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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Wilm, Hubert: Hans Leinberger zum Gedächtnis
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Unold, Max: Das Aquarell, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0384

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Zeitgenossen erweisen die eigenhändigen Y\ erke
Leinbergers so recht ihre bewundernswerte
Eigenart: die Kühnheit und Freiheit seiner
künstlerischen Erfindungsgabe, die Einmalig-
keit der von ihm gestalteten menschlichen
Tvpen,. der monumentale Zug in allen seinen
Gestalten., die samt und sonders als tempera-
mentvolle Vertreter eines wahrhaft edlen, ras-
sigen Menschenschlags erscheinen, die unerhörte
Geschicklichkeit in der technischen Behand-
lung des Schnitzholzes, das unter seinen Händen
zu einem sprühenden, unvergänglichen Leben
erwacht.

Vor den hehren Gestalten des Moosburger Altars
( die in der Landshuter Ausstellung leider nicht
gezeigt werden konnten), vor der monumen-
talen Muttersottes von St. Martin in Landshut,
vor der kleinen Bronzemadonna aus dem Moos-
burger Bathaus und dem reifen Spätwerk, der
Muttergottes von Polling, wird der gewaltige
Umfang der künstlerischen Existenz Hans Lein-
bergers schaubar. Wo der Ursprung dieser
Kunst zu suchen ist, ob in einer lokalen Bild-

schnitzerwerkstätte, ob in einer Y\ erkstätte der
Maler der Donauschule oder — was ich eher
glaube — in einer Schnitzerschule mit streng
Erotischer Anschauung, das ist heute noch nicht

c c -

klargelegt, das hat uns auch die Landshuter
Ausstellung nicht lehren können. Wenn es
wahr ist, daß der überlebensgroße Kruzifixus
von i'i95 in der Landshuter Martinskirche in
einer Falte des Lendentuchs das Monogramm
HL eingeschnitzt trägt*,), dann muß es möglich
sein, zu diesem vermutlichen Jugendwerk Lein-
bergers noch eine Beihe gleichzeitiger Arbei-
ten aufzufinden und so die Anfänge von Lein-
bergers Stil viel klarer aufzuzeigen als dies bis-
her geschah. Gleichviel, eines wissen wir schon
heute: daß wir den Landshuter Meister getrost
den größten deutschen Künstlern der Spät-
gotik zurechnen, daß wir ihn neben Matthias
Grünewald und Veit Stoß stellen dürfen.

Hubert AVilm

*) Vgl. nieinen diesbezüglichen Hinweis in YYilm, Go-
tische Charakterköpfe, München. F. Bruckmann AG., 1925,
Seite 26.

DAS AQUARELL

(Fortsetzung von Seite 351}

gutes Papier so widerstandsfähig gegen die Zeit
ist wie gute Leinwand, daß lichtbeständige
Wasserfarben in hauchdünner Verwendung auch
unter tropischem Klima nicht verändert wur-
den, während Öle, Harze und Firnisse die Ver-
gänglichkeit menschlichen Werks durch Nach-
dunkeln, Bisse und Sprünge bezeugen können.
Gewiß wäre es lächerlich, die W esentlichkeit
des Ölbildes, das als abgeschlossenes Besultat
zeitlich längerer Bemühungen, ausgedehnterer
Überlegungen das reife Ergebnis zahlreicher

CO c

schöpferischer Momente verkörpert, herabzu-
setzen. Man sollte nur über diesen Vorzügen die
besonderen Qualitäten des Aquarells nicht un-
terschätzen, das im Stofflichen wie im Formalen
nur eine wirkliche Grenze hat, das Format: es
kann eine gewisse Größe nicht überschreiten,
ohne sich gegen die ihm innewohnenden Ge-
setze zu versündigen. In allem Übrigen, in allem
rein Künstlerischen sind ihm keine Schranken
gesetzt. Es darf die oben geschilderte Tendenz
zum Momentanen so weit verfolgen, daß es seine

Verwandtschaft mit dem „Hingeschriebensein"'
der Graphik deutlich verrät; es erlaubt aber
ebensogut eine malerische und formale Durch-
bildung, die ihm den vollen Charakter des ..Bild-
mäßigen" zu verleihen vermag. Dementspre-
chend stehen ihm alle Grade der Naturnähe zur
Auswahl: sowohl die schlichte Wiedergabe eines
Eindrucks, wie auch jeder Grad von Abstraktion
oder Stilisierung. So gut wie unerreichbar ist
ihm nur die grobe Illusion, der Naturalismus,
welcher das tatsächliche Vorhandensein der dar-
gestellten Gegenstände vortäuschen möchte. Die-
sen verbietet — glücklicherweise — das Wesen
derW asserfarbe, die von Natur immateriell, nur
..Farbe an sich" ist. Darauf beruht aber eben
die Beinheit ihrer Leuchtkraft, die bei höch-
ster Steigerung nur vom Glasfenster übertroffen
wird, daraus entspringt auch die mit modernen
Bäumen besonders gut harmonisierende Flächig-
keit des Aquarells, das den Beiz des Dekorativen
mit feinster Intimität und stärkstem Ausdruck
der Empfindung in sich vereinigen kann.

Max Unold

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