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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 54.1938-1939

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Hellwag, Fritz: Max Pechsteins neue Landschaften: Ausstellung in der Galerie von der Heyde, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.16487#0367

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Max Pechstein. Die Stare sammeln sich. Aquarell

scharf reflektiert und den Himmel mit rosenfarbe-
nen Tönen überstreut, nach vorne aber unter den
noch auf der Erde ruhenden Wolkenschatten hervor-
gleitet und die tief en Ackerfurchen plastisch macht. —
Im ..Lebahafen" beginnt die böig hoch aufgetrie-
bene erwärmte Luft die Wolken zu teilen: der auf
dem Wasser sich sammelnde, noch stumpfe Reflex
zeichnet die hochgebauten, in warmem Hellblau ge-
strichenen Schiffskörper gegen den Horizont. —
Mittagsstille liegt über dem dunklen, blaugrünen
..Waldbach'", in dessen stillen Winkel die draußen
brütende Sonne hineinspiegelt. — ,,Die Stare sam-
meln sich." Mit ausgebreiteten Armen zieht eine
Wolke über sie hin, und was an unsichtbaren Licht-
strahlen vorhanden ist, fängt das Blechdach des
Hauses zu sich und blitzt es mit Härte zurück. — Im
..Sommerabend" leuchten die reifen Kornfelder zwi-
schen tief grünen YVeidestreifen; beim Abschied der
Sonne wurde ihre satte Farbigkeit zum letzten Trä-
ger des abdämmernden Lichtes. — Ahnliches im
..Bodetal". Xoch steht die Sonne links hinter den
düsteren Tannen, und ihre Strahlen fallen noch
schräg über die herbstlichen Kronen der Laubbäume

in die Lichtung hinein: nun wird das Wasser des
mit weißen Kämmen über einen flachen, steinigen
Grund gleitenden Flusses fast farbiger als es am Tage
gewesen ist, es schimmert wie flüssiger Topas und
belebt gegensätzlich alles Grün in seiner Umgebung
zur letzten Stunde des Tages, ein schöner harmoni-
scher Ausklang.

Die Geheimnisse des Lichtes, das lehrt uns Pech-
steins Kunst, liegen tiefer im Auge als in der direk-
ten Bestrahlung des Stofflichen, dessen farbige Ober-
fläche sich belebt; es gibt schon wundersame Farb-
wirkungen zwischen einem Schwarz und Weiß, — er
weiß sie in seinen landschaftlichen Zeichnungen her-
vorzuzaubern aus gewischten Schatten und gedämpf-
tem oder körnigem Strich des Stiftes und der Kreide
und aus der Tonskala des aus der weißen Fläche ins
Räumliche heraufgeführten Lichtes. Die Ausstellung
enthielt eine Reihe solcher Zeichnungen, in denen
die Leichtigkeit der Künstlerhand das atmosphäre
Weben der Natur wiederzugeben vermochte.
So steht Max Pechsteins Können auf einer bisher
noch nicht erreichten Höhe.

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