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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 39.1923-1924

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Nasse, Hermann: Zur zweiten Jubiläumsausstellung des Kunstvereins München
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https://doi.org/10.11588/diglit.14151#0359

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ZUR ZWEITEN JUBILÄUMSAUSSTELLUNG DES KUNST-
VEREINS MÜNCHEN

Diese zweite Abteilung unseres Jubilars brachte
Münchner Malerei von 1850 —1875, Der
Katalog betont, daß sich die Kunstvereins-
leitung die Aufgabe stellte, in Parallele zur
großen Ausstellung der Staatsgalerie, in der
die Kunst des ganzen Reiches zu Worte kommt,
die „örtliche Münchner Kunstentwicklung" zu
zeigen. Daß hierbei der intimen Studie der
Vorzug gegeben wurde, daß man sich nicht
allzu ängstlich an die zeitliche Begrenzung
gebunden hatte, ist nur zu loben. Denn da-
durch hat die Ausstellung an Qualität und an
Übersichtlichkeit sehr gewonnen. Wer große
Schlager erwartet hatte, mußte enttäuscht wer-
den. Um so reizvollere Genüsse erfreuten den
Kenner und alle, die Sinn haben für gepflegte,
kultivierte Malerei und Tradition. Gerade die
völlig anspruchslosen, in ihrer ruhigen Ton-
wirkung so stillen Bilder kleinsten Formates
gehören zum Besten des seit langem öffentlich
Gebotenen. Und unter dem Besten überwog,
fast selbstverständlich für diese Stadt und die-
sen Zeitraum, die Stimmungslandschaft. Herein-
genommen von der ersten Ausstellung erschien
noch einmal „Des Sängers Fluch" von Ph.Foltz,
um dessen Schule nun ebenfalls zu Worte
kommen zu lassen. Aber die Schüler, wie Roegge
und Vollmar enttäuschten. Wie ja Foltz selbst
mit seinem Pfunde nicht zu wuchern verstand.
Leibi und Böcklin muß man an anderen Orten
studieren. Der einzige ausgestellte Leibi, der
„Junge Mann" von 1869 befremdete ein wenig
ob seiner merkwürdig bunten Haltung, noch
mehr aber Böcklins „Hirtenknabe" ob seltsam
verblasener flauer Farben.

Schleich war teilweise prachtvoll vertreten,
ebenso Lier z. B. mit einem scharfen, bunten
„Jagdschloß" von 1865, mit einem „Vorgebirgs-
bild", das an Seidel gemahnte, mit einer schwe-
ren dunkeltonigen „Abendstimmung im Moos".
Sein „Aufziehendes Gewitter in den Bergen" er-
mangelte jedoch eigentlicher dramatischer Ge-
staltungskraft. Von den Schleich-Schülern in-
teressierte L. Gebhardts „Oberbayerische Land-
schaft", weit mehr aber August Seidels „Heim-
kehrende Herde" und anderes von diesem
Meister, der indessen noch Charakteristischeres
schuf. K. Wimmer mit einer poesievollen Land-
schaft mag noch genannt sein. Zur engsten
Lierschule gehörte der hoch begabte Bechtols-
heim, dessen hervorragende Bedeutung aber
nicht völlig anschaulich wurde. Auch Otto
Frölicher hätte wohl stärker und besser ver-

treten sein können. Eine männliche und mit
großer Empfindung gemalte Arbeit war Po-
schingers „Starnbergersee von Berg aus ge-
sehen". Schönlebers „An der Riviera" von 1886,
seine tonig aufs Delikateste abgewandelte „Studie
italienischen Straßenlebens", sein weich aber
bestimmt und sorgsam durchgemaltes „Schloß
Montefino" boten Allerbestes. Stäbli wirkte mit
dem dunkel-tonigen schweigenden „Waldrand"
geschlossener und edler als in großen Formaten,
von Wenglein war Vorzügliches, dunkel und
silberhell klingend, zur Stelle. Auch die Land-
schafter R. Zimmermann, Neubert, Stephan und
Ebert, des ersteren Schüler, seien genannt.

Nicht alles von Piloty hat für die Gegen-
wart noch Bedeutung. Sein Ruf als Lehrer
und als Begründer unserer historischen Malerei
bleibt ungeschmälert. So erhellte auch sein aus-
gesprochener sicherer Kolorismus aus allen
ausgestellten Bildern. Eine ganz kleine „Figuren-
studie" von ihm und auch ein ernster „Studien-
kopf" dürfen unbedenklich köstliche Malerei
genannt werden. Ein zweiter, als Lehrer un-
bedingt nicht zu unterschätzender, war Ramberg.
Seine Studien zu seinen bekannten Klassiker-
Illustrationen, waren nicht ganz so empfindsam,
süß, wie deren Ausführung. Zur Pilotyschule
rechnet Faber du Faure mit respektablem Kom-
positionstalent, aber etwas dumpfer Färbung.
Gysis' „Bildnis des Vaters" wirkte etwas ab-
sichtlich neben stilleren Arbeiten dieses Griechen.
Von Habermann und Hackl, den noch lebenden
Schülern Pilotys, sah man Treffliches, so vor
allem Habermanns flotten „Studienkopf". Lan-
genmantels kleine Studien waren voll leuchtender
farbiger Klangschönheit, Makart verblüffte.
Liezen-Mayers „Burgfräulein", Lossows „Akt-
studie" mit Corot-Anklang und Szinyei-Merse
verdienten Beachtung. L. von Hagns lauschiger
„Schloßpark", zwei weiche flüssige Studien
ebenso. Von A. Keller, der bei Ramberg lernte,
entzückte neben Bildnissen das „Klavierkonzert",
ein ganz frühes Bild. Sperl, der mehr zu Leibi
gehörte, erfreute mit der delikaten farbigen Ton-
schönheit der „Unterhaltung". Marees „Reiterei
im Kampf" von 1860 prägte noch einmal die
Erinnerung an dessen Lehrzeit bei Steffeck ein.
Zum Clou des Ganzen gehörten herrliche Spitz-
wegs, z. B. dessen lichtdurchfluteter „Waldweg",
die breit und zügige humorvolle „Huldigung",
der schimmernde „Empfang der Hoheiten" und
das gleich geschliffenen Edelsteinen leuchtende
„Picknick". Seit der Pariser Reise war Spitz-

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