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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 29.1913-1914

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Heilmeyer, Alexander: Von Münchner Plastik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13092#0152

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ERNST PFEIFER KINDERFIGUREN AUF TREPPENPFEILERN
VON MÜNCHNER PLASTIK
Von Alexander Heilmeyer
I
Es ist schwer zu sagen, was für besondere gerade dieser ausgesprochene Sinn für Ruhe
Umstände bewirkten, daß Plastik und Pia- die Entfaltung des künstlerischen Lebens in
stiker in München heimisch wurden. Weder der Plastik. Für die Künstler bietet sie auf
das Klima noch die Kultur, weder die Sitten jeden Fall den Vorteil, daß sie hier in Ruhe
noch das Volk begünstigten ihre Entfaltung. leben und schaffen können. Ihre Muse hat
Dem Plane Ludwigs I., Münchens Straßen, Zeit, ihre Träume in Marmor reifen zu lassen.
Plätze und Anlagen mit Denkmälern zu Diesem Vorzug des Milieus verdanken wir
schmücken, setzte das Klima ernstliches Wider- jedenfalls das Hiersein bedeutender Plastiker,
streben entgegen. Die rauhe Witterung zwingt welche durch ihr Beispiel und ihre Werke
dazu, Stein und Marmor den größten Teil des einen fruchtbaren Einfluß auf die Werdenden
Jahres in hölzerne Kästen einzuhüllen und so ausüben.
unsern Anlagen das Aussehen von Lagerplätzen Man spricht daher im Auslande kurzweg
für Denkmäler zu geben. Aber nicht nur das von einer Münchner Plastikerschule. In Berlin
Klima auch das Volk widerstrebte dem Hellenis- meint man damit die Hildebrand-Schule. Und
mus. Die Künstler sind dem Volke bei seinen man erzählt sich dort mehr über ihre Macht
capuanischen Neigungen willkommen, beson- und ihren Einfluß als wir hier wissen. Nach
ders wenn sie seine Feste verschönern und ihm dortiger Anschauung bildet die Münchner ^
zu einem fröhlichen Satyrspiel verhelfen. Sonst Schule eine festgefügte Hierarchie mit einem g
aber zeigt das Volk in Sachen der Kunst die Kunstpapst und anhängender Klerisei. Der
gleiche fröhliche Unbekümmertheit wie überall. Akademiker als der mönchische Adept kennt
Vor dem Geist will man „Ruhe" haben. Man natürlich kein anderes Glaubensbekenntnis als
spricht nicht mit Unrecht sogar von einer „könig- das „Problem der Form". Es geht die Sage, daß
lieh bayerischen Ruh". Aber vielleicht begünstigt er in mönchischer Abgeschlossenheit von der

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