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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Plietzsch, Eduard: Die Grosse Berliner Kunstausstellung 1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0047

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OSKAR FRENZEL f

Große Berliner Kanstauistellnng

IM HERBSTWALD

auf den Ausweg, die Ausstellung in zwei Ab-
teilungen zu zerlegen. 300 Bilder und Pla-
stiken wurden in der Zeit vom 22. Mai bis
zum 1. August und die übrigen 300 Objekte
vom 14. August bis Ende Oktober vorgeführt.
Der Besucher fand also eine übersichtliche
Ausstellung vor, die er unter den günstigsten
Lichtverhältnissen ohne Ermüdung besichtigen
konnte. Die Freude würde noch stärker ge-
wesen sein, wenn die Ausstellungsleitung die
Möglichkeit gehabt hätte, unter den Tausenden
von Kunstwerken, die alljährlich zur Verfü-
gung stehen, die 600 besten auszuwählen.
Eine solche Auswahl würde wahrscheinlich
bewiesen haben, daß in der viel angefeindeten
Großen Kunstausstellung zum mindesten eben-
soviel beachtenswerte Arbeiten aus der Masse
herauszufinden sind wie in den kleineren und
gewählteren Ausstellungen anderer Künstler-
gruppen. Gerade in diesem Kriegsjahr mußte
man jedoch darauf bedacht sein, möglichst
vielen Künstlern Gelegenheit zum Verkauf zu
bieten und so schlüpften auch recht mäßige
Arbeiten mit durch. Während diese früher
in dunkle und abgelegene Räume des großen
Ausstellungspalastes versteckt werden konnten,
befinden sie sich in der Akademie in dem

gleichen vornehmen Milieu und unter dem
gleichen klaren Licht wie die guten Objekte
und so treten ihre Mängel um so auffälliger
hervor. Man hatte bei den beschränkten
Raumverhältnissen natürlich auch nicht die
Möglichkeit, die Künstlervereinigungen anderer
Städte geschlossen oder die Werke hervor-
ragender Maler in ehrenden Sonderausstellun-
gen vorzuführen. Die Anordnung der Objekte
geschah lediglich nach dekorativen Prinzipien.

Wenn man in der zweiten Abteilung Paul
Plontkes „Tischgesellschaft" in einem der
mittleren Säle als point de vue aufhing und
auch in der ersten Ausstellung seinem Gemälde
„Das gestreifte Kleid" (Abb. S. 38) einen her-
vorragenden Platz einräumte, so werden in
diesem Falle allerdings nicht nur dekorative
Rücksichten ausschlaggebend gewesen sein.
Beide Bilder verdienen diese Auszeichnung.
Sie sind die geschmackvollen Produkte eines
kultivierten Künstlers, der aus flockigen und
zerfließenden Farbflecken ein weich und ge-
dämpft schimmerndes malerisches Gebilde zu
schaffen versteht. Es ist in diesen Werken
freilich alles so berechnet und klug erwogen,
alles so im Stile alter meisterhafter Malereien
gehalten, daß man nicht ganz froh wird. Wenn

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