Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 1.1900-1901

DOI Artikel:
Vom Büchertisch
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6476#0112

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vom bügJertisgI

JOHANNA HIPP, Zeichenlehrerin in
Mülhausen i. E. Der Zeichenunterricht
für Mädchen. Ein Lehrbuch für Volks-
schulen und Familien. 10 Tafeln in Litho-
graphie, 20 Lichtdruck- und 2 Farbentafeln.
Strassburg i. E., Friedrich Bull, 1900
Preis 7 Mk.

Die Verfasserin behandelt in der Ein-
leitung die hervorragende Aufgabe, welche
dem modernen Zeichenunterricht in der
Mädchenschule zufällt. Mit Recht fordert
sie eine besondere Pflege des Schönheits-
sinnes schon von der Volksschule an. Sie
verurteilt das geisttötende Nachahmen der
unkünstlerischen Stick-, Mal- und Brand-
vorlagen und will an seine Stelle selbst-
ständiges, künstlerisches Arbeiten gesetzt
sehen — ein Ziel, das nur durch einen
künstlerischen Zeichenunterricht in der
Volksschule erreicht werden kann.

Die selbst in der Praxis stehende
Verfasserin hat in ihrem Werke eine Reihe
von Verzierungsaufgaben für den ganzen
Verlauf des Zeichenunterrichts in der
siebenklassigen Volksschule zusammen-
gestellt und uns damit den ersten sorg-
fältig ausgearbeiteten modernen Lehrgang,
in einzelne Stufen eingeteilt, vorgelegt.

Von den einfachen geometrischen
Figuren, welche sie bis zur Flächen-
Decoration fortführt, geht sie über zu den
Bla tt- und Blütenformen, die der Schüler
nur an der Hand der Natur erkennen und
zeichnen lernen soll, um auf der einfachen
Grundform aufbauend nach und nach zu
den Einzelheiten und Abweichungen vor-
dringen und selbst die Arbeit des Verein-
fachens, Schematisierens oder Stilisierens
verrichten zu können.

Die Betonung' der Notwendigkeit des

o ö

•Zusammengehens des Zeichnen- und Hand-

arbeitsunterrichtes erscheint als ein be-
sonderes Verdienst der Verfasserin. Wird
doch dadurch, dass die Schülerin die Aus-
führbarkeit ihrer Zeichnung in der Praxis
erkennt, der Zeichenunterricht erst lebendig,
anregend und nutzbringend gestaltet.

Als Lehrbuch hat ausserdem das Werk
von Johanna Hipp bleibenden Wert, weil
es eine grosse Anzahl bekannter Pflanzen
in Wort und Bild und damit die Ent-
wicklung des Formensinns in der Schule
vor Augen führt.

Dankenswert erscheint die Beifügung
einer sachlichen Farbenlehre, die das für
die Schule wissenswerte in kurzer Fassung
präzis behandelt.

Erweckt der Text des schönen Werkes
die Überzeugung, dass die Verfasserin den
schwierigen, wirklich zeitgemässen Stoff
vollständig zu beherrschen vermag, so
tritt sie uns sowohl in den Text-Illustra-
tionen wie in den Tafeln als eine gereifte,
der verschiedensten Techniken mächtige
Künstlerin entgegen, die mit Ernst und
Eifer ihr Ziel, einen wahrhaft modernen
Zeichenunterricht zu schaffen, verfolgt. Es
sei noch besonders betont, dass das Werk
nur Erreichbares für die Schule anstrebt,
aber auch über sie hinaus von Bedeutung
ist, weil es Jedem, der dem Studium der
Natur und damit der neuen Richtung
Sympathie entgegen bringt, fördernde An-
regung und sachliche Belehrung bietet.

Die Ausstattung des Buches ist eine
vorzügliche. — Wie kein zweites Werk
dürfte diese Publikation berufen sein, den
dringend gebotenen Wandel des Zeichen-
unterrichtes an Mädchenschulen herbeizu-
führen, damit die Frau wieder zur be-
rufenen Pflegerin des Schönen im Haus
und Leben werde! K. Leininger.
 
Annotationen