FRITZ WESTENDORP ABEND AN DER SEINE, PARIS
Große Kunstausstellung Düsseldorf
die kunst der zukunft*)
Zeitgemäße Betrachtungen von Dr. S. Markus, Zürich
Es gab eine Zeit, da schufen die Maler naiv, Man liebt Kraßheiten in Zeiten der Revolu-
weil sie es nicht anders verstanden. Lukas tion. Und der modernen Revolution in der
Cranach ist in gewissem Sinne ein Beispiel, Kunst fehlt es weder an ihnen, noch an ver-
seine überaus kindisch anmutende Lucrezia in derblichen Auswüchsen anderer Art. Allein
der Münchener Alten Pinakothek ein Beleg begehrenswert erscheinen nur noch Bewegung
dafür. Heutzutage schaffen die Maler naiv und Farbe. Aber auch die letztere darf sich
aus Berechnung: weil sie aus der scheinbaren in ihrer wahren Wesenheit nicht zeigen. Exo-
Naivität und Unbeholfenheit Vorteil erhoffen, tische, aufreizende Töne werden in die Natur
Da wird die Form, auch von den besten Zeich- hineingetragen, wie sie das unverdorbene Auge
nern, gewalttätig zerbrochen, mißhandelt und nimmermehr sieht, noch sehen kann, und in
gefälscht. Die Proportionen werden vernach- ihrer willkürlich kühnen Kombination spiegelt
g lässigt, willkürlich verschoben und verrenkt, sich — so heißt es — der Kosmos, die Welt.
Der Ausdruck von Ding und Mensch erleidet In Wirklichkeit nichts, als ein sinnloses, un-
eine überraschend kühne Umbiegung ins Bur- verständliches Chaos, gebraut aus Farbenfetzen,
leske, Groteske, und an die Stelle tausend- Linienstücken, und proklamiert durch ein im-
9 jähriger Anschauungen und Tatsachen treten An- potentes oder durch die wahnsinnig-anmaßende
q maßung und intoleranter Neuschöpfungswahn. Forderung nach absolut Neuem in die Enge
„, . r~.. , .. ... . . getriebenes Künstlervolk.... Als ob es irgend-
) Indem wir diesen Ausführungen unseres Züricher Mitarbeiters 0 , „ .
Raum geben, weisen wir auf die z. T. zu wesentlich anderen Resul- WO Und -Wann im Gebiete der Kunst absolut
taten gelangenden Aufsätze im Septemberheft 1912, S. 543, und im Xt __* , , , . . , • r>rt cc„ ^l
Apriiheft i9i3, s. 292 hin. d. Red. Neues gegeben hatte! Als ob ein Raffael,
541
Große Kunstausstellung Düsseldorf
die kunst der zukunft*)
Zeitgemäße Betrachtungen von Dr. S. Markus, Zürich
Es gab eine Zeit, da schufen die Maler naiv, Man liebt Kraßheiten in Zeiten der Revolu-
weil sie es nicht anders verstanden. Lukas tion. Und der modernen Revolution in der
Cranach ist in gewissem Sinne ein Beispiel, Kunst fehlt es weder an ihnen, noch an ver-
seine überaus kindisch anmutende Lucrezia in derblichen Auswüchsen anderer Art. Allein
der Münchener Alten Pinakothek ein Beleg begehrenswert erscheinen nur noch Bewegung
dafür. Heutzutage schaffen die Maler naiv und Farbe. Aber auch die letztere darf sich
aus Berechnung: weil sie aus der scheinbaren in ihrer wahren Wesenheit nicht zeigen. Exo-
Naivität und Unbeholfenheit Vorteil erhoffen, tische, aufreizende Töne werden in die Natur
Da wird die Form, auch von den besten Zeich- hineingetragen, wie sie das unverdorbene Auge
nern, gewalttätig zerbrochen, mißhandelt und nimmermehr sieht, noch sehen kann, und in
gefälscht. Die Proportionen werden vernach- ihrer willkürlich kühnen Kombination spiegelt
g lässigt, willkürlich verschoben und verrenkt, sich — so heißt es — der Kosmos, die Welt.
Der Ausdruck von Ding und Mensch erleidet In Wirklichkeit nichts, als ein sinnloses, un-
eine überraschend kühne Umbiegung ins Bur- verständliches Chaos, gebraut aus Farbenfetzen,
leske, Groteske, und an die Stelle tausend- Linienstücken, und proklamiert durch ein im-
9 jähriger Anschauungen und Tatsachen treten An- potentes oder durch die wahnsinnig-anmaßende
q maßung und intoleranter Neuschöpfungswahn. Forderung nach absolut Neuem in die Enge
„, . r~.. , .. ... . . getriebenes Künstlervolk.... Als ob es irgend-
) Indem wir diesen Ausführungen unseres Züricher Mitarbeiters 0 , „ .
Raum geben, weisen wir auf die z. T. zu wesentlich anderen Resul- WO Und -Wann im Gebiete der Kunst absolut
taten gelangenden Aufsätze im Septemberheft 1912, S. 543, und im Xt __* , , , . . , • r>rt cc„ ^l
Apriiheft i9i3, s. 292 hin. d. Red. Neues gegeben hatte! Als ob ein Raffael,
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