Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Zu unseren Illustrationen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0046

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 30.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

m UNSEREN ILLUSTRATIONEN.

In der Erfüllung unseres mit der im Dezember-Heft des
abgelaufenen Jahrganges unserer Zeitschrift in Aussicht
gestellten Programm - Erweiterung gegebenen Versprechens,
bieten wir bereits in dem vorliegenden Hefte mehrere Re-
produktionen nach von englischen Architekten entworfenen
Innen-Räumen. Es ist im Laufe der Jahre soviel Rühmens-
werthes über die Vorzüge der Innen-Dekorationen englischer
Wohnräume geschrieben worden, natürlich hat es auch nicht
an widerlegenden Aeusserungen gefehlt, so dass wir heute
in der Lage sind, uns in der Ruhe nach dem Streite mit
grösserer kriterischer Würdigung dem fachmännischen Hinein-
leben in die zweifellos hohen künstlerischen Werthe derartiger
englischer Schöpfungen hingeben zu können. Neben manchem
Barockem hat uns England doch auch viel Gutes, Reifes
und Schönes geboten und es hiesse hier die Bedeutung des
ungehemmten Verkehres der Völker völlig verkennen, wollte
man grundsätzlich nur aus dem Grunde tadeln, weil dieses
oder jenes eben ausgesprochenen englischen Kunstkarakter
zeigt. So hat ja England auch manche, wohl die meisten
der von ihm verarbeiteten Anregungen und Ideen aus Amerika
erhalten; zum Theil finden wir manches von deutschem
Boden dazwischen und interessant ist es für uns, von Zeit
zu Zeit derartige Verschmelzungsprozesse in ausgeführten
englischen Architekturen und dekorativen Schöpfungen zu
verfolgen.

In der 1897 er Internationalen Kunstausstellung im Glas-
palaste zu München waren auch mit recht vortheilhaften
Leistungen eine Reihe englischer Architekten vertreten, was
uns Veranlassung gab, das Veröffentlichungsrecht mehrerer
der ausgestellten Darstellungen ausgeführter Innen-Räume
nachzusuchen. Von dem Architekten James A. Morris in
Ayr (Schottland) bieten wir in den Abbildungen Nr. 761 und
764 sowie in der Beilage des ersten Bogens karakteristische
Innen-Räume aus Savoy Croft, Ayr, die bei aller Strenge
— namentlich in dem Betonen der Vertikalen — durch die
Wahl ihrer Mittel doch einen überaus harmonischen und wohn-
lichen Eindruck machen. Vorbildlich erscheint uns die Bevor-
zugung des einfach und massvoll bearbeiteten Holzwerkes,
das den Räumen eine ganz besonders warm - behagliche
Stimmung verleiht. Was uns an diesen spezifisch englisch
gestalteten Räumen auffällt, ist, dass auch sie an demselben
Uebel kranken, das uns Deutschen zum Vorwurf gemacht
wird, d. h. sie sind etwas überfüllt. Nüchterner erscheint
dagegen der in Abbildung Xr. 765 wiedergegebene kleine
Leseraum der Arngash - Bibliothek in Glenfarg von dem
Architekten Alex. N. Paterson in Glasgow, in welchem das
Holz gleichfalls und zwar in etwas monotoner Verwendung,
so in den zu ärmlich wirkenden Füllungen, zur Alleinherrschaft
gelangt ist. Hierbei muss man unwillkürlich an die schönen
wirkungsvollen Maser-Reliefs der Firma J. Buyten & Söhne
in Düsseldorf denken, von denen drei Beispiele auf Seite 31
gegeben sind. Für ganz besonders werthvoll und anregend
halten wir die auf Seite 24 abgebildeten beiden Fassaden-
Ansichten der eben genannten Arngash-Bibliothek in Glenfarg.
Diese Lösung erinnert zu allererst an amerikanische Cottagen,
denn der Dachreiter mit Uhr stempelt sie noch nicht zu einem
öffentlichen Gebäude. Die ganze Anlage hat etwas so intim-
anheimelndes, dass wir sie wohl anstelle mancher deutschen,
wasserthurmartig aufwachsenden Villa sehen möchten. Es
liegt etwas ungemein Anziehendes darin, dass sich Einfamilien-
Häuser mehr im Grundriss als im Aufriss ausdehnen, es ist
gleichsam als ob das Haus mit der heimatlichen Scholle ver-

wachsen ist. — Zwei weitere, dem modern-englischen Stil-
karakter geschickt angepasste Räume haben wir noch in den
beiden unter Abbildung Nr. 76g und 770 reproduzirten
Küchen-Einrichtungen der zu Gunsten der »Neuen Richtung«
äusserst strebsam thätigen Firma G. R. Schiele in Frank-
furt a. M. Wir kennen diese Einrichtungen aus eigener
Anschauung; es sind recht appetitliche Räume, in denen
alles solid, zweckmässig und wirklich benutzbar eingerichtet
ist bei geschmackvoller Durchführung der zierenden Einzel-
heiten, wobei auch die Farbe eine wesentliche Rolle mitspielt.

In welch' segensreicher und nachahmenswerther Weise
bekannte Berliner Architekten-Firmen der Innen-Dekoration
ihre künstlerische Thätigkeit widmen, zeigen die in den Ab-
bildungen Nr. 7 7 1 und 773 sowie in der Beilage des zweiten
Bogens enthaltenen Einblicke in prunkvolle Interieurs des
vornehmen Berliner Westens. — Die Architekten Cremer
und Wolffenstein, Berlin, denen die künstlerische Entwurfs-
Arbeit und Bauleitung oblag, bekunden in diesen Schöpfungen
wieder in welcher Vielseitigkeit, so in dem ostasiatisch aus-
gessatteten Herrenzimmer (Abbildung Nr. 771) im Hause des
Herrn Pintsch, den Wünschen ihrer Auftraggeber zu ent-
sprechen wissen. Zu einem gediegenen Repräsentations-Raum
ist die reich ausgestattete Halle auf der zweiten Beilage
gestaltet, in der fein abgewogene architektonische Verhältnisse
in der Raumbildung wie auch im Schmucke walten. — In
Abbildung Nr. 775 sehen wir noch den Entwurf von Hermann
Bäumer in Barmen zu einem Damen-Zimmer mit Erker in
barockem Karakter mit chinesisch-japanischen Ziermotiven,
der namentlich in seinen Einzelheiten sehr geschickte Formen
und Ornamente aufweist. In der in Abbildung Nr. 768
gegebenen Treppenhalle von Hartmann & Ebert, Chemnitz,
die an sich recht malerisch wirkt, stört leider das gusseiserne
Säulenpaar, das mit der eingebauten Treppe in recht unorga-
nischem Zusammenhang steht.

*

BAYERISCHES GEWERBE-MUSEUM IN NÜRNBERG. Aus-
stellung von modernen Erzeugnissen des Kunstgewerbes.
Vor wenigen Tagen ist im Goldenen Saale des Ausstellungs-
gebäudes der Permanenten Ausstellung für Industrie und Handel
in Nürnberg eine für Künstler, Kenner und Freunde der Kunst
bemerkenswerthe Ausstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse
eröffnet worden, die dem heute in allen Kulturländern erfreu-
licherweise wahrnehmbaren Streben ihr Dasein danken, sich
von der Nachahmung vergangener Formweisen zu befreien
und einem aus dem Geist und den Anschauungen der eigenen
Zeit erwachsenen Stil die Wege zu bahnen. Die Ausstellung,
die hervorragende Namen aufweist, umfasst die verschiedensten
Zweige des Kunsthandwerkes, wie die Keramik, Glasbläserei,
Glasmalerei, Goldschmiedekunst, Kupfer- und Eisenschmiede-
kunst, Zinngiesserei, Gobelinwirkerei, Holzbrandmalerei und
verschiedene graphische Künste, wie die Buchverzierungs- und
Plakatkunst, und ist vortrefflich dazu angethan, das Interesse
für die die gesunden Keime der Zukunft in sich tragenden
Bestrebungen des modernen Kunsthandwerkes rege zu machen.
Die Zeit ist vorbei, da man sich im Kunsthandwerk mit künst-
lerischen Schöpfungen begnügte, die das Gepräge vergangener
Stilweisen tragen, sondern wahrhaft zu befriedigen vermag
heute nur ein Werk, das frei von den Formen einer ver-
gangenen Zeit der unmittelbare Ausdruck eines selbständigen
künstlerischen Fühlens ist. Dass der Periode der Stilkunst
eine Zeit folgen würde, die ihre eigene künstlerische Formen-
sprache redet, war allen gewiss, die es ernst nahmen mit der
Kunst, und die es verstanden, aus der Vergangenheit richtige
Schlüsse zu ziehen; die prächtigen Leistungen unserer modernen
Kunst beweisen, dass diese Zeit nunmehr gekommen ist. —
 
Annotationen