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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Volbehr, Theodor: Tapeten und Teppiche
DOI Artikel:
Philippi, P.: Die Frau und die Wohnungs-Ausschmückung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0184

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Seite (58.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

September-Hest.

nicht wieder einzuschlafen. Man mache doch einmal die Probe
und frage einen Miether, der sich eine Wohnung sucht, ob ihm
jener dunkel gehaltene Flur oder dieser hell tapezirte besser gefällt.
In alten, gewohnten Verhältnissen wird ihm das zufällig Ge-
wohnte ganz behaglich vorgekommen sein, neuen Verhältnissen
gegenüber wird er sich fraglos für den Hellen Flur entscheiden.
Instinktiv wird er fühlen, daß dem Flur in erster Time Klarheit
und Aebersichtlichkeit nöthig ist, daß alle inneren und äußeren
Zwecke eines Uebergang-
Raumes zwischen der
Treppe und den wohn-
räumen Helligkeit verlan-
gen. Daß die modernen
Miethskasernen gerade den
Flur entsetzlich stiefmütter-
lich behandeln, ist kein Be-
weis gegen die Gesundheit
solchen Gefühles. Und so
gut wie demFlur gegenüber,
wird er jedem wohnraum
gegenüber, sobald er eben
vor eine Alternative gestellt
wird, instinktiv fühlen,
welche Tapete, welcher
Teppich gerade hier und
nur hier am Platze ist.

Es ist also nur nöthig,
dieses instinktive Gefühl zu
einem stets bereiten Ge-
schmacksurtheil auszuge-
stalten. Die indirekte
Methode möchte hier wie in so vielen anderen Fällen besonders
am Platze sein. Statt zu fragen, „welche Fußboden-Bedeckung
eignet sich am besten für den Flur?" frage man: „ist ein dunkler,
weicher Belag besonders zu empfehlen?" Im Korridor oder
Flur einer bürgerlichen Wohnung gewiß nicht! wird die ein-
müthige Antwort aller Gefragten sein. Man denke nur an
Regenschuhe! Man kann doch nicht wohl Schirm und Gummi-

schuhe auf der Treppe stehen lassen! Hier ist ein Strohläuser,
der einige rücksichtslose Behandlung verträgt, immer noch am
besten geeignet, trägt er doch auch durch das Helle Flechtwerk
zur Erhellung des Raumes bei.

And so kann man weiter fragen, durch alle Räume gemächlich
hin und her wandernd. Ist im Eßzimmer eine kalt-blaue
Tapete am Platz? im Arbeitszimmer eine Tapete mit Rosen-
zweigen zwischen Gartenhauslatten? im Boudoir eine schwere

Leder-Imitation? Jede
Frage wird sofort ihr
„Nein" als Antwort finden
und in diesem „Nein" liegt
die Beantwortung der wei-
teren Frage: „was wäre
denn besser geeignet?" schon
enthalten. Die Tapete eines
Damenzimmers, in dem
leichte Konversation getrie-
ben, ein wenig musizirt,
ein wenig gekünstelt wird,
in dem die Kobolde des
zierlichen Witzes, verfei-
nerten Lebensgenusses ihr
Wesen treiben, muß leicht,
duftig, liebenswürdig sein.
Es würde nicht einmal
etwas schaden, wenn Blü-
thenzweige und Vögel ein
wenig naturalistisch hinein-
gucken. Nur hüte man
sich, mit einem Nagel brutal
in die kleinen Leiber hineinzuschlagen, der symmetrischen Anord-
nung einiger Bilder zur Lieb! Und die Tapete des Herrenzimmers,
wenn es ein wirkliches „Arbeitszimmer" ist, soll Kunde geben
von dem Ernst der Arbeit, von stillem Denken, deshalb muß sie
gedämpfte, schwere Farben haben, muß selbst ernst und würdig
sein. Man sieht, es ist unnöthig, diese Dinge weiter auszuführen.
Sie liegen gar zu selbstverständlich vor Augen, sobald man sich

Abbildung Nr. ;o;o. Ba-rximmep mit Holz-verkleideter Wanne.

Aus der Fabrik: Aktien-Gesellschaft Lchäffer L walcker, Berlin.

Die Mmn und dieWohnungs-Hugslhulliljrung.

von p. Philipp!, Trier. (Fortsetzung von Seite

etzt sind wir auf dem Punkte angelangt, daß die Möbel
im Zimmer vertheilt werden sollen, und es ist ein
Hauptfehler, wenn man sich hierbei einer steifen Sym-
metrie befleißigt. Die Einrichtung soll unsymmetrisch aber har-
monisch sein und den Eindruck der Bequemlichkeit machen, man
vergißt zu oft, daß derartige angenehme Eindrücke eine Zierde
bilden. Die Hauptmöbel sollen nicht in der Mitte der wand
sich gegenüberstehen, das Fotografie-Album oder die üblichen
prachtwerke sollen nicht genau auf der Mitte des Tisches liegen,
der Blumentisch nicht in der Mitte der Fensternische stehen usw.
Alle die kleineren beweglichen Gegenstände, wie Bücher, Tisch-
lampen, bessere Tintenfässer und dergleichen sollen nicht bestimmten
Plätzen als ständiger Schmuck dienen, vielmehr gehört es zu ihrem
Wesen, daß sie den Eindruck der Benutzung machen und sich an
solchen Stellen aufhalten, wo sie zufällig aus praktischen Gründen
hin gelegt oder gestellt wurden.

Für alle Holzmöbel, Thüren und Fenster eingeschlossen, gilt
dasselbe, was beim Fußboden bemerkt wurde, ein Gelfarbenstrich
(welcher nur auf Stein und Mörtel augewendet werden soll) ist
eine Sünde gegen alles natürliche Stilgefühl. Ferner sei bemerkt,
daß es eine Ansitte ist, Tische zu poliren, da ein solcher Tisch
das unangenehme Gefühl hervorruft, daß jede halbwegs unge-
zwungene Benutzung eine Beschädigung des Möbels zur Folge

hat; eine derartige Eigenschaft ist unästhetisch, und der Umstand,
daß meistens eine Decke die Tischplatte schützt, ändert daran
nichts, denn seiner vielseitigen Bestimmung gemäß muß ein ver-
nünftiger Tisch auch ohne Decke benutzbar sein.

Innerhalb der wohnräume ist das Holz dem menschlichen
Gefühle oder, genauer gesagt, dem Tastsinne sympathischer als
der Stein, und die dünne Papiertapete, welche in der Regel unsere
Zimmerwände bedeckt, mildert den harten und kalten Karakter
der letzteren nur in sehr unvollkommener weise. Die Behaglichkeit
eines Zimmers wird daher bedeutend erhöht, wenn die wand,
soweit man mit derselben in Berührung kommt, also etwa in
Manneshöhe, mit Holz bekleidet ist. Auch die einfachste Holz-
täfelung, dunkel gebeizt, geölt oder gebahnt, ist immer durchaus
stilvoll. Der obere Rand einer Holzbekleidung soll nicht, wie es
vielfach üblich ist, mit einem Gesimse abschließen, sondern mit
einem regelrechten Wandbrett, welches sowohl mit allerlei Zier-
rathen, wie Krügen mit Blumensträußen, schönen Trinkgefäßen usw.
in malerischer Anordnung besetzt wird, als auch praktischen
Zwecken dient.

Ist keine Holzbekleidung vorhanden oder möglich, so belebe
man die Wände wenigstens mit solchen Wandbrettern, und hänge
die Bilder und sonstigen Wanddekorationen in unsymmetrischer
Grdnung darüber und nebenher, doch so, daß sie mit einer gewissen
rhythmischen Gesetzmäßigkeit in angenehmerweise vertheilt sind.
Man wird z. B. nicht die größten Gegenstände an den äußersten
Seiten den Abschluß bilden oder die Bilder usw. der Größe nach
 
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