Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Einheitlich-Künstlerisch vorgerichtete Wohnungen
DOI Artikel:
Frantz, Henri: Emile Gallé, [2]
DOI Artikel:
Schmitz, Oscar A. H.: Ueber Technik, Form und Stil, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0114

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Juni-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 91.

hier nicht darlegen. Sicher aber wird man einst auf Bauten
wie dieses Privathaus oder jene Palastwohnungen am Sieges-
thor hinweisen, als Bauten, in denen in der ersten Entwicke-
lungszeit eines neuen Stiles, in dessen jungen Formen ein
einheitliches Ganzes zu bilden versucht wurde. e. w. b.

emile galle.

(Schluss von Seite 88.)

Diesem Fehlgriff entspringen wohl die Tadel, welche gegen
diese Methode, seine Gläser mit Versen zu schmücken,
laut geworden sind. Würde Galle ablassen von diesen düsteren
Reimen und zurückkehren zu unseren grossen Dichtern —
er würde den Tadel sich in Lobsprüche verwandeln sehen.

Emile Galle war der erste Künstler, welcher dem Möbel
einen neuen Schmuck und eine neue Form gegeben hat, und er
hat auch eine ganz Anzahl junger Künstler beeinflusst, welche
sich direkt an ihn wandten. Die erste Bewegung für diese
Werke äusserte sich gegen das Jahr 1891. Einige Zeit nachher
gründete sich nicht ohne Kämpfe die Sektion der dekorativen
Kunst des Champs de Mars und der Champs Elysees. Galle
war weit davon entfernt, diesen Umgestaltungen und diesen
Fortschritten fremd zu bleiben und darum schuldet ihm auch
die französische Kunst grosse Dankbarkeit.

Von 1884 an hatte Galle die japanische Kunst studirt»
welche ihm eine wahre Entdeckung wurde und für welche
er seine tiefe Bewunderung offen bekundete. Kann man
sagen, dass er sie buchstäblich kopirte ? Keineswegs! Es
ist der Geist der japanischen Kunst, welcher ihm als Vorbild
gedient hat, ihm zeigend, dass man sich der Natur nähern
müsse. Galle schrieb übrigens selbst über diesen Gegenstand:
»II est vrai que le meme modele vivant de mes bois a ete
interprete au Japon et en Europe par des artistes qui en ont
fait des decors naturalistes souples et libres, chacun bien
entendu avec son temperament, sa race, son individualite.«
Die Geschichte der Verzierung beweist überdies, dass diese
naturalistische Art nicht auf uns gewartet hat, sondern dass
sie von früheren Jahren herrührt, da die Skizzenbücher von
Hökousai schon davon sprechen.

In allen seinen Möbeln sucht er so intim wie möglich
mit der Natur zu arbeiten; er entleiht ihr für dieselben so-
wohl die Farbe als die Form. Wenn er z. B. einen Schrank
oder einen Stuhl anfertigt, nimmt er sich als Vorbild eine
Pflanze, welche er schon sorgfältig in ihren verschiedensten
Stadien und wechselnder Anordnung studirt hat und bringt
nun alle Formen dieser Pflanze in die Ausarbeitung seines
Schrankes, an dem er alle Felder in musivischer (eingelegter)
Holzarbeit ausführt, und zwar in den natürlichen Farben der
Hölzer. Er bedient sich für diese nur ausgewählter Holz-
arten, mit welchen sein Atelier reich angefüllt ist. Galle
sagte mir selbst, dass er schon an 900 Holz-Arten vorräthig
habe. Mit diesen Holzplättchen verfertigt Galle wahre Ge-
mälde. Die launigen Zufälle in der Zeichnung der Holzmaser
liefern ihm ausgezeichnete, oft unerwartete Einzelheiten, und
Werke wie »Der Tisch mit den Suppenkräutern«, die
Mosaik - Arbeit »Flora Lothringens« zeigen unter anderen
Schöpfungen alle die Hülfsmittel seiner Einbildung und
seines Handwerks in erstaunlichem Wechsel.

Emile Galle führt auch sehr geschickt die Feder, um
die Gedanken zu vertheidigen, welche ihm theuer sind; so
haben wir von ihm kürzlich einen Artikel gelesen, welcher
in der Gazette des Beaux Arts erschienen war, in dem er
betreffs des Champs de Mars mit viel Klarheit, aber auch
mit Reiz die Gesammtanstrengungen unserer französischen
Dekorateure beurtheilte, welche sich da offenbaren. Ausser

diesem hat Emile Galle in verschiedenen Broschüren über
seine Glaskunst sehr nützliche Regeln gegeben und hat selbst
seine Uneigennützigkeit und die Liebe zu seiner Kunst so
weit zurückgedrängt, dass er selbst viele Geheimnisse preisgab.

Einen leidenschaftlichen Eifer zur Arbeit, eine niemals
ermüdende Energie, eine seltene und uneigennützige Ver-
ehrung für die Schönheit, eine harmonische Ausbildung, dies
sind in einigen Worten die karakteristischen Züge des Künstlers
Galle. Das verdient mit Recht gesagt zu werden, weil es
in all den schönen Dingen zum Ausdruck kommt, welche er
bis jetzt geschaffen hat, und welche er noch schaffen wird
— zweifeln wir nicht daran — zur Freude unserer Augen
und unseres Geistes. Henri Frantz—Paris.

ueber Technik, Form unp stil.

Von Oscar A—h. Schmitz.

Saint Victor sagt in seiner Vorrede zu des Grafen Joseph
de Maistre: »les soirees de St. Petersbourg«, »dass jeg-
liche Wahrheit, welche die menschliche Einsicht zu erfassen
fähig ist, von Gott kommt; dass sie ohne ihn keine Wahrheit
kennen würde und dass er den Menschen Zeit und Um-
ständen gemäss alle die Wahrheiten bewilligt hat, welche
ihnen nothwendig waren. Von dieser menschlichen Ohnmacht
und göttlichen Güte leitet sich noch immer die Nothwendigkeit
einer allgemeinen Ueberlieferung ab, von welcher man in
der That mehr oder weniger verwischte Spuren bei allen
Völkern der Welt wiederfindet.«

Diese Worte fanden wir zu sehr gelegener Zeit, da es
uns am Herzen lag, wider diejenigen zu eifern, welche von

Abbildung Nr. 844. Büffet. Entwurf Adolf Beuhne, Hamburg.

des Menschen Gedanken so viel Aufhebens machen, dass sie
selbst den Künstler zu einem Denker herabsetzen möchten
oder doch seine Werke auf ihren Gehalt an sogenannten
»neuen Ideen« prüfen zu müssen glauben.

Nun aber gibt es keine neuen Ideen I
Die älteste Ueberlieferung des menschlichen Logos, welche
 
Annotationen