Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

DOI Artikel:
Curtius, Ludwig: Bildwerke von Hans Wimmer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0045

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bildwerke von Hans Wimmer. Von Ludwig Curtius

Die meisten Menschen, soferne sie überhaupt ein
Verhältnis zur Kunst haben, nähern sich ihr von der
Empfindungsseite her. Sie erleben eine gotische
Burg als trotzig, eine Sonate Mozarts als heiter, Mi-
chelangelos Propheten als melancholisch, Shake-
speares Hamlet als zerrissen. Solche unzählige Male
ausgesprochene Urteile haben gewiß ihre innere Be-
rechtigung. Aber wie wenig sie über das eigentliche
Wesen des Kunstwerks aussagen, geht schon aus der
Dürftigkeit der Sprache hervor, die für unter sich
höchst verschiedene künstlerische Lösungen nur eine
geringe Auswahl von Worten zur Bezeichnung des
Erlebnisses vor ihnen zur Verfügung stellt. Der
Trotz einer Burg ist jedesmal von einer neuen Situ-
ation auf Hügel oder Berg, an Fluß oder Talenge,
durch eine neue Geschlossenheit ihrer Teile bestimmt,
die Melancholie des Propheten des Michelangelo
spricht sich in dem einen in versunkener Trauer, in

Fotos F. Kaufmann, München

dem anderen in erregtem Auffahren aus, Mozarts
Heiterkeit ist hundertfältig, und Hamlets Zerrissen-
heit neu in jeder Szene.

Wer sich den Arbeiten Hans Wimmers nähert, ist
freilich zuerst von ihrer Ausdrucksgewalt betroffen
und gefangen. Da steht der Bronzegießer Heubl un-
erschütterlich breit und wortkarg sicher vor uns da,
als sei er selber der -lebendige Schutzwall gegen die
Tücke des feurig brodelnden Elements, das er bän-
digt. Da schwingt der Speerwerfer homerisch mu-
tig frech seine Waffe, als sei er sicher, eine Welt mit
ihr zu erobern. Die traumhafte Befangenheit der
Knabenfigur glüht gleichsam von versteckter Liebes-
tücke eines griechischen Eros. Alles, was das Schick-
sal ihr einmal auferlegen mag, das scheint die Mäd-
chenfigur unbewußt demütig im voraus auf sich zu
nehmen, und der Duce Italiens, der sich dem Bild-
hauer so großzügig zur Verfügung gestellt hat, wie

Hans Wimmer. Bronzegießer Heubl. 1938

29
 
Annotationen