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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 6.1895

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Mielke, Robert: Aus nordafrikanischen Fürsten-Schlössern
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https://doi.org/10.11588/diglit.6759#0123

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DE" Die Zeitschrift ist verbreitet in alten Kultnrstaaten. -dL

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Nur Sonder-Hefte sind einzeln ä. Mk. 2.— erhältlich.

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt» Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

VI. Jechrg. 1895.

-U Leipzig Dm'mstadt Wien. W-

Imn-tzeft.

lls nordafrikanischen Mursten-^Mchlüssern.

von Robert Mielke.

(Um unheilvolles Verhängniß
^ scheint auf den Schlössern
des Islam zu lasten, welches
dieselben, nachdem sie eben erst
vollendet, den verhaßten Un-
gläubigen überliefert. Die
prächtige Zauberburg der
Nassriden bei Granada diente,
vollständig ausgebaut, erst ein
Jahrhundert ihren Erbauern,
als sie in den Besitz der Rasti-
lier überging. Die nicht minder !
santasievollen Erzeugnisse der
Runst aus Sizilien sollten noch
früher christlichen Zwecken
dienen. Noch unheimlicher
aber sind die Geschicke der I
Fürstenschlösser auf afrika-
nischem Boden. Soeben hatte
der Exkhedive Ismael ver-
sucht, orientalischen Luxus mit
europäischer Technik zu ver-
schmelzen, da langten schon
die beutegierigen Hände John
Bulls nach seinen Schlössern.
Nur wenige Jahre nach der
Erbauung der Paläste zu Algier, Konstantine, Tunis, von den
kleineren ganz zu schweigen, erfreuten sich die Erbauer derselben

— dann kamen die Franzosen und machten sichs in denselben
bequem. Es ist, als wollte ein unabwendbares Kismet die
Mauren dafür strafen, daß ihre Vorfahren einst mit roher Hand
nach den Schätzen der Antike langten, um mit ihren Trümmern
eine neue Kunst, die der brutalen Erobererhand, zu schaffen.

Die Kunst des Islam in den Theilen Afrikas, die der Ein-
geborene mit dem Worte Maghreb, d.i. das Abendland, bezeichnet,
ist keine originale; vielmehr trägt sie hier mehr denn anderswo
die Zeichen ihrer Abstammung an sich. In Moscheen sowohl
wie in den Schlössern bricht immer wieder der Einfluß der
römischen Antike durch, hier durch den Grundriß, dort durch
Bauglieder, die in naivster Weise einfach von den vielen Hunderten
verlassener, halb vom Wüstensande begrabener Römerstädte ge-
nommen sind, bald auch in den ornamentalen Details, die aller-
dings durch eine fremde Technik ein fantastisches Aussehen erhalten
haben. So viele Umwälzungen, Revolutionen und Zerstörungen
aus diesem Gebiete, in dem unsere vandilischen Vorfahren einst
ein Weltreich errichteten, einander auch folgten, sie haben doch
die künstlerische Ueberlieferung nicht unterbrechen können, welche,
weil ihr jedes konstruktive Empfinden und Rönnen abging, vor-
zugsweise an dem Handwerksmäßigen, an dem durch primitive
Werkzeuge Eingeschränkten, hängen blieb und so der Fantasie den
Spielraum gab, im Meinen und Einzelnen eine reiche, nimmer
erschöpfte Gedankenfülle auszugießen. Die Elemente dieser nord-
afrikanischen Kunst sind zu zählen, die Freiheit aber, mit der sie
immer wieder zu anderen Verbindungen gestaltet werden, ist so
I übergroß, daß sie vor jeder Erstarrung — dem Moloch der
^ europäischen Kunst — gesichert blieben. Weil eben der große
 
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