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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Neue keramische Erzeugnisse für Innen-Dekoration in Paris
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Londoner Linoleum-Neuheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0076

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5eite 50.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

!Närz-kfeft.

Neue keramische Erzeugnisse für -rDiineil-^dklwralian

in Henris.

er Keramik, dieser Schwesterkunst der freien Skulptur, scheint sich
jetzt wieder ein neues Gebiet erschlossen zu haben. Man hat
den sehr wohlgelungenen versuch angestellt, die hohe Holztäfelung,
der Wände, wie sie hier üblich, durch eine in gebranntem Thon ausgeführte
Verkleidung zu ersetzen. Schon seit einiger Zeit wurden Anstrengungen
gemacht, um das Holz des Wandpaneels durch etwas Anderes zu ersetzen;
man hat sowohl zu Linoleum als auch zu den Zink-Lmailplatten für diesen
Zweck gegriffen. Diese Ersatzmaterialien haben sich als höchst praktisch und
auch recht hübsch erwiesen; es mangelte ihnen aber das künstlerische Gepräge,
das man bei der eleganten Innen-Ausstattung eines Raumes um keinen
Preis missen möchte. Kommt der Kostenpunkt nicht in Betracht, so mag mit
einer Verkleidung in Thon wohl das Richtige erzielt sein, denn nichts ist
eigentlich von schönerem harmonischem Eindruck als die gebrannte Thonerde
mit ihren schillernden Reflexen, bald goldig erscheinend, bald tiefdunkel, bald
wie rosa angehauchter Granit. Die harte, gleichmäßige Holzfarbe kann sich
an Reiz mit diesen Lhangeant-Lffekten nicht messen.

Ein besonders schönes Stück der keramischen Kunst auf diesem Gebiete
ist hier kürzlich ausgestellt worden, nämlich eine über mannshohe Wand-
Verkleidung in gothischem Stil. Der untere Theil springt ziemlich siark vor
und ergibt eine Art Konsole zum Aufstellen von Vasen, Schmuckschalen und
alterthümlichen Krügen wie das jetzt beliebt ist, der obere bedeutend reicher
ausgearbeitete, den frei gearbeitete dunkelgrüne Ranken durchschlingen und
umziehen, tritt dagegen leicht zurück und seine schlanken Spitzbogen, die mit
Kreuzen und stilisirten Blumen verziert sind, lehnen sich an eine dahinter
befindliche Balustrade, die ein kunstvolles Gitterwerk darstellt, an. Das
Ganze ist in gelbbräunliche Holzfarbe imitirendem Thon gehalten und die
Flächen zwischen den Sparren und den gebälkartigen Verzierungen sind durch
stark zurücktretende Kacheleinsätze ausgefüllt, theilweise gepreßt, theilweise
glatt, theilweise geflammt in blaugriin und in braun. Die Thüröffnung
schließt eine breite, blattähnliche, dicht gewundene Bordüre ab; die Pfeiler
zu beiden Seiten — sehr breit und massig unten — streben im oberen Theil
als schlanke, durchbrochen gearbeitete Säulen nach oben.

Bei einem auf derselben Ausstellung befindlichen Kamin-Modell ver-
bindet sich Vriginalität der Komposition mit hoher, technischer Vollendung;
ein ganz besonderes Kompliment verdient der Künstler aber für sein feines
Farbenverständniß. Die Nüancen verschmelzen sich so vorzüglich und sind
dabei so abwechslungsreich, daß wirklich „Stimmung" dadurch geschaffen
werden kann.

Den einzigen Vorwurf, den man erheben könnte, betrifft die Form,
nämlich daß die den oberen sehr gewaltigen Aufsatz stützenden Säulen mit
kapitälartig vorspringendem, reich verziertem Gesims, auf das bunt gefärbte
Figuren gestellt sind, zu schwach für den oberen Aufbau erscheinen, wodurch
ein wenig die Freude des Beschauers am Ganzen beeinträchtigt wird. Als
Farben sind rosagelb in Verbindung mit braungrün und grünblau gewählt
worden und dadurch, daß die zurücktretenden Parthien, die Rinne an den
Säulen rc. dunkler gehalten sind, wird die wirkliche Plastik noch durch eine
zweite scheinbare verstärkt. Bei dem oberen Aufsatz, der die Form eines
Rechtecks hat, das schildartige Seitenverzierungen, Nischen mit Figuren, die
wie unter einem Thronhimmel stehen, vorspringende Thierköpfe rc. erleichtern,
damit es nicht allzu massiv erscheint, wird die ganze Mittelwand durch eine
Art Gemälde im Unnt-Rslisk eingenommen. Darüber erhebt sich ein mit
Büsten und Medaillons geschmückter Giebel, den schlanke Säulen an den
Endpunkten stützen, zugleich die Nischen für die aufgestellten Figuren ergebend.
Letztere sind hell gehalten und vollständig naturgetreu bemalt; von den
Gewändern sprühen leichte Goldreflexe auf, als wären Kleinodien aufgesetzt.
Der Stil Renaissance ist bei dem Ganzen verfolgt worden, wenn auch nicht
in allen Details getreu eingehalten.

Lin schönes Modell einer Abschlußbalustrade in ca. ; Meter Höhe in
mattem Gelb war ebenfalls ausgestellt. Die gewundenen Ecksäulen krönte
ein hoher Fries mit krausen Verzierungen; jede Arabeske des fortlaufenden
Musters schloß mit einem stilisirten Kleeblatt ab, unter dem sofort das nächste
Motiv ansetzte.

Wenn derartige hervorragend schöne Stücke ausgestellt werden, erhält
das kunstgewerbliche Leben hier stets einen neuen Impuls. Die Idee des
Künstlers wird weiter ausgebeutet oder auch nur einfach reproduzirt, aber
mit den Veränderungen, die im Geschmack und verständniß des einzelnen
sich damit Beschäftigenden liegen, denn „anders malt in jedem Kopfe sich
die Welt" und ebenso ein Kunstwerk. Die großen Häuser, die die Aus-
führung alles dessen, was die innere und äußere Dekoration der Wohnhäuser
anbetrifft, übernehmen, veranstalten durch das gute Beispiel angespornt in
ihren eigenen Sälen kleine Spezial-Ausstellungen, wo sie ihr Bestes bieten,
und die den Zweck haben, das durch die großen Lxpositions frisch angeregte
Interesse des Publikums sozusagen auszubeuten und dasselbe zu einem Kauf
oder einer Bestellung zu veranlassen, an die man sonst vielleicht nicht denkt.

Unter Anderem erregt jetzt eine Kollektion neuer Defen Aufmerksamkeit^
zu denen die Modelle eben fertiggestellt worden sind. Für Speisezimmer-
Einrichtungen bestimmt, sind sie sämmtlich in schönem Dunkelbraun oder
gedämpftem Roth gehalten und meist zweitheilig, d. h. aus einem unteren
zurücktretenden und einem oberen stark vorspringenden Theil bestehend. So-
sehr auch sonst für Wohnungs-Dekoration alles Stilvolle geboten erscheint,
so ist für diese Gefen doch eine ganz bestimmte Richtung zu verfolgen nichb
für nöthig erachtet worden. Renaissanceschilder an den Ecken verbinden sich
mit hohen Reliefverzierungeu Louis XIV. und aus korinthische Säulen fügt-
sich ein jonisches Kaxitäl. Die Form ist gewöhnlich die eines Rechtecks, doch
kennen wir auch den obeliskähnlichen Dfen und sogar das langgestreckte-
Dreieck. Allerdings waren bei diesem letzteren die Verzierungen —- Rosen-
zweige, Chrysanthemen und verschiedene Fantasieblumen alle riesig groß und
aus rosagelblichem Thon geknetet, während der «Ofen selbst mehr bräunlich
gehalten war — oben derart angebracht, daß sie die Form des Rechtecke
wieder einigermaßen herstellteu.

Für den Salon zeigte man fein gemalte Kachelöfen-Modelle mit weißer,
crsme, grauer oder zartblauer Grundfarbe. Es erfreuen sich übrigens auch
einfach weiße, stark gepreßte großer Beliebtheit, mit einer farbigen Kachelreihe-
dicht unter dem reich ausgearbeiteten oberen Aufsatz versehen.

Mondvneh Mirwleum -Meuheiten.

Verbrauch von Linoleum, das in London selbst fast in keinem Hauj>
fehlt, ist in ganz England ein ungemein großer, und dem entspricht
die Zahl der neuen Muster, die fast fortgesetzt auftaucheu, und einen viel
rascheren Wechsel in der allgemeinen Geschmacksrichtung veranlassen, als dies
bei anderen ähnlichen Artikeln, wie z. B. Teppichen, der Fall ist. Namentlich
einige Wochen vor Weihnachten kann man in der Regel darauf rechnen,
daß irgend ein neues Genre auftaucht, das dem Modegeschmack wieder eine
andere Richtung gibt, und diese Erwartung hat uns auch diesmal nicht
getäuscht. Es sind hauptsächlich zwei Genres, die als eigentlich neu gelten
können, nämlich aus farbigen Würfeln und Dreiecken zusammengesetzte Mustev
in sogenanntem „eingelegtem" Linoleum und, was noch weit aparter wirkt,
eine neue Art der Mosaik - Imitation, die die bisher unter diesem Namen
laufenden Sorten au Schönheit und Täuscheffekt bedeutend übertrifft. Das
erstere eingelegte Genre, das an sich nicht neu, und bereits seiner Dauer-
haftigkeit wegen bekannt ist, erschien in einer überraschend großen Zahl neuer
Muster, die theilweise in sehr geschmackvoller weise ausgeführt, zwar keinen
glänzenden, reichen Eindruck machen, dafür aber den vortheil der Einfachheit
und Natürlichkeit für sich haben. Man sieht auf den ersten Blick und schon
von Weitem, daß man weder einen Teppich, noch eine Matte, noch Mosaik,
sondern daß man Linoleum vor sich hat, und es sieht trotzdem hübsch aus.
Die meisten der neuen Muster sind nur aus wenigen indifferenten Tönen als
matt ziegelroth, blaßblau, meergrün, bräunlichgelb und weiß zu eingelegt
erscheinenden Sternfiguren zusammengesetzt, und es herrscht dabei in der Regel
eine Farbe vor, die den Grund bildet. Am wirkungsvollsten machen sich
diejenigen Dessins, die aus großen Stücken zusammengefügt erscheinen, und
die natürliche braune Farbe des Linoleums als Grundton sehen lassen. Div
reichliche Benützung von Schwarz und Weiß trägt sehr viel zur Belebung
der Muster bei, die mit Holzmosaik oder parquet zwar einige Ähnlichkeit
besitzen, aber doch nicht im Stande sind, oder sein sollen, diese Illusion zu
erwecken. Ls erschienen indessen auch einige neue Parquetbodennachahmungeir
von täuschender Wirkung. Line derselben, die in dem röthlichen Braun von
geöltem Holz gehalten, schief ineinander gefügte Dielen und nur matten
Glanz aufweist, sowie eine andere, die einen in zweifarbigem Holze gelegten
und gewachsten Boden darstellen sollen, bei beiden läßt die Täuschung nur
wenig mehr zu wünschen übrig. Hübsch macht sich auch ein neues Muster
von schräg zusammenstoßenden weißen und schwarzen Larreaux, das in ver-
schiedenen Größen erschien, vor diesen eigentlichen Nachahmungen hat das
obengenannte eingelegte Linoleum, wenngleich es etwas unbedeutender aus-
sieht, den Vorzug größerer Dauerhaftigkeit. Es ist viel dicker und fester, und
ist auch hauptsächlich für solche Zwecke bestimmt, die ein widerstandsfähiges
Material erfordern. Dies ist bei den neuen Mosaik-Imitationen in weniger
ausgesprochenem Maße der Fall, während sie sich dagegen durch eine über-
raschend schöne Wirkung auszeichnen. Der Grund wird in der Regel gelblich
weiß gehalten, von unregelmäßigen rothbraunen Strichen durchquert, die den
Zwischenraum zwischen den einzelnen Steinchen darstellen sollen, während-
sich nun ein sehr buntfarbiges, aber geschmackvolles Rankenmuster von stili-
sirten Blumen hindurchzieht. Die meisten der Muster wurden sichtlich antiken
«Originalen entlehnt und zu fortlaufenden Dessins umgestaltet. Am schönsten
nehmen sich diejenigen Genres aus, bei welchen die Steinchen äußerst klein„
aber rund und erhaben hervortreten, so daß sie zusammen wie eine perlen-
besäte Fläche erscheinen, aus der die stilisirten Blumen und gewundenen
Ranken im leuchtendsten gelb, blau, roth, grün und braun hervorglänzen.

Unter den modernen Teppich-Imitationen fallen besonders die zahl-
reichen orientalischen Muster ins Auge, deren üppige Farbenpracht auf dem.
 
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