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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Eberlein, Kurt Karl: Isabella d'Este als Kunstsammlerin
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Aus der Kunst der Ostmark: zu den beiden folgenden Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0057

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manche der Bilder, die zuvor noch den großen Samm-
ler Richelieu entzückt hatten, der kurz vor seinem
Tode vor diesen Kunstschätzen stöhnte: „Und das soll
ich alles verlassen!" Von allem, was Isabella d'Este
geschaffen hatte, blieb nur der schwer beschädigte
Rest ihrer Räume in dem düsteren Schloß inMantua.
Fragen wir uns, wo die berühmte Sammlung in die-
sem Castello untergebracht war und wie wohl das
vielgepriesene Museum aussah, das Isabella „Grotta"
nannte, so müssen wir. auf die trefflichen Forschun-
gen Robert de la Sizerannes gestützt, ihre Wohnzim-
mer und ihr Museum unterscheiden. Mit feinem Ge-
schmack hatte sie sich ihr „Studiolo" und ihre ge-
mütlichen Zimmerchen, ihre „camerini" im Oberge-
schoß, dem See zu, eingerichtet. Bis ins kleinste hatte
sie die Dekoration in Blau und Gold, die Marmor-
umrahmung der Türen, die Spiegelrahmen, die Mar-
queterie der Wände mit Musikinstrumenten, Lieder-
texten, Medaillons angegeben. Besonders auch die
Devisen an der Deckenwölbung mit symbolischen
Zeichen wie „et", „od", „lotto", „UTS" (unum in
tenebris sufficit) mit Noten und Pausen, mit der Im-
presa „XXVII" (vinte sette) und mit der immer wie-
derkehrenden Impresa „neespenee metu". Die Zeit-
mode ließ ja die ausgeklügelte Impresa des Wahl-
spruchs nicht nur auf Wände und Decken, Kamine,
Kacheln, Fliesen malen, sondern auch auf Ärmel,
Mäntel, Barette sticken, in Stoffe weben, in Gold und
Steine fassen, auf die Geräte und Schaustücke gra-
vieren. So also waren die Wohnzimmer der Fürstin,
die ihr „paradiso" besonders reich und fein gestaltete.
Ihr Museum aber, ihre Grotta, finden wir fast zer-
stört bei dem Cortile des Erdgeschosses mit der In-
schrift „Isabella Estensis . . . fecit a Partu Virginis
MDXXII". Hier also lagen die von dem Dichter
Toscana beschriebenen fünf Zimmer, von denen zwei

mit Kunstwerken ganz gefüllt waren. Auch hier fin-
det man immer wieder der Fürstin Impresa: eine
Flammensonne mit der Devise „Per un dexir", hier
die Bodenplatten mit den Devisen „Amumoc" (Amo-
mos, immaculata) oder „buena fe non es mudable".
Hier hingen auch die berühmten Bilder, ihre Alle-
gorien, „Incoronazione" von Costa, „Lotta di Amo-
rini e di Xinfe" von Perugino, „Venere con Vulcano
edOrfeo" vonMantegna (der Parnaß mit dem Gegen-
stück Comus oder „der Triumph der Musik") hier die
„Antiope" des Correggio, die „Grablegung" von Ti-
zian u. a. Flier fand sich neben dem Venustorso aus
Urbino der berühmte schlafende Amor des Buonarotti.
Durch diese Museumsräume der Marchesa gingen die
bekanntesten Kenner und Könner, die besten Auto-
ren und Meister der Zeit: Castiglione Machiavel,
Bembo, Ariost. Correggio. Tizian, Leonardo und
Karl V. Welche Privatsammlung hat damals berühm-
tere Gäste gesehen! Aror allem den einen Berater und
Bewunderer denken wir uns gern an die Seite dieser
schönen seltenen Frau, den größten Genius dieser
Zeit, schön und elegant in seinem fließenden Gewand,
das an Aristoteles ebenso erinnern sollte wie das
lange Haar, der lange Bart dieses blonden, nun er-
grauten Faust: Leonardo da Vinci. Bewundernd
stand er mit. der Fürstin vor den köstlichen Resten
der Antike, vor der Schale, die er selbst aus dem Nach-
laß Lorenzos des Prächtigen in Florenz vermittelt hatte.
Und dann entstand in der „Grotta" am Fenster jene
berühmte Profilzeichnung, deren stille Größe und
edle Einfalt heute wieder den Besucher in der großen
Mailänder Leonardo-Ausstellung ergriff, so daß er,
zugleich mit dem Wesen der Isabella d'Este, ihren
Geist, ihren Zauber, aber auch den wahren Sinn ihrer
Lieblings-Impresa empfinden konnte: '
„Per un dexir."

AUS der Kunst der Ostmark. Zu den beiden folgenden Abbildungen

Die Bildschnitzerei ist die Kunst der Bauern, Hand-
werker und Bürger und wurde oder wird bis heute
vor allem in den Tälern der Gebirgsländer in Tirol,
Bayern, der Schweiz und im Harz gepflegt. Wenn
die Meisterwerke der schwäbischen und fränkischen
Bildschnitzer dem Kunstempfinden weithin vertraut
geworden sind, besitzt die Ostmark außerhalb des
Michael-Pacher-Altars von St. Wolfgang noch eine
Reihe nur wenig bekannter Schnitzwerke, in denen
die Eigenart der Holzschnitzkunst aber in ihrer höch-
sten Schönheit zur Geltung gekommen ist. In einem
Bande der von Heinrich Waggerl herausgegebenen
Sammlung „Die Ostmark", in der „Landschaft, Volk
und Kunst der südostdeutschen Gaue" in volkstüm-
licher Darstellung behandelt werden sollen, hat nun
Karl Oettinger die wertvollsten Altäre und Figuren
der spätgotischen Holzschnitzerei in Österreich ge-
sammelt*) und in Abbildungen, die auch viele Ein-
zelheiten in Nahansicht wiedergeben, zur Anschauung

*) Karl Oettinger, Altdeutsche Bildschnitzer der Ostmark. Mit
104. Bildtafeln. Verlag Anton Schroll £ Co. in Wien. Geb. RM. 5,50.

gebracht, wobei auch seine einleitenden Worte von
den melodischen Klängen belebt und gefärbt sind, die
in den prächtigen, von heiterer Lebenssinnlichkeit
und religiösem Ernst getragenen Schnitzwerken orgel-
haft mitschwingen. Neben Michael Pacher traten in
der Blütezeit der Bildschnitzerei um 1490 noch drei
Meister besonders hervor: der Meister des Kef errnark-
ter Altares, der Meister des Herzogburger Marien-
todes und Lorenz Luchsperger, der Schöpfer der „Dom-
apostel" von Wiener Neustadt. Mehr noch als im
fränkischen Gebiet galt in der Ostmark die lebens-
volle physiognomische und psychologische Verkörpe-
rung der Charaktergestalten als Ziel der Bildschnit-
zerei. Eine letzte Steigerung der dynamischen Fal-
tenbewegung und eines ekstatischen, an Grünewald
erinnernden Ausdrucks erreichte die Altarkunst der
Ostmark in dem Marienaltar von Zwettl um 1519
und dem Marienaltar von Alauer bei Melk um 1525.
Das Verzeichnis der Abbildungen enthält zugleich
alle sorgfältig verarbeiteten wissenschaftlichen An-
gaben über die Meister und ihre Schnitzereien, ehr.

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