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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Apelt, Franz Ulrich: Willy Müller, Lückendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0172

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Deutschen Kunst trat ein junger Lausitzer Maler,
"Willy Müller. Lückendorf, mit Landschaften hervor,
die den Zusammenhang mit der Romantik Friedrichs
nicht verleugneten. Willy Müller lebt und schafft —
ein Sechsunddreißigj ähriger — in Lückendorf bei Zit-
tau. Von seinem Anwesen an der Höhe des Gebirgs-
kammes. wenige Schritte von der alten Reichsgrenze,
schweift der Blick über das weite Sudetenland. In
endlosen Wellen, von mächtigen Bergkegeln be-
herrscht, dehnt sich hier das nordböhmische Wald-
und Bauernland, bald im Duft der Frühe sich ent-
schleiernd, bald glasklar im zarten Farbenspiele spä-
ten Lichtes versinkend. Ein Friedrichmotiv also.
Willy Müller liebt diese Landschaft. Sie ist fast der
einzige Gegenstand seiner Bilder. Aber sein Verhält-
nis zu ihr ist eigentümlich verhaltener Art. Keine
Eichendorffsche frische Reiselust träumt bei ihm in
bunte lockende Ferne hinaus. Hier steht auch kein
heroischer Mensch vor der Natur wie bei C. D. Fried-
rich. Keine behagliche Idyllik erfüllt diese weiträu-
migen, unter ungeheurem Himmel fern verlaufenden
Landschaften. Willy Müller betrachtet die Land-
schaft als Ruhender, sozusagen vom Fenster aus, ein

wenig müde und bereit, seine eigene feine und ver-
sponnene Art in sie hineinzusehen. Er ist Lyriker,
Elegiker. Er liebt die Stille der Landschaft, nicht ihr
Pathos. Er malt die Stunde der Tagerwartung, den
Nebel, der naß über die Wälder spinnt, die gelbe
W intersonne, die ein verschneites Tälchen wärmt, die
angstvolle Leere eines grauen Xovembertags, das
harte klare Winterlicht.

Willy Müller begann als Musterzeichner. In der
Staatlichen Akademie für Kunstgewerbe zu Dresden
fand er als Schüler Professor Baranowskys den Weg
zur Malerei. Der Poet und Romantiker wurde schon
1952 offenbar, als er mit einer Ausstellung heimat-
licher Landschaften hervortrat, die seine Eigenart
klar und endgültig umriß. Die altmeisterlich dünne
Malweise, bar jedes modischen Raffinements, war
damals nicht gerade zeitgerecht. Willy Müller wollte
und konnte darauf verzichten, durch Mache zu ver-
blüffen. Schon damals fand die Kritik, daß eine stille
Weltfrömmigkeit in seinen Bildern sei. ,.11 peint la
nature religieusement. comme il la venere" schrieb
1958 Clement Morro über ihn in der Pariser .,Revue
moderne illustree". Trauer atmet aus diesen stillen

Willy Müller, Lückendorf. Sudetendeutsche Grenzlandschaft

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