, vertrat ein Fach, das nicht
Mondnächte und sommerliche Waldinterieurs zu den populärsten gehört: er war Tiermaler,
mit figürlicher Staffage zur Ausstellung ge- Schweine und Federvieh, Pfauen zumal, malte
schickt. er mit jener sachlichen Liebe, die wir an so
Die Plastik ist nur schwach vertreten: elf manchem Tiermaler alter und neuer Zeit be-
[ Werke von Bacher, Hofmann-Wien, Mestro- wundern. Daß sich Heyden in München nicht
vic und Szymanowski zählt der Katalog auf, so recht durchzusetzen vermochte, daran trug
| und eigentlich nur eines davon, die polychrome, der Umstand schuld, daß ihm die universalere
1 aus Lindenholz geschnittene, rassige „Turan- künstlerische Persönlichkeit Heinrich v.Zügels,
I dot" Hofmanns hat mir einen mehr als mo- des größten Tiermalers dieser Zeit, und später-
mentanen Eindruck vermittelt. hin die mächtig anschwellende, brillante Pha-
Desto imposanter tritt die graphische Kunst lanx der Zügel-Schüler im Lichte stand. Und
in die Erscheinung. Die außerordentliche künst- doch hatte gerade er mit Zügels Kunst manchen
I lerische Persönlichkeit Ferdinand Schmut- Berührungspunkt, vor allem den wichtigsten:
I zers beherrscht hier das Feld. Mehr als die kosmische Anschauung. Auch er malte
| siebzig Radierungen seiner Hand, darunter alle keine simplen Tierporträts, schnitt das Tier
I Hauptwerke: dasJoachim-Quartett, die Reiterin, nicht als Sonderwesen aus seiner Atmosphäre,
I die Bildnisse von Lueger, Heyse, Kainz (Abb. aus der Natur, aus seiner Umgebung heraus.
S. 277), „Chrobak im Hörsaal", aber auch eine Auch bei ihm ist der bestimmende landschaft-
ganze Anzahl kleiner, intimer, nur wenig be- liehe Einschlag erkennbar, und auch bei ihm

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