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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 58.1942-1943

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Ottmann, Franz: Ausstellung zur 250-Jahr-Feier der Wiener Akademie der bildenden Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.16491#0141

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Ausstellungen zur 250-Jahr-Feier der Wiener Akademie der bildenden Künste

Von Franz Ottmann

In drei großen Schöpfungen hat das Abendland seit
dem Mittelalter seine Bemühungen auf dem Gebiete
von Kunst und "Wissenschaft konzentriert: in den Uni-
versitäten (die 1. in Salerno 1150), in den Akademien
(die 1. in Rom 1577. die 2. in Paris 1648) und in
den Museen, die sich erst recht im 19. Jahrh. entfal-
teten und eine Synthese der an den Universitäten eben
aufgeblühten Kunstwissenschaft mit der Kunst dar-
stellen. Alle drei türmen sich nun. über viele Städte
Europas verstreut, zu einem mächtigen geistigen
Bauwerk auf. In Wien hat der eifrige und geschickte
Tiroler J. P. Strudel 1692 eine Akademie gegründet,
die schon alle drei Künste umfaßte und nach meh-
reren Stationen seit 1876 in dem aus Griechisch und
Renaissance verschmolzenen Schulpalast Hansens
ihren Sitz hat. W eiter ausgreifende Pläne Otto Wag-
ners zu einem Neubau und zu einer Schulsiedlung
(mit 16 Vrürfel-Ateliers) sind nicht zur Reife gedie-
hen. Hingegen diente ein von Prof. Delug auf einen
Hügel von Grinzing gestellter, kurz vor 1914 fertig
gewordener Bau mit Ställen in einem reichen Garten
durch einige Jahre den Zwecken der Schule.
Ort und Zeit waren dieser ersten deutschen Akademie
so günstig als möglich. War hier doch die Stadt des
kaiserlichen Hofes, das Zentrum eines Reiches, das sich
nun. nach Abwendung der Türkengefahr, zu künst-
lerischen Aufgaben von größtem Ausmaße anschickte.
Noch heute ist das Land bis weit in die seit 1918 ab-
gelösten Teile hinein von Werken der W iener Aka-
demiker erfüllt. Das ganze Ausstrahlungsfeld ist kaum
zu überschauen. So hat Oeser. der hier 1750—59 bei
van Schuppen und Gran studierte, das Wort von der
..edlen Einfalt und stillen Größe" der Antike, das er
wohl von Raph. Donner hörte, an Winckelmann
weitergegeben — mit welcher Wirkung, ist bekannt
genug. Auch weiterhin und bis in die Gegenwart be-
hielt die Akademie ihre führende Stellung als ein
Hort des Erhaltungswerten, des Wesentlichen. Klei-
nere Kunstschulen, wie die Landschafts-Akademie in
Graz, waren doch meist nur Vorbereitung für Wien.
München, Dresden, Düsseldorf. Paris banden nur
ganz wenige Österreicher dauernd an sich.
Man begreift, welche überaus schwierige Aufgabe
den Veranstaltern einer Ausstellung oblag, die von
der vielfältigen Bedeutung dieser Akademie eine Vor-
stellung geben sollte. Glückliches Gelingen auf allen
Gebieten ist freudig anzuerkennen.
Prof. Eigenberger, der dieBilder des 18. und 19. Jahr-
hunderts zusammenstellte, war auch um ihre Auf-
frischungbemüht. Besonders der barocke Mittelraum
vereinigt die Wärme eines vornehmen Salons mit
dem Prunk und Glanz eines Festraumes. Wir be-
wegen uns da zwischen lauter berühmten Persönlich-
keiten : neben Strudel van Schuppen, der die Aka-
demie nach dem Tode des Begründers (1714) und
raschem Verfall 1725 wieder in Gang setzte: dann
Mertens, Brand, Gran, Troger, Mildorfer, Kremser
Schmidt. Maulbertsch. Weniger bekannt ist derSchle-
sier Palcko (1 724—71), dessenhöchst dekoratives Bild-

nis K. Ferdinand I, von der Mitte aus den Raum be-
herrscht. Auch eine mehr peripherische Gestalt wie
Anna Therbusch, geb. Lisiewska, erfreut durch das
1768 in Paris gemalte Porträt Phil. Hackerts, wofür
sie mit der Mitgliedschaft geehrt wurde. Von Bild-
hauern Raph. Donner, Hagenauer, Messerschmidt
u. a. Die religiösen Bilder sind nur ein kleiner Aus-
schnitt aus den unzähligen Altarbildern, die über das
Reich verstreut waren (z. T. noch sind), und diese selbst
eine leuchtende Ergänzung der Fresken, die sich über
Decken und Wände der Kirchen und Schlösser hin-
ziehen. Auch diese Bauwerke gehen zuletzt auf die
Akademie zurück.

Wie sich nun der Barock in einem 100 Jahre währen-
den Prozesse auflöste, tauchten seine Bestandteile ab-
geschwächt, verblaßt vor dem Hinschwinden noch
einmal schemenhaft empor. In Füger, Lampi. Krafft
die Antike als Klassizismus. Die romantisch-gotischen
Elemente werden in den Bildern und Zeichnungen
der Schnorr, Olivier, Schwind, Führich fühlbar, noch
deutlicher in der Baukunst und im Szenenbild, deren
Entwicklung Prof. Pirchan in einer Fülle von Ent-
würfen, Modellen und Lichtbildern überschauen läßt.
Viele wenig bekannte Namen tauchen da auf (Jäger.
Knoll. Nagel. Spiegel), einiges stammt von Unbe-
kannten, ein lockendes Feld für genauere Forschung.
Die ganze sinnliche Kraft des Barock sammelt sich in
der kernigen realistischen Malerei Alt-Wiens, in Sit-
tenbild. Porträt und Landschaft. Waldmüller domi-
niert und eine Sonder-Ausstellung (zum 150. Ge-
burtstag) soll im Januar nachfolgen. C. Schindlers
(1820—41) so schnell versprühte Jugendkraft steht
neben Danhausers. Evbls. Fendis reifer Meisterschaft.
Gauermann stellt die Verbindung zur Romantik her.
Pettenkofen und Pvomako zur Lichtmalerei. Die Stil-
elemente der Renaissance, so deutlich bei Rahl. Ca-
non. Makart entwickelt, treten hier etwas zurück,
ebenso die Klimtzeit. wohl weil diese Künstler schon
in der vorjährigen Jubil.-Ausstellung des Künstler-
hauses reichlich vertreten waren und überdies in einer
gleichzeitigen Ausstellung ..Kunst und Kultur" in
der Neuen Hofburg zu einem glanzvollen Gesamtbild
zusammenwirken. Die lebenden Akademiker. Lehrer
und Schüler (viele sind beides), von Prof. Martin fein-
fühlig ausgewählt, bezeugen den durchlaufenden Zu-
sammenhang mit der älteren Wiener Schule in ihren
Hauptbestrebungen nach einer mehr freskenhaften
Monumentalform und einem mehr wirklichkeits-
treuen Stil. Doch überschneiden sich beide Richtun-
gen, ein Gegensatz ist nicht fühlbar. — Seit Wald-
müller und Ameriing, welche die Akademie grund-
sätzlich verwarfen, hat man in Kunstpädagogik viel
zugelernt, das Ideal des allseitig gebildeten, seiner per-
sönlichen Eigenart folgsamen Künstlers immer ent-
schiedener herausgearbeitet. So ist die Ausstellung der
Schüler ein besonders erfreulicher Teil. Sie verbreitet
eine von Frühlingskräften prickelnde Atmosphäre.
Die Gemäldegalerie des Hauses, auf Kriegsdauer ge-
schlossen, fällt ganz aus. Dafür hat Dir. Reich aus

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