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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

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Roessler, Arthur: Josef von Divéky
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JOSEF VON DIVEKY

Von Arthur Roessler

l'^Vj^Wm^1? A enen' die, aus Neigung
WjßSC H^SjRj oder Beruf, darauf achten,
%r^^mvfW>ml °^ em neuer Künstler be-
-~<x^P\/*fe«$?1 merkbar wird, war Diveky
k^V"^ \ rttu 8leicn bei seinem ersten
sTiV-<;^ßs.\ v2 öffentlichen Auftreten als
$ Ak>s^Bj^ V?ß Zeichner kleiner unzer-
fec=201JBLZiVcS? reißbarer Bilderbücher,
die im Verlag der „Wiener Werkstätte" erschie-
nen, angenehm aufgefallen. Das kunstliebende
Publikum Deutschlands hatte jedoch seithernur
wenig Gelegenheit gehabt, Divekys Werk in sei-
nem bisherigen Umfanggenügend kennen zu ler-
nen und sich darüber eine begründete Meinung
zu bilden, weil der Künstler von den Gebieten,
auf denen man ihn treffen zu können wähnte,
eben so oft verschwand, wie er unerwartet
auf andern auftauchte. Er hat Plakate gezeich-
net, figurale Glasfenster-Entwürfe geschaffen,
Schriften, Zierleisten und Schlußstücke für
Gießereien entworfen und Stoffmuster für
Webereien, für Witzblätter gearbeitet, eine An-
zahl Exlibris hervorgebracht, und was derlei
graphische Kleinarbeit mehr noch ist. Jahre-
lang hielt man ihn deshalb für einen überaus
geschickten Kunstgewerbler, der, wohl wie die
meisten seiner Schulgenossen, nach einigen
Versuchen und unentschiedenem Umhertasten,
als für die Dekoration besonders begabtes Ta-
lent, den Anschluß an die Nahrung verheißende
Krippe der Handwerkskunst suchen und finden
würde, und man fand diese Annahme schein-
bar bestätigt durch das Verhalten unterneh-
mender Verleger und Leiter graphischer An-
stalten, die man bemüht sah, ohne zu zögern
sich Diveky vertraglich zu verpflichten, wenn
ihnen die Möglichkeit dazu geboten war. Aber
dieser Glaube war irrig. Diveky ließ sich
zwar vom Klang des gemünzten Goldes ein
paarmal verlocken, seine Kraft zu verkaufen,
blieb jedoch nie lang in der Fron, denn es
trieb ihn immer wieder dazu, den Dienst auf-
zukündigen, sich unbelastet, frank und ge-
lüstig zu fühlen, neuen Abenteuern zu be-
gegnen.

Die Abenteuer blieben, nebenbei bemerkt,
nicht aus, vielmehr ward Diveky oft genug
durch seinen Hang zum romantischen Schwei-
fen, zur Ungebundenheit, in tatsächliche Aben-
teuer verstrickt, bis ihm, der mittlerweile
glücklicher Gatte und Vater geworden war,
die Abenteuerlust verging. Sie wandelte sich
für ihn zum Thema, das er in zwölf köstlich

gezeichneten Monatsbildern eines Almanaches
mit guter Laune und eben solchem Gelingen
selbstironisierend travestierte.

Josef von Diveky ist 1887 zu Farmos in
Ungarn geboren, als einziger Sohn eines
Kabinettskanzlei-Beamten des Kaisers Franz
Josef. Seine Eltern sind Ungarn, gleichwohl
fließt in seinen Adern von den väterlichen
Vorfahren her auch deutsches Blut, das im
Verein mit der deutschen Schule und Er-
ziehung, die er in Wien genoß, bestimmend
auf sein Wesen wirkte.

Künstler wurde Diveky, nicht weil sein
Vater oder ein aus Liebhaberei auf die Ent-
deckung von Talenten ausgehender Onkel oder
Freund der Familie es gewünscht, auch nicht
weil er selbst es gewollt, sondern weil ihn die
Natur dazu erkoren hatte. Auf durchaus ein-
fache Weise wurde er demnach Künstler, auf
die allereinfachste, die man sich denken kann,
gleichsam von selbst, wie die Frucht wächst
und wird. Zu zeichnen begonnen hatte Di-
veky bereits in früher Kindheit, und die Zeich-
nerei ist ihm die liebste Beschädigung geblie-
ben, der er sich heute noch, so oft er kann,
mit nie erlahmender Liebe und Ausdauer hin-
gibt. Dabei war stets die Linie das von ihm
bevorzugte künstlerische Ausdrucksmittel.

Aus Laune war Diveky zeitweilig hinter
verschiedene Masken geschlüpft, unter denen
er seine üppig erfinderische Phantasie und sei-
ner ungemeinen Fähigkeit der drastischen Ge-
staltung ungehemmte Tummelfreiheit gewährte.
An der Wiener Kunstgewerbeschule (wo sein
Lehrer Prof. Bertold Loeffler war, der seiner-
seits an der gleichen Anstalt Prof. Kolo Moser
zum Lehrer hatte) begab es sich, daß er so-
zusagen mit der Hand seines Lehrers zeich-
nete, zu dessen ein wenig peinlicher, der Mit-
schüler ein wenig belustigter und seiner eige-
nen Verwunderung.

Mit einer reichen Begabung begnadet, hat
Diveky niemals ängstlich darauf bedacht sein
müssen, wie er es anzustellen habe, um seine
Eigenart zu bewahren, sie in seiner Arbeit
deutlich zum Ausdruck zu bringen, denn ihre
Stärke brach sich von selber durch. Fast kein-
mal mit einer beendeten Arbeit zufrieden, hat
sich Diveky doch nie mit der umständlichen
Umformung oder der tüftelnden Ausbosselung
aufhalten können, weil sich in ihm die Ein-
fälle in Massen drängen und nach zeichne-
rischer Gestaltung heftig verlangen. Die Menge

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