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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 44.1928-1929

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Nathan, Fritz: Neues von deutscher Kunst aus der Zeit 1780-1850
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https://doi.org/10.11588/diglit.14159#0259

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diesem Zeitraum stammen einige Porträts teils
mit landschaftlichem Hintergrunde, die sich
die Galerien von München, Hannover und
Dresdenin den letzten Jahren zu sichern wußten.
Noch seltener ist es, daß nennenswerte Arbei-
ten von Joseph Anton Koch neu auftauchen.
Wohl kam hin und wieder eine Zeichnung oder
ein Aquarell zur Kenntnis, daß aber ein großes
Werk neu aufgefunden wurde, war jahrelang
nicht der Fall. Um so interessanter ist es, daß
in den letzten Jahren auch hier zwei sehr be-
deutende Werke auftauchten, deren eines sich
die Osterreichische Staatsgalerie sicherte, wäh-
rend ein zweites, „Die Serpentara bei Olevano"
deren Abbildung hier beigefügt ist, jetzt eine
große Berliner Privatsammlung ziert. Uber
Caspar David Fried rieh, der in den letzten Jahren
wohl von all den Meistern, die hier in Frage
stehen, das größte Interesse auf sich zog und
dessen Werken von verschiedenen Seiten mit
großer Hingebung nachgeforscht wurde, sind
ebenfalls eine Reihe von Arbeiten neu zur
Kenntnis gelangt. Auch hier haben Museen
^Stuttgart, Düsseldorf, Halle) und Privatsamm-
lungen dieseStückeihrem Bestandehinzugefügt.
Von Ferdinand von Olivier, von dem man bis
vor wenigen Jahren kaum ein Dutzend Ölbilder
nachzuweisen in der Lage war, sind ebenfalls
in letzter Zeit einige Arbeiten aufgetaucht. So
gelang es vor wenigen Jahren erst der National-
galerie in Berlin, ein kleines, sehr reizvolles Bild
des Meisters zu erwerben, und auch auf der
Lübecker Ausstellung des Overbeck-Kreises
fand sich ein Ölbildchen aus Berliner Privat-
besitz, das bisher so gut wie unbekannt geblieben
war. Nun sind in neuerer Zeit noch zwei kleine,
äußerst reizvolle Bildchen Oliviers gefunden
worden, beide aus dem Jahre 1825 stammend,
die sich jetzt in zwei verschiedenen Berliner
Privat-Sammlungen befinden. Zu dem einen
dieser Bilder, einem „Heimweg vom Felde",
fand sich eine Zeichnung in der Wiener Aka-
demie, während das zweite, „ Szene am Brunnen",
dessen Abbildung liier gezeigt wird, eine gänz-
lich unbekannte Bereicherungunseres bisherigen
Wissens über den Künstler darstellt. Bei die-
ser Gelegenheit ist noch über das stark ver-
mehrte Interesse zu berichten, das sich für
Werke deslangeZeit ungenügend eingeschätzten
Münchner Porträtisten Edlinger zeigt, während
Arbeiten von Wilhelm Kobell, Wagenbauer,
Bürkel schon lange ihren Liebhaberkreis ge-
funden hatten. Seitdem die rührige Leitung des

Fleidelberger Museums durch die 1926 stattge-
fundene Ausstellung von Werken Carl Philipp
Fohrs und die 1927 gefolgte Ausstellung Ernst
Fries* einem großen Publikum sinnfällig zeigte,
wie sehr diese Künstler ein weites Interesse ver-
dienen, hat sich hierfür, wie auch für den dritten
des Heidelberger Kreises, Karl Roltmann, eine
immer großer werdende Gemeinde eingefunden.
Daß für die seit jeher hochgeschätzten Naza-
rener, insbesondere die Mitglieder des Lukas-
Bundes, das Interesse wach geblieben war, ist
ebenso freudig festzustellen, wie die unvermin-
derte Liebe, die sich für die Werke der Spät-
romantiker, Schwind, Richter und Spitzweg
kundgibt. Erfreulich ist es, daß auch weniger
bekannte Künstler wie Hackert, Catel, Brandes,
ReinholdinMuseen ihrenEinzuggehalten haben,
und es steht zu hoffen, daß sich in absehbarer
Zeit allgemein die Erkenntnis durchsetzt, daß
gerade in den Arbeiten der geschilderten Art
ein besonders eigenartiges, reizvolles und für
die deutsche Kunst typisches Sammelgebiet
gegeben ist. fn all den alten Kulturzentren
finden sich Kreise, welche zielbewußt und
streng begrenzt das Gute aus dieser Zeit zu-
sammenzuhalten und neu zusammenzufügen
bestrebt sind, so in Berlin, wo die Meister der
Vor-Menzelschen Zeit, wie Gärtner, Krüger,
Blechen, Steffeck, Hosemann, ihre Gemeinde
haben, in Dresden, wo neben C. D. Friedrich
Carus, Dahl, Kersting, Oehme, Gille neue
Freunde fanden, in Düsseldorf, wo Dank der be-
sonderen Initiative Dr. YS alter Cohens liebevoll
die Werke der Rehbenitz, Ramboux, Niederee
gesammelt werden, in Hamburg, wo Rohden,
Wasmann, Runge, Speckter, Oldach, Genzier
dominieren, in München, wo unter Vorantrilt
von Geheimrat Doernhöffer, Dr. Hanfstaengl
und Professor Uhde-Bernavs in den letzten Jah-
ren mit viel Erfolg gezeigt wurde, welch hohe
Werte in den Arbeiten von Kobell, Dillis, Dor-
ner, Wagenbauer schlummern, aber auch in
den kleineren Zentren, in Stuttgart, Karlsruhe,
Frankfurt, und nicht zuletzt in dem auch hier
der deutschen Kulturwelt so eng verbundenen
Wien ist viel geleistet worden, das jetzt allmäh-
lich reiche Früchte zu tragen beginnt. Dank all
diesen heute im Fluß befindlichen Bewegungen
ist anzunehmen, daß in absehbarer Zeit das uns
heute gegebene Gesamtbild noch erweitert und
abgerundet werden kann, so daß in kurzem ein
vollständiger Uberblick über diese Zeit in ein-
deutiger WTeise vorhanden sein wird. Dr.F.N.

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