Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Mehr Wahrheit und Persönlichkeit in Jedermanns Heim, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zu beziehen nur halbjähr

Zahlung vierteljährlich für

für Oesterr.-Ung. u. das ge.1
Telegramm-Adresse: Koc

ich {Jan. bezw. Juli).
Deutschland Mk.5.—,
iiminte Ausl. Mk. 5.50.
h Verlag, Darmstadt.

Nachdruck nur mit spezieller Erlaubuiss U, genauer Quellen-Angabe gestattet.
Sämmtliche Original-Illustrationen stehen unseren Lesern zur Verwerthung frei.
$0$* Die Zeitschrift ist verbreitet in allen Kulturstaaten. ■^■Gß

Illustrationen u. textl. Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Anfangs jeden Monats erscheint ein Heft.
Nur Sonder Hefte sind auch einzeln erhältlich.

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig.
Insertions-Bedingungen amSchluss derZeitschr.

IX. Jahrg

. 1898. -

fg Leipzig Darmstadt Wien. §g-

Januar-Heft.

Mehr Wahrheit uNp persöNuöreit iN jepermaNNs Heim.

Von Ernst W. Brcdt.

OLIERE lässt die genaue Karakterisi-
rungf der Marianne*) mit einer kurzen
Beschreibung der Bilder schliessen, die
sie sich in ihrem Zimmer aufgehängt
hat. Dies dünkt mir eine besonders
feine Beobachtung des Dichters zu
sein und könnte wohl als Illustration
zu einem jener Sprüchworte gelten, die
den Menschen nach dem, womit er
sich umgibt, beurtheilen. Die Zahl derartiger Worte ist
gross. »Sage mir mit wem Du umgehst und ich will Dir
sagen wer Du bist.« — »Wie der Herre, so's Gescherre.« —
»Le style c'est l'homme.« Alle diese Worte wollen uns die
Erkenntniss des Wesens eines Menschen erleichtern. Es
schien deshalb wohl nicht allzu gewagt, eine moderne
Variante zu dem ersteren Sprüchworte zu bilden: »Zeige
mir Deine Wohnung, und ich will Dir sagen wer Du bist.«**)
Ich vermuthe allerdings, dass diese Behauptung zunächst
mancher lächerlich findet. Jedoch räumt man ihr vielleicht
schon eine gewisse Richtigkeit ein, wenn man an die Neigung
so vieler Personen denkt, die Räume zu besichtigen, in denen
grosse Geister einst gewirkt und gelebt haben. — Vielleicht
gestattet mir der geneigte Leser die diskrete Frage an ihn
zu richten, ob er sich wirklich nie im Empfangszimmer bei
ihm noch unbekannten Personen umgeschaut hat, um nach
Ordnung und Einrichtung des Raumes sich sozusagen ein

*) In »Der Geizige«. **) Zeitsem-, für Innen-Dekoration, Darmstadt.

Bild von der Persönlichkeit seines Wirthes zu skizziren?
Wer ehrlich ist, wird das nicht leugnen können, und wer
vernünftig ist, wird es nicht leugnen wollen. Der Mensch
»äussert« sich eben durch mehr als seine Sprache. Mit Recht
schliessen wir von der äusseren Erscheinung eines Menschen
auf sein inneres Wesen, wie der Geologe von der Formation
auf den Boden gehalt schliesst. So sind neben Physiognomie
und Gestalt eines Menschen sicher und mit Recht auch die
Umgebung, die Häuslichkeit desselben von Einfluss auf uns
bei der Beurtheilung seiner Persönlichkeit. Offenbar beruht
auf dieser Erwägung das in England und Amerika mehr als
bei uns beliebte Abbilden berühmter Leute in ihren Arbeits-
oder Wohnzimmern. Ein künstlerisches Portrait hat natürlich
solches Beiwerk nicht nothwendig, es würde von ihm beein-
trächtigt werden, bei einem Momentbild aber, wie doch das
photographische oder das vom Dilettant ausgeführte Portrait
genannt werden darf, wirkt es ergänzend mit.

Allerdings wird man besonders bei reichen oder hoch-
stehenden Personen nur mit einiger Vorsicht die Wohnung
zu ihrer Beurtheilung mit in Betracht ziehen dürfen, weil
diese, wenn sie nicht bewusste Persönlichkeiten sind, sich der
Mühe des Einrichtens entziehen, indem sie dies einem
»Dekorateur« übertragen, der dann einfach nach dem oder
jenem Stile das Haus oft bis in's Kleinste möblirt und aus-
staffirt. — Sicherer geht man in dieser Hinsicht schon in der
Wohnung einer etwa dem Mittelstande angehörigen Familie,
wenngleich auch hier statt des Dekorateurs immerhin ein
 
Annotationen