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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Plietzsch, Eduard: Die Grosse Berliner Kunstausstellung 1915
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Personalnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0051

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Verve, die Schramm-Zittaus frühere Schilde-
rungen von Federvieh besitzen. Zwei in brei-
ter aufgelockerter Technik gemalte Landschaf-
ten Erich Erlers, die von der dünnen, klaren
Luft des Gebirges durchweht sind, ein herb
und streng gehaltenes Damenbildnis von O.
L. Naegele und Hermann Groebers weich
und flüssiggemaltes Bildeines sitzenden Bauern-
mädchens vor tiefblauem Grunde, dessen Far-
ben frisch und glänzend aufleuchten, sind wei-
tere bemerkenswerte Schöpfungen Münchener
Künstler.

Aus Karlsruhe ist Ludwig Dill mit zwei
stilisierten Landschaften da, deren aparte Zu-
sammenstellung der fahlen Farben und deren
matter Goldton eine vornehme Bildwirkung
ergibt. Hermann Goehlers „Parktreppe■,
die auf breiten Stufen unter vollen runden
Baumgruppen schlanke Figürchen in modischer
Kleidung zeigt, hat die angenehme Augenblicks-
wirkung eines gefälligen Ausstellungsbildes.

Der Aachener August von Brandis zeigt
zwei seiner pastos gemalten dämmerigen In-
terieurs, in denen der Glanz und Schimmer
von Geräten und Leuchtern und die zarten
Halbschatten leicht und luftig wiedergegeben
sind. Ein diskretes Herbstblumenbild von Aen-
derly Moeller, das große Stilleben von Karl
Hentze, auf dem bunte Dinge harmonisch zu-
sammengestimmt sind, und eine frische kleine
Flußlandschaft von Willi Tilke, die die Töne
eines Vorfrühlingstages gut wiedergibt, halten
auch bei häufiger Betrachtung immer wieder
als gute Leistungen stand.

Das beste Bildwerk der Ausstellung, Wal-
ther Schmarj es große Figur eines vorwärts-
stürmenden Trommlers aus der Zeit der Frei-
heitskriege ist unlängst an dieser Stelle (Juniheft
S. 333) abgebildet und von Wilhelm von Bode
gewürdigt worden. Mit feinem plastischen Emp-
finden hat Anton Puchegger die Rundungen
und breiten Flächen eines sitzenden Uhus aus
einem gemaserten Holzblock herausgeschnitten;
die vollen Formen einer nackten „Sklavin" hat
Johannes Götz einfach und klar in Marmor
festgehalten. Die sehr lebendige kleine Bronze-
figur eines sich dehnenden Jünglings von Bern-
hard Sopher sowie Paul Peterichs streng
stilisierte Gestalt einer Frau seien schließlich
noch als beachtenswerte Plastiken erwähnt.

Die Graphik ist ebenso korrekt und „tüch-
tig" wie uninteressant. Paul Herrmanns amü-
santes Kaltnadelbildnis des Radierers Pennell
wirkt hier noch am stärksten. In der ersten
Abteilung war den Lithographien von J. Teich-
mann, die Gruppen von Aktfiguren als Träger
seelischer Stimmungen darstellen, eine ganze
Wand eingeräumt. Man erwies damit diesen

schwächlichen und ziemlich theatralischen
Blättern allzu viel Ehre.

PERSONALNAGHRieHTEN

Jaro Springer f. — Der Kustos am Berliner
Kupferstichkabinett Prof. Dr. jaro springer ist
am 13. August als Hauptmann bei einem Sturm-
angriff im Osten gefallen. Er hatte sich, 59jährig,
bei Ausbruch des Krieges dem Heere freiwillig
wieder zur Verfügung gestellt. Mit Jaro Springer
haben die Berliner Museen eine ihrer markantesten
Persönlichkeiten verloren. Eine Persönlichkeit,
deren menschliche Eigenschaften so scharf und
klar herausgebildet waren, daß man zunächst an
den Mann und dann erst an den Gelehrten denkt,
wenn von Springer die Rede ist. Er war eine
jener herben, kraftvollen Naturen, bei denen sich
Schroffheit des äußeren Wesens mit innerer Güte
verbindet, die rauh und derb, mild und fein zu-
gleich sind. Daß er trotz seiner mutigen Offen-
heit, die keine Rücksichten kannte, nur Freunde
und Verehrer seines Wesens fand, zeigt, wie ehrlich,
sachlich und begründet seine geraden Anschauungen
und seine Meinungen immer gewesen sind. Diese
Schärfe des Urteils und seine Feinheit des Emp-
findens befähigten ihn in hohem Maße zum Kunst-
historiker. Wenn er trotz dieser Anlagen auf
kunsthistorischem Gebiete nicht allzu produktiv
v/ar, so lag dies hauptsächlich daran, daß ihm
seine vielseitige Tätigkeit am Kupferstichkabinett,
wo er auch beständig mit dem Publikum beratend
in Beziehung trat, die Muße zum Schaffen raubte.
Hier am Berliner Kupferstichkabinett, wo er seit
mehr als 30 Jahren ununterbrochen tätig gewesen
ist, bildete er sich zu einem hervorragenden Kenner
der älteren, insbesondere der deutschen Graphik
aus. Von seiner Tätigkeit als Forscher zeugen
unter anderem Bücher über Dürer und über die
französischen Stecher des 18. Jahrhunderts. Von
seinem unvollendet gebliebenen Hauptwerke, einer
Publikation der Arbeiten des altholländischen Maler-
Radierers Hercules Seghers, liegen zum Glück
die wichtigsten Bände schon vollendet vor. Wer
Springer erstim letzten Jahrzehntpersönlich kennen
lernte, der erfuhr wohl eines Tages zu seiner
großen Verwunderung, daß Springer in jungen
Jahren ein begeisterter und heftiger Vorkämpfer
der damaligen modernen Kunst gewesen ist. Diese
Tatsache mußte insofern überraschen, als er schon
seit längerer Zeit den künstlerischen Aeußerungen
unserer Tage ohne Anteilnahme gegenüberstand.
Als vor ca. drei Jahrzehnten Liebermann, Klinger
und viele andere heute längst anerkannte Künstler
für ihre Werke noch kein Verständnis fanden, da
war Jaro Springer einer der Ersten, der ihre Be-
deutung erkannte und der in dieser Zeitschrift mit
temperamentvollen Aufsätzen für sie eintrat.

KÖLN. Am 10. August starb im Alter von 57
Jahren, unerwartet, infolge eines Schlaganfalls,
der Kölner Bildhauer Wilhelm Fassbinder, der
in Köln und darüber hinaus im westlichen Deutsch-
land durch zahlreiche Denkmäler sich einen guten
Namen geschaffen hat. Erwähnt seien außer wohl-
gelungenen Porträtbüsten namentlich seine verschie-
denen Grabmonumente auf den Kölner Friedhöfen,
ferner das Kriegerdenkmal in Bernkastel, das Kaiser
Wilhelm-Denkmal für den Kreis Heinsberg, das
Denkmal für die Gefallenen des Klöppelkrieges für
den Eifelverein in Gerolstein, sowie der Markt-
brunnen für Kaiserslautern in der Pfalz. a. f.

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