DOI Artikel:
Geibel, Hermann K.: Etwas über das Bildhauern
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.14160#0392
HERMANN GEIEEL. PANTHERGRUPPE
ETWAS UBER DAS BILDHAUERN
VON HERMANN GEIßEL
Hier werden einige neuere Arbeiten von mir ab-
gebildet und es kommt mir recht sonderbar vor,
sie so fotographiert zu sehen, als wären sie von
einem andern und als wäre nun nichts mehr an
diesen Figuren zu ändern. Denn „fertig" ist
man ja eigentlich niemals. Darum die gewisse
Angst vor Aufträgen. Da muß jede Arbeit fertig
gemacht werden, noch dazu in einem bestimm-
ten Zeitraum. Und hernach sind solche Gruppen
in Erz gegossen und schwimmen auf der Europa
über den Ozean davon. Nichts läßt sich mehr
ändern oder noch schöner machen. Die vielen
Menschen, welche diese Gruppen sehen, werden
die Körper und Gesichter dieser Jünglinge und
Mädchen kritisieren, werden sich vielleicht auch
dran freuen, daß die Knaben so in ihr Musi-
zieren versenkt sind und daß das Tanzmädchen
sich schmückend schon den Klängen hingegeben
zu sein scheint, — aber wenige werden das räum-
liche Erlebnis haben, das ich hatte und das mir
kostbar war, als ich diese Gruppen schuf. Die
Aulgabe, je zwei bewegte jugendliche Körper
auf wenig tiefer Basis so zusammenzulügen, daß
bei aller scheinbaren Freiheit des Einzellcibes
doch je ein Ganzes aus Massen und Flächen ent-
steht, ist schwer.
0, weiser Hildebrandt, wie tief ist deine Lehre
von den Ebenen, wenn man sie zu begreifen
beginnt! Die Frage, ob rauhe oder glatte
Oberfläche, ob eckige oder gerundete For-
men, ob schlanke oder plumpe Proportionen,
werden zu Fragen zweiten Grades, wenn wir
erst einmal die Y\ ürde des plastischen Raumes
geahnt und den großen Anspruch gefühlt
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ETWAS UBER DAS BILDHAUERN
VON HERMANN GEIßEL
Hier werden einige neuere Arbeiten von mir ab-
gebildet und es kommt mir recht sonderbar vor,
sie so fotographiert zu sehen, als wären sie von
einem andern und als wäre nun nichts mehr an
diesen Figuren zu ändern. Denn „fertig" ist
man ja eigentlich niemals. Darum die gewisse
Angst vor Aufträgen. Da muß jede Arbeit fertig
gemacht werden, noch dazu in einem bestimm-
ten Zeitraum. Und hernach sind solche Gruppen
in Erz gegossen und schwimmen auf der Europa
über den Ozean davon. Nichts läßt sich mehr
ändern oder noch schöner machen. Die vielen
Menschen, welche diese Gruppen sehen, werden
die Körper und Gesichter dieser Jünglinge und
Mädchen kritisieren, werden sich vielleicht auch
dran freuen, daß die Knaben so in ihr Musi-
zieren versenkt sind und daß das Tanzmädchen
sich schmückend schon den Klängen hingegeben
zu sein scheint, — aber wenige werden das räum-
liche Erlebnis haben, das ich hatte und das mir
kostbar war, als ich diese Gruppen schuf. Die
Aulgabe, je zwei bewegte jugendliche Körper
auf wenig tiefer Basis so zusammenzulügen, daß
bei aller scheinbaren Freiheit des Einzellcibes
doch je ein Ganzes aus Massen und Flächen ent-
steht, ist schwer.
0, weiser Hildebrandt, wie tief ist deine Lehre
von den Ebenen, wenn man sie zu begreifen
beginnt! Die Frage, ob rauhe oder glatte
Oberfläche, ob eckige oder gerundete For-
men, ob schlanke oder plumpe Proportionen,
werden zu Fragen zweiten Grades, wenn wir
erst einmal die Y\ ürde des plastischen Raumes
geahnt und den großen Anspruch gefühlt
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