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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 39.1923-1924

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Neue Kunstliteratur
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ROLF SCHOTT

SORRENT (ZEICHNUNG)

NEUE KUNSTLITERATUR

Belgische Kunstdenkmäler. Her-
ausgegeben von Paul Clemen. — Verlag F. Bruck-
mann. München. 1923.

An dieser Stelle darf ein wissenschaftliches
und buchkünstlerisches Unternehmen ersten Ran-
ges einen kurzen Hinweis beanspruchen, wenn es
auch ausschließlich der Erforschung historisch
gewordener Kunst dient. Bietet es doch in Text
und Bild eine Fülle von Anregungen für alle Pro-
bleme der freien wie der angewandten Kunst.
Die „Belgischen Kunstdenkmäler", die Paul Cle-
men im Verlage F. Bruckmann in München ver-
legt, geben einen Querschnitt durch die Kunst
Belgiens, der hier nur in seinen wesentlichen Zü-
gen angedeutet werden kann. Ein Eingehen auf
den erstaunlichen Umfang des wissenschaftlichen
Materials muß den einzelnen Fachgelehrten schon
aus dem Grunde vorbehalten bleiben, weil fast
jedes Blatt der beiden Bände eine minutiöse De-
tailkenntnis des Stoffes voraussetzt. Das um-
fängliche Wissen und die exakte Arbeitsmethode
deutscher Gelehrter vom Range des Herausgebers
und seiner 24 Mitarbeiter, unter denen klang-
vollste Namen der älteren Generation wie Gold-
schmidt, Friedländer, Hamann und die hoffnungs-
vollsten der jüngeren wie Baum, Creutz, Glück,
Grisebach, Kehrer, Hensler und Wilhelm Köhler
sich befinden, hat hier ein Standardwerk deut-
scher Kunstwissenschaft und ein Kompendium
belgischer Kunstgeschichte geschaffen, das zu-
gleich ein würdiges Denkmal deutscher Kulturge-
sinnung im Zeitalter des Weltkrieges ist.

Freie Kunst, monumentale Dekoration und
Kunsthandwerk geben über das historische und
wissenschaftliche Interesse hinaus einen syste-
matischen Begriff von der restlosen Durchdrin-
gung einer tausendjährigen Kultur mit künstle-
rischen Intentionen. Vom Buchschmuck karo-
lingischer Miniaturen bis zur weltgestaltenden

Bildkunst des P. P. Rubens, von der Goldschmie-
dekunst der Maaswerkstätten bis zu den Riesen-
bauten der Kathedralen, vom Einzelschnitzwerk
in Holz bis zum bautenfüllenden plastischen Zy-
klus ergibt sich im Großen wie im Kleinen die
monumentale Ganzheit eines speziellen Kunstkör-
pers, in dem sich germanische und lateinische
Rasse mischen. Hier liegt ein kunstwissenschaft-
liches Quellenwerk vor, dessen größter Wert aber
darin besteht, daß es die objektiven Möglichkeiten
künstlerischen Schaffens an den Beispielen über-
zeugendsten Gelingens veranschaulicht. Vom
Standpunkt aktueller künstlerischer Bestrebungen
verlohnt es sich eines ausdrücklichen Hinweises
auf die belgische Glasmalerei, die Teppichkunst
und vor allem auf die architektonischen, städte-
baulichen und raumkünstlerischen Lösungen, die
in Belgien gefunden wurden. In diesem Zusam-
menhange werden die Untersuchungen Clemens
über Lancelot Blondeel, dessen Genie dekorativer
Gesinnung einzigartige Gesamtwirkungen hervor-
brachte, oder Mylius* Arbeit über die „Parkabtei
bei Löwen" und Vogts „Flandrisches Wohnhaus",
wie Wachs „Flandrische und brabantische Was-
serschlösser" die willkommensten Aufschlüsse
über das in einem historischen Ablauf Erreichte
gegenwärtiger Probleme gerade für den bieten,
der von den verwandten Aufgaben und Forde-
rungen unserer Zeit erfüllt ist. Dem brennenden
Problem der Stadtbaukunst bieten sich in Fle-
sches ausgezeichneter Darstellung der „städtebau-
lichen Entwicklung der Stadt Brügge" grund-
sätzliche Gedanken, die über historisch Feststell-
bares hinaus geeignet sind, praktisch maßgebende
Einsichten für die moderne Aufgabe — aufzu-
decken. Den Rahmen dieser überlegten und ihren
Zwecken in ästhetisch wohltuender Weise ent-
sprechenden Stadtanlagen füllen bürgerliche Bau-
ten aus, deren künstlerische Schönheit und ge-
brauchsmäßige Vollkommenheit Schmid-Burgks
„Mittelalterliches Bürgerhaus" trefflich darlegen.

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