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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 37.1921-1922

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Landschaftszeichnungen von Rolf von Hörschelmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.14154#0244

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ROLF VON HÖRSCHELMANN

BAUERNHOF

LANDSCHAFTSZEICHNUNGEN VON
ROLF VON HÖRSCHELMANN

In den jüngsten Jahren entstandene Landschafts-
zeichnungen Hörschelmanns heben sich gegen-
ständlich von seinen Buchzeichnungen, welche
erzählend oder schmückend ihren Sinn vollenden,
als freie Naturschilderungen ab. Sie fordern ge-
sonderte Betrachtung. Ihre Wertung aber kann
nur innerhalb einer Gesamtvorstellung vom
Wesen des Hörschelmannschen Darstellens er-
folgen.

Hörschelmann ist in erster Linie und von
Natur Illustrator. Doppelte Begabung bringt
er hierfür: er ist zeichnend ein Erzähler, und
seine graphische Handschrift findet sicher die
Verbindung mit Seite und Buchstaben. Diese
Vorzüge trafen bei ihm zusammen mit echter
Neigung zum Bearbeiten des Holzstockes.
Man dankt ihm nennenswerte Mitarbeit an
der Förderung des Originalholzschnittes in den
letzten zehn Jahren. Das Strichwerk seiner
Illustration ist zuverlässige Formulierung des
künstlerischen Vorstellens; diese Liniatur er-
kaltet nicht im artistischen Schema, sondern
bleibt Maß und Gestaltung persönlichen Lebens.
Seine Phantasie ist von einer sehr eigenen
Mengung natürlicher und erdachter Dinge ge-
speist: die Eindrücke der gottesfreien Natur
mischt er zusammen mit deren Spiegelbildern
in Dichtung und Bild. Er reagiert auf die ge-

heimen Triebkräfte, wie sie sich in der land-
schaftlichen Erscheinung äußern und be-
geistert sich kaum weniger an dem reinen
künstlerischen Niederschlag, den solch natur-
haftes Urweben im Liede, im Märchen, in
zeichnerischem Abbild erfahren hat. Seine lite-
rarischen Kenntnisse und antiquarischen Nei-
gungen, die ihm Jahrhunderte der Dichtung
gegenwärtig machen und ihn die Graphik von
ihren Anfängen an als lebendige Ganzheit er-
scheinen lassen — sie sind ihm Lebensbedürfnis
und bestimmen sein Schauen.

In seinen Illustrationen gibt es knorrige
Wurzeln und phantastisch verschlungene Äste;
wir empfinden Zusammenhänge mit deutschen
Zeichnern des 16. Jahrhunderts vom Schlage
Lautensacks. Er zeichnet die drei Weisen aus
dem Morgenlande, denen der Stern ihren Weg
weist, und trifft dabei den Stil der erzähle-
rischen Buch-Holzschnitte-des 15. Jahrhunderts.
Wo es recht abenteuerlich raunt in den Zweigen,
Wichtel über den Weg laufen und spukhafte
Kater mit spiraligen Schweifen auf den dunklen
Ästen erscheinen, da hält er's mit den Besten
der Märchenzeichner des ig. Jahrhunderts. Die
seines Geistes waren, sind ihm lebendiger, zu-
verlässiger Besitz, mit dem er selbständig zu
schalten weiß. Das literarisch Erlebte ist ihm not-

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