Seite HZ.
März-Pest.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
kleidet, muß fein und schmal fein, sonst ist seine Steifheit oder die
plumpe Schwere, welche dieser Geschmack in der Restaurationsepoche
erhielt, seiner Wiederaufnahme hinderlich. Was die letzten Ausstellungen
uns an Möbeln im Empirestil gezeigt haben, entspricht auch diesem
Aarakter. Die Eigenschaften der Schwere, des Massiven, der Ueber-
ladung, welche in der Zeit seiner historischen Existenz den Stil
XIV. kennzeichneten und ihm den gewünschten Aarakter einer
pompösen Fracht verliehen,
diese Eigenschaften sind es
auch, welche ihm in der
Gunst der heutigen Gesell-
schaft im Wege stehen. Der
modernste französische Ge-
schmack wendet sich mehr
dem Leichten und Gefälligen,
der Beweglichkeit, den phan-
tasievolleren formen zu,
welche Eigenschaften das
Mobiliar im Laufe der lan-
gen Regierungsepoche Lud-
wigs XV. annahm. And
hier wird die zweite pälfte
derselben vor der ersten be-
vorzugt. Das eigentliche de-
korative Rokoko mit allen
seinen willkürlichen Schnör-
keln und abspringenden Li-
nien blühte in Frankreich
nur sehr kurze Zeit und ging
nie so tief und fest wie z.B.
m Deutschland. Der Ge-
schmack, welcher mit der
Marquise von Pompadour
kam — sie haßte das Rokoko — und bis zum Beginn der französischen
Reform anhielt, diese leichten, zierlichen, ein wenig steifen und gezierten
Formen mit präzisirenden Motiven, in feiner und vollkommener Durch-
bildung, das ist der bevorzugte Geschmack im heutigen französischen
Mobiliar. — Mit diesem Geschmack, welcher dem Erfinder und Zeichner
viel Freiheit läßt, ist eine mannigfache Ziertechnik verbunden. Die
Abbildung Nr. 306. Herren-Schreibtisch in orientalischem
Flächen sind reich mit Intarsien geschmückt, man liebt die Zusammen-
stellung verschiedenfarbiger pölzer, ganze konstruktive Theile und in:
Relief gehaltene Ornamente werden vergoldet, vergoldete Bronzen
schmücken Aasten, Etageren und Tische, die Profile sind maßvoll, im
Perhältniß wenig vorspringend, die Sitzmöbel entweder äußerst zierlich
und beweglich oder tief niedrig und bequem. Als Besonderheit hat sich
auch eine Dekorationsweise des achtzehnten Jahrhunderts wieder einge-
funden, welche mit großer
Wirkung und großem Ge-
schick schon in reicher Uebung
steht. Dies ist der Verriss
VLrtiri, Firnißmalerei aus
durchscheinendem Gold-
gründe von überaus tiefer,
satter und warmer Färbung.
Man schmückt damit die
Flächen der Aasten, Betten,
Tische, kurzum jeglichen
Mobiliars, welches bequeme
Flächen darbietet. Die große
Ausstellung im Jahre s88ff
zeigte zahlreiche Beispiele
von bewundernswürdiger
Wirkung, nur dürsten alle
diese Arbeiten wohl mehr
dem schönen Scheine dienen
als dem wirklichen Ge-
brauche.— Diese ganze Rich-
tung der französischen Mö-
belfabrikation, ächt und ur-
;til. sprünglich französisch, findet
natürlich, wie Alles, was
von Frankreich kommt, auch
in den anderen Ländern Nachahmung, aber es steht nicht mehr allein
und ist für diese auch nicht karakteristisch. In Wien z. B. werden die
gleichen Möbel geschaffen, auch mit der Malerei in Verriss Koriin,
aber die persertiger stehen vereinzelt. Die reiche und vornehme Gesell-
schaft folgt selbstverständlich der Mode und verlangt daher auch Aus-
stattungen im Stil Nortis XV. und Nouis XVI. (Schluß auf S. qy.)
daß nur die getreue künstlerische Nachahmung der „Aunstwerke dieser
Zeit" zum peile und zur künstlerischen Pollendung führen könne, zurück.
Aber außerdem hatte er noch andere reiche Schätze mitgebracht, i
nicht blos kunstgeschichtliche Aufzeichnungen von großer Tragweite, alte
Pergamente, sondern er hatte sich auch in Frankreich, wo Viollet-le-IMc
und Andere die Arbeit bereits erledigt hatten, mit Ausnahmen archi-
tektonischer Motive beschäftigt. Diese Zeichnungen glänzten zwar durch
eine kühne Perachtung der äußeren Form, aber jeder Mensch von einigem ^
Nerständniß mußte sich betroffen fühlen von dem Geist, der aus ihnen
leuchtete — obschon das nicht alle thaten.
Der Löwe hatte Blut geleckt, der Engländer nämlich hatte das j
Toch entdeckt, durch welches er sein Geld aus anständige Weise in den
Orkus befördern konnte, und so war es dem Aunsthuber ein Leichtes, ^
den Mann noch weiter für die Aunst zu interessixen. Es erschien bald ^
ein größeres Werk nach Art der später so häufigen Peröffentlichungen,
ln welchem es sich weniger um den Inhalt handelte, als um das, was
Technik und Aunst zu thun vermögen, um das Buch auszustatten und
lo den Perausgeber zu verherrlichen, der hier natürlich Aunsthuber war.
Tr hatte es sich aber auch angelegen sein lassen, Vollendetes zu schaffen! ^
Tie beigegebenen Bilder waren nach alten Originalen genau kopirt —
das Verfahren mit Photographie und Zinkätzung genaue Aopien her-
zustellen, war noch nicht im Gange, und so mußten denn geschickte
Zeichner ihren Stift zwingen, die alten „Meisterwerke" mit allen Ge-
brechen peinlich genau zu kopiren. Wo der alte „Meister" eine Gestalt
wit zwei linken Füßen bedacht hatte, da mußte der neue Aünstler das-
selbe thun, um im „Geiste" der Zeit der wahren Aunst zu bleiben. ^
Initialen wurden aus alten Folianten der Bibliotheken und so sorg-
tältig kopirt, daß selbst die Flecken, welche die im polzstock gelockerten
Nägel im Druck mitgegeben hatten, genau nach Größe und Schattirung
bei den neuen Initialen mitgeschnitten werden mußten. — Das Alles
kostete ein peidengeld, aber der Engländer zahlte, um das „Meister-
werk" entstehen zu lassen.
Gleichzeitig hatte sich Aunsthuber in die Leitung eines Airchen-
baues hinein zu wühlen gewußt. Nachdem er den dort beschäftigten
Baumeister, welcher die alte Aunst geistig ersaßt sehen und erfassen
wollte, beseitigt hatte, war es ihm gelungen, einen Baumeister nach
seinem Sinn zu finden. An dem Gemäuer des Airchthurms war nichts
mehr zu ändern und zu „verbessern". Dafür gab aber der Pelm Ge-
legenheit, die wahre Aunst glänzen zu lassen. Alle Welt schrie vor
Entsetzen aus, als man das plumpe, formlose Ungethüm im Plan
sah, welches aus den Thurm gesetzt werden sollte und auch aufgesetzt
wurde. Denn Aunsthuber wies siegreich nach, daß sich aus einem aus
der „großen Aunstzeit" stammenden Airchthurm ein solcher Pelm be-
fände, den er entdeckt und den der Baumeister einfach kopirt hatte.
Damit war also das pöchste in der Aunst geschehen.
Die Friedfertigen sahen das zwar nicht ein, doch sie schwiegen;
die Mitglieder der großen pammelheerde aber waren durch die kühne
Tonception verblüfft und bewunderten das Unding, das zwar nicht
schön, aber so stilgerecht sei.
Aunsthuber stand auf der pöhe seines Ruhmes, und wenn man
ihm jetzt ein Denkmal hätte setzen wollen, so konnte man das große
Bilderbuch als Sockel und den Thurmhelm, den die Welt mit einem
Löschhorn verglich, aus die Schultern des Standbildes an Stelle des
Aopfes setzen, um die geniale Vertiefung in die alte Aunst damit an-
zudeuten. — (Fortsetzung folgt.)
Der Schluß des Aufsatzes:
Bodenschatz, Die Wandbekleidung unserer Wotznräume,
befindet sich im zweiten Bogen.
März-Pest.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
kleidet, muß fein und schmal fein, sonst ist seine Steifheit oder die
plumpe Schwere, welche dieser Geschmack in der Restaurationsepoche
erhielt, seiner Wiederaufnahme hinderlich. Was die letzten Ausstellungen
uns an Möbeln im Empirestil gezeigt haben, entspricht auch diesem
Aarakter. Die Eigenschaften der Schwere, des Massiven, der Ueber-
ladung, welche in der Zeit seiner historischen Existenz den Stil
XIV. kennzeichneten und ihm den gewünschten Aarakter einer
pompösen Fracht verliehen,
diese Eigenschaften sind es
auch, welche ihm in der
Gunst der heutigen Gesell-
schaft im Wege stehen. Der
modernste französische Ge-
schmack wendet sich mehr
dem Leichten und Gefälligen,
der Beweglichkeit, den phan-
tasievolleren formen zu,
welche Eigenschaften das
Mobiliar im Laufe der lan-
gen Regierungsepoche Lud-
wigs XV. annahm. And
hier wird die zweite pälfte
derselben vor der ersten be-
vorzugt. Das eigentliche de-
korative Rokoko mit allen
seinen willkürlichen Schnör-
keln und abspringenden Li-
nien blühte in Frankreich
nur sehr kurze Zeit und ging
nie so tief und fest wie z.B.
m Deutschland. Der Ge-
schmack, welcher mit der
Marquise von Pompadour
kam — sie haßte das Rokoko — und bis zum Beginn der französischen
Reform anhielt, diese leichten, zierlichen, ein wenig steifen und gezierten
Formen mit präzisirenden Motiven, in feiner und vollkommener Durch-
bildung, das ist der bevorzugte Geschmack im heutigen französischen
Mobiliar. — Mit diesem Geschmack, welcher dem Erfinder und Zeichner
viel Freiheit läßt, ist eine mannigfache Ziertechnik verbunden. Die
Abbildung Nr. 306. Herren-Schreibtisch in orientalischem
Flächen sind reich mit Intarsien geschmückt, man liebt die Zusammen-
stellung verschiedenfarbiger pölzer, ganze konstruktive Theile und in:
Relief gehaltene Ornamente werden vergoldet, vergoldete Bronzen
schmücken Aasten, Etageren und Tische, die Profile sind maßvoll, im
Perhältniß wenig vorspringend, die Sitzmöbel entweder äußerst zierlich
und beweglich oder tief niedrig und bequem. Als Besonderheit hat sich
auch eine Dekorationsweise des achtzehnten Jahrhunderts wieder einge-
funden, welche mit großer
Wirkung und großem Ge-
schick schon in reicher Uebung
steht. Dies ist der Verriss
VLrtiri, Firnißmalerei aus
durchscheinendem Gold-
gründe von überaus tiefer,
satter und warmer Färbung.
Man schmückt damit die
Flächen der Aasten, Betten,
Tische, kurzum jeglichen
Mobiliars, welches bequeme
Flächen darbietet. Die große
Ausstellung im Jahre s88ff
zeigte zahlreiche Beispiele
von bewundernswürdiger
Wirkung, nur dürsten alle
diese Arbeiten wohl mehr
dem schönen Scheine dienen
als dem wirklichen Ge-
brauche.— Diese ganze Rich-
tung der französischen Mö-
belfabrikation, ächt und ur-
;til. sprünglich französisch, findet
natürlich, wie Alles, was
von Frankreich kommt, auch
in den anderen Ländern Nachahmung, aber es steht nicht mehr allein
und ist für diese auch nicht karakteristisch. In Wien z. B. werden die
gleichen Möbel geschaffen, auch mit der Malerei in Verriss Koriin,
aber die persertiger stehen vereinzelt. Die reiche und vornehme Gesell-
schaft folgt selbstverständlich der Mode und verlangt daher auch Aus-
stattungen im Stil Nortis XV. und Nouis XVI. (Schluß auf S. qy.)
daß nur die getreue künstlerische Nachahmung der „Aunstwerke dieser
Zeit" zum peile und zur künstlerischen Pollendung führen könne, zurück.
Aber außerdem hatte er noch andere reiche Schätze mitgebracht, i
nicht blos kunstgeschichtliche Aufzeichnungen von großer Tragweite, alte
Pergamente, sondern er hatte sich auch in Frankreich, wo Viollet-le-IMc
und Andere die Arbeit bereits erledigt hatten, mit Ausnahmen archi-
tektonischer Motive beschäftigt. Diese Zeichnungen glänzten zwar durch
eine kühne Perachtung der äußeren Form, aber jeder Mensch von einigem ^
Nerständniß mußte sich betroffen fühlen von dem Geist, der aus ihnen
leuchtete — obschon das nicht alle thaten.
Der Löwe hatte Blut geleckt, der Engländer nämlich hatte das j
Toch entdeckt, durch welches er sein Geld aus anständige Weise in den
Orkus befördern konnte, und so war es dem Aunsthuber ein Leichtes, ^
den Mann noch weiter für die Aunst zu interessixen. Es erschien bald ^
ein größeres Werk nach Art der später so häufigen Peröffentlichungen,
ln welchem es sich weniger um den Inhalt handelte, als um das, was
Technik und Aunst zu thun vermögen, um das Buch auszustatten und
lo den Perausgeber zu verherrlichen, der hier natürlich Aunsthuber war.
Tr hatte es sich aber auch angelegen sein lassen, Vollendetes zu schaffen! ^
Tie beigegebenen Bilder waren nach alten Originalen genau kopirt —
das Verfahren mit Photographie und Zinkätzung genaue Aopien her-
zustellen, war noch nicht im Gange, und so mußten denn geschickte
Zeichner ihren Stift zwingen, die alten „Meisterwerke" mit allen Ge-
brechen peinlich genau zu kopiren. Wo der alte „Meister" eine Gestalt
wit zwei linken Füßen bedacht hatte, da mußte der neue Aünstler das-
selbe thun, um im „Geiste" der Zeit der wahren Aunst zu bleiben. ^
Initialen wurden aus alten Folianten der Bibliotheken und so sorg-
tältig kopirt, daß selbst die Flecken, welche die im polzstock gelockerten
Nägel im Druck mitgegeben hatten, genau nach Größe und Schattirung
bei den neuen Initialen mitgeschnitten werden mußten. — Das Alles
kostete ein peidengeld, aber der Engländer zahlte, um das „Meister-
werk" entstehen zu lassen.
Gleichzeitig hatte sich Aunsthuber in die Leitung eines Airchen-
baues hinein zu wühlen gewußt. Nachdem er den dort beschäftigten
Baumeister, welcher die alte Aunst geistig ersaßt sehen und erfassen
wollte, beseitigt hatte, war es ihm gelungen, einen Baumeister nach
seinem Sinn zu finden. An dem Gemäuer des Airchthurms war nichts
mehr zu ändern und zu „verbessern". Dafür gab aber der Pelm Ge-
legenheit, die wahre Aunst glänzen zu lassen. Alle Welt schrie vor
Entsetzen aus, als man das plumpe, formlose Ungethüm im Plan
sah, welches aus den Thurm gesetzt werden sollte und auch aufgesetzt
wurde. Denn Aunsthuber wies siegreich nach, daß sich aus einem aus
der „großen Aunstzeit" stammenden Airchthurm ein solcher Pelm be-
fände, den er entdeckt und den der Baumeister einfach kopirt hatte.
Damit war also das pöchste in der Aunst geschehen.
Die Friedfertigen sahen das zwar nicht ein, doch sie schwiegen;
die Mitglieder der großen pammelheerde aber waren durch die kühne
Tonception verblüfft und bewunderten das Unding, das zwar nicht
schön, aber so stilgerecht sei.
Aunsthuber stand auf der pöhe seines Ruhmes, und wenn man
ihm jetzt ein Denkmal hätte setzen wollen, so konnte man das große
Bilderbuch als Sockel und den Thurmhelm, den die Welt mit einem
Löschhorn verglich, aus die Schultern des Standbildes an Stelle des
Aopfes setzen, um die geniale Vertiefung in die alte Aunst damit an-
zudeuten. — (Fortsetzung folgt.)
Der Schluß des Aufsatzes:
Bodenschatz, Die Wandbekleidung unserer Wotznräume,
befindet sich im zweiten Bogen.