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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Brauer, Heinrich: Karl Blechen: zu seinem 100. Todestag
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Haftmann, Werner: VIII. Jahresausstellung der Deutschen Akademie in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0016

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Blechens nahe zu kommen. Als Romantiker hat man
ihn im Zusammenhang mit Webers Freischützgestal-
ten und Friedrichs Natursymbolik gesehen. Von an-
deren wurde der Meister der Farbskizzen, der Maler
des scheinbar zufälligen Naturausschnitts als Vor-
läufer einer erst nach Generationen aufkommen-
den Kunstströmung, als erster deutscher Impressio-
nist gefeiert. Selten verstand man diesen vielseitigen
Künstler als einen aus seiner eigenen Mitte schaffen-
den, in steiler Lebenskurve sich entwickelnden Men-
schen. Mit Unrecht ist sein gesamtes Schaffen mit
seiner Neigung zur Schwermut in Beziehung ge-
bracht worden. Verschiedene seiner düsteren Bilder
sind mehr ein Tribut an den Zeitgeschmack als ein
Ausdruck seines Charakters. Davon abgesehen sind
aber nun tatsächlich aus dem übrigen Werk einige
späte Zeichnungen herauszulösen, denen man die gei-
stige Zersetzung des Künstlers und schließlich seinen
Verfall anmerkt. Hier müßte ein Sachverständiger,

der sowohl psychiatrische wie kunstwissenschaftliche
Kenntnisse besitzt, das gesichtete Material der Werke
und der zeitgenössischen Quellen bearbeiten. Es war
Blechens Schicksal, daß eine tückische Krankheit
einen geistig normalen, aber von seinen Zeitgenossen
nicht verstandenen Menschen befiel, der sich bis da-
hin mit seiner Kunst in freiester und vielseitigster
Weise auszusprechen vermocht hatte, dessen Werk
aber auf Grund seines Endes im Sinne einer sich
steigernden Verdüsterung gedeutet wurde. In der Tat
verlief seine Entwicklung gerade in entgegengesetz-
ter Richtung, aus einer jugendlichen Traum- und
Zaubersphäre in die glückliche Schaffenszeit der kla-
ren, bewußten Mannesjahre. Seine um 1855 entstan-
denen Walddarstellungen sind noch heute die schön-
sten deutschen Landschaften. Was die letzten Lebens-
jahre ihm zu schaffen vergönnten, waren Werke voll
dramatischer Spannung, voll Zukunftsmusik und
Hoffnung für eine neue Bildkunst.

VIII. Jahresausstellung der Deutschen Akad emie in Rom. Von Werner Haftmann

Seit der Romantik gilt die Reise nach Rom in der
deutschen traditionellen Vorstellung vom Leben und
von der Entwicklung des bildenden Künstlers als der
Höhepunkt des künstlerischen Bildungsganges. Ob-
wohl die wechselnden Geschmacksrichtungen auch
die sozusagen „geographischen Zonen'' der bevor-
zugten Malobjekte haben verändern können, das
W aldgebiet vonFontainebleau, das sonnenheiße Land
der Provence, die melancholischen Moorlandschaften
um Worpswede wechselnden künstlerischen Vorstel-
lungen zu dienen hatten, so hat doch Italien, Rom
und die römische Campagna nie den universalen An-
spruch verloren, das europäisch-gemeinsame Ziel
künstlerischer Anstrengung zu sein. Kein europä-
isches Land hat sich diesem Anspruch entziehen mö-
gen, jede Nation hat früher oder später hier eine Stu-
dienstätte begründet. In Deutschland begründete sich
diese staatliche Förderung des künstlerischen Rom-
studiums aus dem Anspruch der als Akademiedirek-
toren einflußreich gewordenen späten Nazarener, für
die ein Aufenthalt in Rom pädagogisch als unerläß-
liches Bildungsrequisit natürlich galt. So gehen nun
schon fast seit hundert Jahren jährlich die Träger des
Rompreises der Preußischen Akademie nach Rom. Je-
doch erst in den letzten Jahren der Vorkriegszeit war
es privater Initiative zu danken, daß an die Errich-
tung einer festen Studienstätte gedacht werden konnte.
Im Park des Fürsten Massimo vor Porta Pia wurden
damals die Akademiegebäude in großzügigster Weise
erbaut, denen eine Stipendiatenzahl von 10 bis
12 Künstlern entsprechen sollte. Der Krieg unterbrach
den organisatorischen Aufbau. Erst als im Zuge der
Rückgabe der deutschen Institute in der Nachkriegs-
zeit durch königliches Dekret auch die Akademie frei-

gegeben wurde, konnte sie ihrer eigentlichen Bestim-
mung übergeben werden. Seit 1928 nun entsendet
das Reich jährlich 10 Künstler an die römische Akade-
mie. — Sehr im Gegensatz aber zur Beschickung der
französischen Akademie in Rom, die einen langen
Romaufenthalt als Studienabschluß dem jungen
Künstler gewährt — ganz in der Bildungstradition
ihres größten Direktors, Ingres —, erfolgt die Aus-
wahl der deutschen Künstler nicht vorwiegend nach
pädagogischem Gesichtspunkt, die Auswahl bestimmt
vielmehr die bereits bewiesene Bewährung. So finden
sich in der Reihe der römischen Stipendiaten die be-
sten Namen der modernen deutschen Kunst. Nur da-
durch hat man es vor nun acht Jahren wagen können,
die Arbeitsleistung der Akademie in geschlossener
Ausstellung vorzuführen. Der Erfolg blieb nicht aus:
seitdem ist die Jahresausstellung der Deutschen Aka-
demie zur ständigen Einrichtung geworden und be-
weist den Grad der ihr innewohnenden Repräsenta-
tion am besten dadurch, daß es heute schon traditio-
nell geworden ist, daß der italienische Souverän die
Ausstellung selbst eröffnet.

Im Mai dieses Jahres konnte nun die VIII. Jahres-
ausstellung eröffnet werden, die eine starke Beach-
tung hat finden können. Die überaus positive Beur-
teilung der italienischen Kritik vermerkte mit be-
sonderer Aufmerksamkeit die erstaunliche Klassizität
der xlbsicht, die den eindringlichsten Teil der ausge-
stellten Werke kennzeichnet, und die dem italieni-
schen kritischen Auge gelegentlich wohl auch als zu
temperiert und unoriginell erscheinen mag. Auf der
anderen Seite aber registrieren die Kritiken jenen
Romantizismus, der in der speziellen Formung der
Deutsch-Römer besonders in der Graphik nie ganz

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